Die Novellierung der AVBFernwärmeV

Im Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung der Energieeffizienz-Richtlinie 2018/2002/EU (EED II) und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2018/2001/EU (RED II) wurden neben der eigenständigen Verordnung über die Verbrauchserfassung und Abrechnung bei der Versorgung mit Fernwärme und Fernkälte (FFVAV) – wir berichteten, Public Sector Newsletter 1/2021 – auf den letzten Metern auch noch wesentliche Änderungen der AVBFernwärmeV beschlossen.

Dabei handelt es sich (noch) nicht um die angekündigte umfassende Novellierung der AVBFernwärmeV. Die FFVAV und nun auch die Änderungen der AVBFernwärmeV wurden vom Bundesrat beschlossen, der in seiner Entschließung zur Novellierung der geänderten AVBFernwärmeV-E auffordert. Mangels Übergangsvorschriften würden nach Zustimmung des Bundeswirtschaftsministeriums die FFVAV und die AVBFernwärmeV-E nach Verkündung im Bundesgesetzblatt umgehend in Kraft treten.

Neue Veröffentlichungspflichten, § 1a AVBFernwärmeV-E

Fernwärmeversorger sind künftig verpflichtet, die aktuelle Fassung der allgemeinen Versorgungsbedingungen einschließlich Preisregelungen, Preisanpassungsklauseln, Preiskomponenten und Verweise auf die Quellen der verwendeten Indizes und Preislisten in leicht zugänglicher und allgemein verständlicher Form im Internet zu veröffentlichen. Die Formeln und Berechnungen sind anhand von Musterberechnungen zu verdeutlichen. Darüber hinaus sind Informationen über Netzverluste als Differenz zwischen der Wärme-Netzeinspeisung und der nutzbaren Wärmeabgabe in gleicher Form zu veröffentlichen. Anhand der Höhe der Netzverluste kann die Effizienz des Wärmenetzes beurteilt werden, da die Netzverluste weitgehend konstant sind. Durch die Veröffentlichungspflicht soll ein Anreiz zur Effizienzsteigerung gesetzt werden.

Die vorgenannten Maßgaben zielen darauf ab, zum einen die Wärmepreise transparenter, verständlicher und nachvollziehbarer zu kommunizieren und zum anderen die nicht mehr zeitgemäße Veröffentlichung in Tageszeitungen oder per Aushang zu modernisieren. Kleinere kommunale Versorger können die Informationen über die Internetseite der Kommune oder auf einer gemeinsamen Internetseite mit anderen Versorgern veröffentlichen.

Leistungsanpassungsrecht des Kunden, § 3 AVBFernwärmeV-E

Weitreichende Folgen für die Wärmeversorger wird das Leistungsanpassungsrecht des Kunden haben. Künftig können Kunden einmal jährlich mit einer Frist von vier Wochen zum Ende eines Kalendermonats die vertraglich vereinbarte Wärmeleistung anpassen. Begehrt der Kunde eine Reduktion der Wärmeleistung um 50 % oder weniger, muss er weder eine Begründung noch einen Nachweis beibringen. Begehrt der Kunde eine Reduktion um mehr als 50 % oder die Kündigung des Vertrages muss er nachweisen, dass die Leistung durch Einsatz von erneuerbaren Energien ersetzt wird.

Im Ergebnis setzt das neue Leistungsanpassungsrecht die Anforderungen der RED II allerdings nicht um. Laut Richtlinie muss ein Kündigungsrecht im Falle der Eigenproduktion von Wärme/Kälte aus erneuerbaren Quellen eingeräumt werden, sofern die betreffenden Kunden von nicht effizienten Wärmenetzen, die auch bis Ende 2025 nicht so zu solchen werden, versorgt werden. Ein Wärmenetz gilt als effizient, wenn es mindestens 50 % erneuerbare Energien, 50 % Abwärme, 75 % KWK-Wärme oder 50 % einer Kombination dieser Energien und dieser Wärme nutzt. Die Umsetzung der Richtlinie durch die AVBFernwämeV-E weitet dieses Kündigungsrecht nun auf alle Wärmenetze – ob effizient oder nicht – aus. Ferner berücksichtigt die Regelung nicht, ob Fernwärmeversorger bereits erneuerbare Energien zur Wärmegewinnung einsetzen. Die Anpassungsrechte des Kunden werden daneben – besonders bei kleinen Nahwärmenetzen – eine große Herausforderung an die Kalkulation der Preise darstellen.

Neue Messanforderungen, § 18 AVBFernwärmeV-E

Hinsichtlich der Anforderungen an die Messung der Wärme verweist § 18 AVBFernwärmeV-E nun auf § 3 FFVAV. Keine Ausnahmeregelungen bestehen dabei künftig für die ausschließliche Deckung des eigenen Bedarfs des Kunden oder bei der Versorgung aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung oder Abwärme. In diesen Fällen ist nun eine Messung erforderlich. Das Ersatzverfahren gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 ff. AVBFernwärmeV soll hingegen weiterhin möglich sein. Dabei basiert die Messung der Altfälle in der Regel auf der Messung der Wassermenge bzw. bei Dampf des Kondensats. Weiterhin möglich sind zudem Mieterdirektverträge, da dem Einsatz von Heizkostenverteilern bei der Lieferung der Wärme an einen Hausanschluss (und bei dortiger Messung) nichts entgegensteht.

Änderung von Preisänderungsregelungen, § 24 AVBFernwärmeV-E

Änderungen sieht die AVBFernwärmeV auch für Preisänderungsregelungen vor. Künftig sollen sie nicht mehr durch öffentliche Bekanntmachung einseitig geändert werden dürfen. Der Beschluss des Bundesrates führte zur Begründung eine unvollständige Darstellung der Rechtsprechung zu diesem Thema an und ließ den Bezug zur Praxis vermissen. Die Neuregelung hat zur Folge, dass Wärmeversorger ihre Preisänderungsklausel nicht mehr auf geänderte Rahmenbedingungen, z. B. die Umstellung der Wärmeerzeugung von Kohle auf Erdgas, anpassen können. Wie Anpassungen im Massengeschäft der Fernwärme umgesetzt werden sollen, geht aus dem Entwurf nicht hervor.

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundeswirtschaftsministerium dem Beschluss des Bundesrates zustimmt. In der bisherigen Fassung würden – wie dargestellt – die Anpassungen der AVB-FernwärmeV weitreichende Änderungen im Wärmesektor nach sich ziehen. Zu kritisieren ist, dass nicht ersichtlich ist, weshalb im Rahmen der Umsetzung der EED II und der RED II auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens entscheidende Änderungen der AVBFernwärmeV beschlossen wurden und dies nicht abgestimmt im Rahmen der anstehenden Novellierung der AVBFernwärmeV geschieht.

Autor

Dr. Hans-Christoph Thomale
Tel: +49 69 967 65 1750

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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