BVerfG – Gastronomiebeschränkungen durch „Bundesnotbremse“ rechtmäßig

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 23. März 2022 (Az. 1 BvR 1295/21) klargestellt, dass die Gastronomie- Schließungen im Rahmen der sog. „Bundesnotbremse“ im Frühling 2021 rechtmäßig waren. Bereits im November 2021 hatte das Gericht die Bundesnotbremse in Bezug auf Kontaktund Ausgangsbeschränkungen sowie Schulschließungen gebilligt.

Hintergrund des Beschlusses

Die Betreiberin einer Berliner Gaststätte hatte Verfassungsbeschwerde eingelegt, da sie in den Schließungen ihres Gastronomiebetriebes einen ungerechtfertigten Eingriff in ihre Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sah. Die Schließungen beruhten auf § 28b IfSG a. F., der im Rahmen des Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in das Infektionsschutzgesetz eingefügt wurde. Dieser führte zu gesetzesunmittelbaren Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens bei Überschreitung eines Wertes von 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner an drei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt (sog. Bundesnotbremse). In Berlin galt die Bundesnotbremse vom 24. April bis 18. Mai 2021. Während dieser Zeit war die Öffnung von Gastronomiebetrieben untersagt; erlaubt blieben lediglich Auslieferungen und der Außer-Haus-Verkauf von Speisen und Getränken.

Eingriff in Berufsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt

Die Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos, denn sie wurde vom Bundesverfassungsgericht gar nicht erst zur Entscheidung angenommen. Da während der Geltungsdauer der Bundesnotbremse die berufliche Tätigkeit als Gastronom im Wesentlichen nicht möglich war und die Regelung keine Ausnahmetatbestände für Gaststätten vorsah, bestand zwar ein erheblicher Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin. Allerdings sei dieser Eingriff zum Schutze der bedeutsamen Rechtsgüter Leben und Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen.

Die Gastronomie-Schließungen verfolgten den legitimen Zweck des Schutzes von den grundgesetzlich geschützten Gütern Gesundheit und Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG). Die Schließungen seien dafür auch geeignet gewesen, da Gäste in Restaurants unweigerlich auf Personal und weitere Gäste treffen würden. Insofern sei die Schließung von Gaststätten eine spezifische Form der Kontaktbeschränkung. Mildere, genauso effektive Mittel hätte es nicht gegeben, weil gerade die anerkannte, wirksame Maßnahme des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes in Gaststätten nicht durchgängig erfolgen könne. Zudem würde das Gewicht des Eingriffs in die Berufsfreiheit der Gastronomen dadurch gemindert, dass die Bundesnotbremse befristet und in dieser Zeit ein Außer-Haus-Verkauf möglich gewesen sei. Schließlich habe es staatliche Hilfsprogramme, insb. die sog. Überbrückungshilfe III gegeben, welche die Gastronomen finanziell unterstützt hätten.

Fazit und Ausblick

Die Entscheidung ist nicht überraschend. Vielmehr knüpft das Bundesverfassungsgericht an seinen Beschluss vom 19. November 2021 (Az. 1 BvR 781/21 u. a.) an, wo es die Bundesnotbremse in Bezug auf Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen für verfassungsgemäß befunden hatte.

Inwiefern erneute Gastronomie-Schließungen im Fall von steigenden Corona-Inzidenzen in den kommenden Monaten rechtmäßig wären, bleibt abzuwarten. Dies dürfte von der weiteren konkreten Entwicklung des Pandemiegeschehens abhängen. Inzwischen hat sich die Ausgangslage für den Umgang mit der Coronapandemie im Vergleich zu den beiden Vorjahren allerdings geändert. Denn es besteht tendenziell ein hoher Immunisierungsgrad der Bevölkerung und jedenfalls derzeit kommt es bei den aktuellen Virusvarianten zu einer verringerten Krankheitsschwere. Unter diesen Umständen ist es fragwürdig, ob flächendeckende Gastronomie-Schließungen zum Schutz von Leben und Gesundheit sowie zur Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems gleichermaßen angemessen wären. In der Stellungnahme des Expertenrats der Bundesregierung zu der „Pandemievorbereitung auf Herbst/Winter 2022/23“, die Anfang Juni 2022 veröffentlicht wurde, sind Schließungen von Schulen, Handel oder Gastronomie jedenfalls nicht mehr vorgesehen.

Autor

Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1422

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 3-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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