EuGH und BFH – Umsatzsteuerliche Behandlung der Vermietung von Betriebsvorrichtungen
EuGH & BFH – Vermietung von Betriebsvorrichtungen
Der BFH hat mit Urteil vom 17. August 2023 (V R 7/23 [V R 22/20]) die Revision in der Hauptsache – entsprechend den Grundsätzen des EuGH – als unbegründet zurückgewiesen.
Zwar ist die Entscheidung in einem sehr speziellen Sachverhalt ergangen („Putenaufzucht“). Das Urteil kann aber wesentliche Bedeutung für Immobilienunternehmen und Auswirkung auf die Gestaltung von Verträgen haben. Wenn Mietverträge über Räumlichkeiten sowie andere Bestandteile (Betriebsvorrichtungen) abgeschlossen werden und die Betriebsvorrichtungen als bloße Nebenleistung betrachtet werden können, kommt hiernach eine gesamt umsatzsteuerfreie Vermietung in Betracht.
Sachverhalt
Der Kläger vermietete im Rahmen eines Pachtvertrags Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Die mitvermieteten Betriebsvorrichtungen und Maschinen (Fütterungsvorrichtungen sowie ein Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungssystem) waren speziell auf die Nutzung des Gebäudes als Putenaufzuchtstall abgestimmt. Nach den Bestimmungen des Pachtvertrags erhielt der Kläger für die Überlassung des Stalls und der Vorrichtungen und Maschinen ein einheitliches Entgelt. Der Kläger behandelte daher die Pachteinnahmen insgesamt als umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG.
Das Finanzamt teilte den Pachtzins hingegen auf: Die Vermietung des Zuchtstalls war nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit. Die Vermietung der Betriebsvorrichtungen stellte nach Finanzverwaltungsauffassung hingegen – aufgrund des Aufteilungsgebotes in § 4 Nr. 12 S. 2 UStG – eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar, obgleich die Vorrichtungen und Maschinen wesentliche Bestandteile des vermieteten Grundstücks waren.
Nach erfolgreicher erstinstanzlicher Klage legte der BFH – im Rahmen des Revisionsverfahrens – dem EuGH die Fragen zur Vorabentscheidung vor, ob die Steuerpflicht der Vermietung von dauerhaft eingebauten Betriebsvorrichtungen nur deren isolierte Vermietung erfasse oder auch deren Vermietung als Nebenleistung zu einer steuerfreien Gebäudevermietung bzw. -verpachtung.
Entscheidung des EuGH
Nach der Entscheidung des EuGH findet Art. 135 Abs. 2 S. 1 Buchst. c MwStSystRL auf die Vermietung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen (Betriebsvorrichtungen) keine Anwendung, wenn diese Vermietung lediglich eine Nebenleistung zur Hauptleistung (die steuerfreie Vermietung des Gebäudes) darstellt und beide Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.
Bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, sei im Wege einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob getrennte Leistungen vorliegen oder ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt. Eine einheitliche Leistung liege – so der EuGH – vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei ist eine Leistung als bloße Nebenleistung einzuordnen, wenn sie für den Kunden keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. In einem solchen Fall einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung teile die Nebenleistung das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung.
Mit Verweis auf die bisherige Rechtsprechung liege es vorliegend nahe, von einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang auszugehen. Ob im Streitfall ein solches Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung vorliegt, müsse aber das jeweilige nationale Gericht entscheiden.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat – unter Zugrundelegung der EuGH-Rechtsprechung – nunmehr mit Urteil vom 17. August 2023 die erste Instanz bestätigt, dass im Streitfall die Überlassung der Betriebsvorrichtungen eine Nebenleistung zur Grundstücksvermietung darstellt. Bei den Vorrichtungen und Maschinen im Streitfall handelte es sich – wie der BFH ausführt – um speziell abgestimmte Ausstattungselemente, die nur dazu dienten, die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Vorrangig gewährleiste aber das Gebäude den Schutz und die Wärme der Puten zur Mast, sodass die Gebäudeverpachtung als Haupt- und die Überlassung der Betriebsvorrichtungen als Nebenleistung einzuordnen ist.
Auswirkungen
Die Entscheidungen des EuGH und des BFH sind zu begrüßen, da es insoweit Klarheit für die Frage der umsatzsteuerlichen Würdigung bei einer einheitlichen Vermietungsleistung von Grundstück und Betriebsvorrichtung bringt.
Die Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 4.12.10 S. 1 UStAE, die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen sei selbst dann als steuerpflichtig anzusehen, wenn diese wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind, wird nach den Entscheidungen des EuGH und BFH jedenfalls nicht mehr haltbar sein.
In Parallelfällen (z. B. Lastenaufzug, Fettabscheider) wird – wie von uns bereits in der Vergangenheit vertreten – im Einzelfall zu prüfen sein, ob die Überlassung von Betriebsvorrichtungen eine bloße Nebenleistung zur steuerfreien Vermietungsleistung im Sinne einer Hauptleistung darstellt. Die Annahme einer einheitlichen steuerfreien Leistung hätte zur Folge, dass die Vermietung insgesamt auch umsatzsteuerfrei ausgestaltet werden kann oder sogar muss. Der bisher mögliche Vorsteuerabzug hinsichtlich der steuerpflichtigen Überlassung der Betriebsvorrichtungen entfiele. Ist dies nicht erwünscht, wäre ein Verzicht nach § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerbefreiung für die gesamte Vermietungsleistung erforderlich.
Autorin
Dr. Kristina Frankus
Tel: +49 221 28 20 2503
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 2-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.