Grunderwerbsteuer: vorübergehender Erhalt der Steuerbefreiungen für Personengesellschaften für 2024 im Vermittlungsausschuss
Steuerbefreiungen für Personengesellschaften
Die Bundesregierung lehnte den Vorschlag zwar wie erwartet ab, stellte aber ein Entgegenkommen in Gestalt eines vorübergehenden Erhalts der Befreiungen für Personengesellschaften in Aussicht. Dieser wurde, zunächst für das Jahr 2024 befristet, am 17. November 2023 vom Bundestag beschlossen. Da sich der Bundesrat mit dieser vorübergehenden Lösung nicht zufriedengibt, verwies er das Wachstumschancengesetz in seiner Sitzung am 24. November 2023 an den Vermittlungsausschuss.
Hintergrund
Die §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG befreien von der Grunderwerbsteuer Grundstücks- und Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Personengesellschaften (Gesamthandsgemeinschaften), soweit die jeweilige Beteiligung am übertragenen Grundvermögen der Beteiligung an der Personengesellschaft (Gesamthand) entspricht. Die Steuerbefreiung hängt dabei in einigen Konstellationen von der Einhaltung einer zehnjährigen Vor- bzw. Nachbehaltensfrist ab.
Nach der Abschaffung des Gesamthandsprinzips zum 1. Januar 2024 stellte sich die Frage, ob die vorgenannten Befreiungstatbestände noch anwendbar bleiben. Der Wortlaut der Vorschriften („Gesamthand“) dürfte die Personengesellschaften bereits nicht mehr erfassen, denn die Verselbstständigung des Gesellschaftsvermögens führt dazu, dass die Personengesellschaften fortan nicht mehr als Gesamthand zu qualifizieren sind.
Fest steht, dass die betroffenen Begünstigungen nicht pünktlich zu Beginn 2024 von Neuregelungen des Grunderwerbsteuer-Novellierungsgesetzes abgelöst werden. Das erstmals im Frühjahr 2023 vorgestellte Reformvorhaben fand keine Zustimmung der Länder und soll nicht zuletzt aufgrund der erfahrenen Kritik und des erheblichen Umfangs der geplanten Änderungen im Jahr 2024 weiterhin geprüft und diskutiert werden.
In Bezug auf die Grunderwerbsteuer führte der Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes ursprünglich eine Regelung ein, wonach allein aufgrund des MoPeG mit Ablauf des 31. Dezember 2023 laufende Nachbehaltensfristen als nicht verletzt gelten. Die Begründung des Gesetzesentwurfs enthielt zudem die Klarstellung, dass die Steuervergünstigungen der §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG mit dem Inkrafttreten des MoPeG ab dem 1. Januar 2024 keinen Anwendungsraum mehr haben, sodass der jeweilige Regelungsinhalt künftig ins Leere laufe.
Während die Bundesregierung an dieser systematischen Bindung zum Zivilrecht festhält, plädiert der Bundesrat für eine pragmatische Lösung, die in einer punktuellen Abweichung vom BGB bestand und eine dauerhaft unveränderte (grunderwerb-) steuerliche Behandlung von Personengesellschaften zum Ziel hat.
Keine Einigkeit zwischen Bundesregierung und Bundesrat
Der Bundesrat schlug erstmals in seinen Ausschlussempfehlungen von 19. September 2023 zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen (Mindestbesteuerungsgesetz) vor, in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO den folgenden Satz aufzunehmen:
„Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung und der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.“
In der Begründung hieß es, die vermögensrechtliche Abschirmwirkung gegenüber den Beteiligten sei weiterhin unvollständig ausgeprägt (Haftung), was grunderwerbsteuerlich die quotale Nichterhebung auch wie bisher rechtfertige. Zudem bestünden weiterhin Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften, zum Beispiel im Bereich der Geschäftsführung und Vertretung.
In der Gegenäußerung der Bundesregierung vom 26. Oktober 2023 war dagegen zu lesen, die dauerhafte Fortführung des bisherigen Status quo begegne in gewichtigen Teilen der Wissenschaft erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken, da im Lichte des Artikels 3 des Grundgesetzes kein durchgreifender Rechtfertigungsgrund für eine unterschiedliche Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften im Bereich der grunderwerbsteuerrechtlichen Steuervergünstigungen ersichtlich sei. Auch bestünden beihilferechtliche Bedenken. Diese steuer-, verfassungs- und beihilferechtlichen Bedenken können zu Unsicherheit in der Wirtschaft führen und bergen auch ein finanzielles Risiko für die Wirtschaft. Gleichwohl werden die Belange der Länder, insbesondere hinsichtlich einer praktikablen Handhabung bei der Besteuerung, gesehen, weshalb weitere Prüfungen im Rahmen des Wachstumschancengesetzes vorgenommen werden sollten. Ein Ansatzpunkt könne auch eine zunächst befristete Fortführung des Status quo darstellen, um für diese Prüfung mehr Zeit zu gewinnen.
In seiner Sitzung am 17. November 2023 wollte der Bundestag die Gelegenheit nutzen, mittels einer für das Jahr 2024 befristeten Fortführung des Status quo einen möglichst reibungslosen Übergang zwischen altem und neuem Zivil- und Steuerrecht zu schaffen. Im Bericht des Finanzausschusses v. 16. November 2023 ist zu lesen, im Hinblick auf die unterschiedliche Beurteilung werde der Status quo im Grunderwerbsteuergesetz mit der Einführung des neuen § 24 GrEStG zunächst für das Jahr 2024 befristet fortgeführt, indem Personengesellschaften weiterhin für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand fingiert werden. Die hierdurch gewonnene Zeit müsse dafür genutzt werden, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern die Prüfung des Anpassungsbedarfs des Grunderwerbsteuergesetzes intensiv fortsetzt. Es soll eine rechtssichere gesetzliche Regelung geschaffen werden, die auch in einer Neugestaltung münden kann. Hierdurch können die Belange der Länder – denen die Verwaltungs- und Ertragskompetenz der Grunderwerbsteuer obliegen – berücksichtigt werden. Gleichzeitig werde Rechtssicherheit für die Wirtschaft und die Finanzverwaltung herbeigeführt.
Möglicherweise wurde in der Debatte über den Umgang mit dem MoPeG im Grunderwerbsteuerrecht das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn der Bundesrat hatte die Abstimmung über das Wachstumschancengesetz kurzfristig auf die Tagesordnung seiner Sitzung am 24. November 2023 gesetzt und verwies das Gesetz nun in den Vermittlungsausschuss. Ein Einigungsergebnis könnte vom Bundestag in seiner letzten Sitzungswoche zwischen dem 11. und 15. Dezember beschlossen und vom Bundesrat in dessen letzter Sitzung am 15. Dezember bestätigt werden.
Bedeutung für die Praxis
Auch der kürzlich vom Bundestag beschlossene vorübergehende Erhalt der Befreiungen für Personengesellschaften im Jahr 2024 ist grundsätzlich den vom BMF genannten steuer-, verfassungs- und beihilferechtlichen Bedenken ausgesetzt mit der Folge, dass die im Jahr 2024 gewährten Befreiungen im schlimmsten Fall von den deutschen Steuerbehörden nachträglich rückgängig gemacht werden müssen.
Wer für 2024 Umstrukturierungen mit Beteiligung von grundbesitzenden Personengesellschaften plant, sollte die unverändert anwendbare Befreiungsvorschrift des § 6a GrEStG (sog. Konzernklausel) oder im Fall von Familiengesellschaften die personenbezogenen Befreiungen des § 3 GrEStG in den Fokus nehmen. Allerdings dürfte jede Art der Nutzung von Befreiungsvorschriften, die nicht auch für Kapitalgesellschaften gelten, wie beschrieben aus EU-beihilferechtlichen Gründen ab 2024 risikobehaftet sein.
Voraussichtlich ab dem Jahr 2025 werden im Rahmen des GrESt-Novellierungsgesetzes neue – rechtsformneutrale – Befreiungstatbestände zur Verfügung stehen, die sowohl die bisherige Konzernklausel, § 6a GrEStG, als auch die §§ 5 und 6 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG ablösen sollen. Dies setzt allerdings die Zustimmung sämtlicher Bundesländer voraus.
Autor*innen
Paulina Oster
Tel: +49 170 372 83 06
Patrick Wolff
Tel: +49 30 208 88 1344
Haben Sie Fragen oder weiteren Informationsbedarf?
Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.