BGH: Das Wohnungsrecht des Insolvenzschuldners am eigenen Grundstück ist pfändbar
BGH: Das Wohnungsrecht des Insolvenzschuldners
Sachverhalt
Der Insolvenzschuldner war Eigentümer eines mit einem Gebäude bebauten Grundstücks. Er bestellte sich am Gebäude ein Wohnungsrecht, wobei die Ausübung dritten Personen nicht überlassen werden konnte. Ferner brachte er das Grundstück in eine GbR ein. Die GbR wurde als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, ebenso erfolgte auch die Eintragung des Wohnrechts.
Kurz danach wurde über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm die GbR im Wege der Insolvenzanfechtung erfolgreich auf Rückgewähr in Anspruch, erklärte die Auflassung des Grundstücks an den Insolvenzschuldner und beantragte die Löschung des Wohnungsrechts. Der Insolvenzschuldner wurde wieder im Grundbuch als Eigentümer des Grundstücks eingetragen und das Wohnungsrecht wurde gelöscht.
Der Insolvenzschuldner legte gegen die Löschung des Wohnungsrechts Beschwerde ein mit dem Ziel, einen Amtswiderspruch einzutragen. Das Kammergericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung wandte sich der Insolvenzschuldner mit der Rechtsbeschwerde.
Inhalt der Entscheidung
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Er entschied, dass der Insolvenzverwalter befugt gewesen sei, die Löschung des Wohnungsrechts zu bewilligen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehe die Verfügungsbefugnis – und damit auch die Bewilligungsbefugnis – hinsichtlich der Insolvenzmasse vom Insolvenzschuldner auf den Insolvenzverwalter über. Die Bewilligungsbefugnis des Insolvenzverwalters sei nur dann nicht gegeben, wenn das Vermögen nicht der Zwangsvollstreckung unterliege. Dies sei hier aber der Fall, da das Wohnungsrecht ausnahmsweise nicht zur Insolvenzmasse gehöre.
Zwar gehöre das Wohnungsrecht grundsätzlich nicht zur Insolvenzmasse, weil es nicht übertragbar und deshalb nicht pfändbar sei. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Überlassung des Wohnungsrechts einem anderen gestattet sei, was vorliegend aber nicht der Fall sei. Nach dem BGH sei das Wohnungsrecht des Insolvenzschuldners aber pfändbar und gehöre zur Insolvenzmasse, da der Insolvenzschuldner das Eigentum an dem Grundstück zurückerlangt habe und das Wohnungsrecht damit zum Eigentümerwohnungsrecht geworden sei. Insofern hatte der BGH bereits 1964 entschieden, dass eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit dann pfändbar sei, wenn der Eigentümer des Grundstücks und der Berechtigte personenidentisch sind (BGH, Urteil vom 11. März 1964 – V ZR 78/62).
Nach dem BGH gehe das gesetzliche Leitbild davon aus, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit an einem fremden Grundstück bestehe, Eigentümer und Berechtigter also personenverschiedenen seien und allein diese Konstellation – also ein Fremdrecht – zum Ausschluss der Pfändbarkeit führe (§§ 1092 Abs. 1, 1093 Abs. 1 BGB). Für die beschränkte persönliche Dienstbarkeit und insbesondere das Wohnungsrecht an eigenen Grundstücken sei § 1092 Abs. 1 BGB deshalb teleologisch einzuschränken. Der Berechtigte, welcher zugleich Eigentümer ist, müsse sich so behandeln lassen, als habe er es gemäß § 1092 Abs. 1 Satz gestattet, die Ausübung einem anderen zu überlassen.
Folglich falle auf Grund der Pfändbarkeit das Eigentümerwohnungsrecht bei Insolvenz des wohnungsberechtigten Grundstückseigentümers in die Insolvenzmasse und sei vom den Insolvenzverwalter zu verwerten. Der Insolvenzverwalter sei befugt, im Rahmen der Verwertung die Löschung des Wohnungsrechts zu bewilligen, etwa um das Grundstück lastenfrei veräußern zu können.
Fazit und Ausblick
Die Entscheidung des BGH ist insoweit nachvollziehbar, als er Grundstückseigentümer in dieser Konstellation als nicht schutzwürdig ansieht. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass Grundstückseigentümer in ihrer gleichzeitigen Position als Berechtigte eines dinglichen Nutzungsrechts die Verwertbarkeit und Nutzung des Grundstücks im Rahmen der Insolvenz planbar vereiteln könnten.
Autor
Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1412
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