Gesetzgeber vor Verabschiedung des umstrittenen Heizgesetzes
Vor Verabschiedung des umstrittenen Heizgesetzes
Neben der „Unfertigkeit“ des Entwurfs wurden insbesondere die mit dem Heizungsaustausch verbundenen hohen Kosten, der strenge Zeitplan und die vermeintliche Festlegung auf die Wärmepumpe als einzige Heizungsform kritisiert. Einige sahen die grundgesetzliche Eigentumsgarantie als verletzt an.
Das geplante Heizgesetz wurde schließlich am 15. Juni 2023 im Bundestag in erster Lesung beraten. Die Koalition strebte ursprünglich an, das Gesetz noch kurzfristig am 7. Juli 2023 – und damit vor der Sommerpause – in zweiter und dritter Lesung zu verabschieden. Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) äußerte dann auch, dass das debattierte Reformgesetz „für die Tonne“ und das Verfahren „verkorkst“ sei. Die Regierung solle den Entwurf zurückziehen und in ein ordentliches Verfahren eintreten.
Der erneut abgeänderte Regierungsentwurf des Heizgesetzes vom 30. Juni 2023 wird nun voraussichtlich (erst) im September beschlossen werden. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann war mit seinem Eilantrag gegen die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens beim Bundesverfassungsgericht erfolgreich. Das Gericht machte Zweifel geltend, dass die Rechte der Abgeordneten ausreichend in den Beratungen zum GEG gewahrt wurden. Es hat dem Bundestag daher aufgegeben, die zweite und dritte Lesung nach der Sommerpause durchzuführen.
Regelungsinhalte des geänderten Regierungsentwurfs
Nachfolgend stellen wir Ihnen eine kurze Auswahl der wichtigsten Regelungsinhalte aus dem mehr als 100 Seiten umfassenden geänderten Regierungsentwurf vom 30. Juni 2023 vor:
- Im Kern sieht der Entwurf vor, dass ab dem 1. Januar 2024 nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Ist die Heizung irreparabel defekt (Havarie), greifen umfangreiche Übergangsfristen zum Austausch. Funktionierende Heizungen sollen ohne Einschränkungen weiter genutzt und repariert werden können. Das Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31. Dezember 2044.
- An den bisherigen maximalen Betriebszeiten von Öl- und Gasheizungen im GEG soll sich nichts ändern. Mehr als 30 Jahre alte Öl- und Gasheizungen müssen in aller Regel ausgetauscht werden.
- Die Erreichung der 65 %-Vorgabe soll durch eine Vielzahl an Heizungsformen (sogenannte „Technologieoffenheit“) erreicht werden. Dies z. B. mittels Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Hybridheizungen oder einer auf Biomasse (Holz und Pellets) basierenden Heizung.
- Im Unterschied zu vorherigen Regierungsentwürfen gibt es eine wesentliche Einschränkung: Die neuen Regelungen des GEG sollen zunächst nur für Neubauten gelten. In Bestandsgebäuden soll Ausgangspunkt eine kommunale Wärmeplanung sein. Bevor diese nicht vorliegt, werden die neuen Regelungen des GEG in der jeweiligen Kommune nicht „scharf“ gestellt.
- Die kommunale Wärmeplanung soll in Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern ab Mitte 2026 und für die restlichen Kommunen ab Mitte 2028 vorliegen müssen. Das Bundeskabinett hat dazu am 17. August 2023 einem Gesetzentwurf zugestimmt, der für alle rund 11.000 Kommunen das Vorliegen einer verbindliche Wärmeplanung vorsieht.
- Gasheizungen, die zu 100 % auf Wasserstoff umrüstbar sind, können auch nach dem 1. Januar 2024 und bis zur Vorlage einer Wärmeplanung eingebaut werden. Wenn die kommunale Wärmeplanung kein Wasserstoffnetz vorsieht, müssen über die Jahre schrittweise klimaneutrale Gase beigemischt werden. Wer ab dem 1. Januar 2024 eine neue Gasheizung einbauen will, bekommt vorher eine verpflichtende Beratung. Dies vor dem Hintergrund, dass fossile Brennstoffe mit dem (jährlich) steigenden CO2-Preis deutlich teurer werden.
- Wenn eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel ist, soll es zum Austausch Übergangsfristen von fünf Jahren geben. In dieser Zeit können Heizungsanlagen eingebaut und betrieben werden, die nicht die Anforderungen von 65 % erneuerbaren Energien erfüllen. Nach Ablauf der Übergangsfrist soll der Bürger dann möglichst auf Grundlage der kommunalen Wärmeplanung entscheiden, welche klimafreundliche Heizung er einbaut.
- Der Staat plant, den Kauf einer klimafreundlicheren Heizung mit bis zu 70 % der Kosten zu fördern. Einkommensunabhängig soll es für alle Haushalte einen einheitlichen Fördersatz von 30 % geben. Für Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen von unter 40.000,00 € ist eine Förderung von weiteren 30 % vorgesehen. Zudem ist ein „Tempo-Bonus“ von 20 % bis zum Jahr 2028 vorgesehen, der ab 2028 schrittweise alle zwei Jahre um drei Prozentpunkte sinkt. Die beiden letzten Fördermöglichkeiten sind selbstnutzenden Eigentümern vorbehalten, wobei der „Tempo-Bonus“ auch nicht für Gasheizungen unter 20 Jahren gilt.
- Damit Vermieter vermehrt in klimafreundliche Heizungen investieren, ist eine weitere Modernisierungsumlage zur Weitergabe der Kosten an die Mieter geplant. Nimmt der Vermieter staatliche Förderungen in Anspruch, kann die Modernisierungsumlage von acht auf 10 % erhöht werden.
- Mieter sollen umgekehrt vor zu starken Mieterhöhungen geschützt werden. Die maximale Mieterhöhung pro Quadratmeter und Monat soll – für die Dauer von sechs Jahren – immer bei 50 Cent gekappt werden. Sofern die Miete durch die Modernisierung auf mehr als 30 % des Haushaltseinkommens steigt, soll nur noch eine beschränkte Umlagefähigkeit gelten. Bei Indexmieten sollen Mieterhöhungen wegen Heizungsaustausch ausgeschlossen sein.
Fazit und Ausblick
Insgesamt stellt die deutsche Energiewende im Gebäudesektor zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2045 eine logistische und finanzielle Mammutaufgabe dar. Dies auch vor dem Hintergrund, dass auf Gebäudeeigentümer*innen voraussichtlich auch umfangreiche und kostenintensive EU-Sanierungspflichten zukommen werden. Die im Heizgesetz vorgesehenen Fördermöglichkeiten, der rasant steigende CO2-Preis sowie Aspekte des klimafreundlichen Investierens dürften einen entsprechenden Anreiz zur (frühzeitigen) Anschaffung einer klimafreundlichen Heizung bieten. Vermietende Eigentümer*innen müssen dabei einkalkulieren, dass in bestimmten Fällen Modernisierungskosten nicht auf Mieter*innen umgelegt werden können.
Im Zuge der kommunalen Wärmplanung dürfte in urban geprägten Gebieten zum Gelingen der Energiewende die Herstellung und Lieferung von Fernwärme aus erneuerbaren Energien sowie der Anschluss von weiteren Häusern an die Fernwärmenetze eine gewichtige Rolle spielen. Ob Versorger bzw. Gemeinden Wasserstoffnetze und Fernwärmenetze im ländlichen Raum ausbauen werden, darf hingegen bezweifelt werden. Expert*innen sehen hier vor allem, dass sich der Fernwärmeausbau auf dem Land nicht lohnen bzw. dass Wasserstoff nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen könnte. Würde dies so zutreffen, könnte die „Technologieoffenheit“ des Heizgesetzes teilweise ins Leere laufen.
Autor
Christoph von Loeper
Tel: +49 30 208 88 1412
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