Gesetzesvorhaben zur Aufteilung von CO2-Kosten zwischen Mieter und Vermieter unter dem Titel „Fairness bei den CO2-Kosten“

Hintergrund

In einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 2. April 2022 hat sich die Bundesregierung auf ein Stufenmodell zur fairen Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern verständigt. Die im Grundsatz bereits seit Längerem geplante Neuregelung scheiterte Ende Juni 2021 unter der Vorgängerregierung mit dem Argument, dass das Verursacherprinzip außer Kraft gesetzt würde, wonach derjenige die Kosten der jeweiligen Energieversorgung zu tragen habe, der die Energie auch tatsächlich verbrauche. In der Ampelkoalition soll es nun klappen: Mit dem nunmehr seit Mitte Mai vorliegenden Referentenentwurf „eines Gesetzes zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten“ (CO2Kost- AufG) wird das Stufenmodell gesetzlich fixiert.

Bislang ist der seit Inkrafttreten des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) Anfang 2021 gesetzlich normierte CO2-Preis pro Tonne CO2, der aktuell bei 30 € liegt und jährlich bis 2025 auf einen Betrag von 55 € pro Tonne CO2 steigt, noch in voller Höhe von dem jeweiligen Verursacher zu tragen und mithin vollumfänglich auf die Mieter umlegbar.

Trotz genannter Bedenken soll sich dies ab dem 1. Januar 2023 mit dem CO2KostAufG ändern. Dann hat die Aufteilung des CO2-Preises nach dem Willen der Bundesregierung im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter in Abhängigkeit vom energetischen Zustand des Gebäudes und dem Energieverbrauch zu erfolgen. Die Neuregelung soll einerseits einen Anreiz für Mieter schaffen, weniger CO2-Emissionen zu erzeugen, und anderseits Vermieter dazu drängen, energetische Sanierungen des jeweiligen Ge bäudes durchzuführen.

Der CO2-Preis entfällt grundsätzlich auf alle fossilen Brennstoffe die zur Wärmeversorgung (Heiz- und Warmwasserkosten) bezogen werden und dabei CO2-Emissionen erzeugen. Zu den fossilen Brennstoffen zählen etwa Öl, Erdgas, Kohle, Holz (u. a. auch Briketts, Pellets). Dabei ist zu beachten, dass auch innerhalb der Gruppe der fossilen Brennstoffe unterschiedliche Parameter für die Berechnung der CO2-Emissionen gelten und Brennstoff nicht gleich Brennstoff ist, sondern Heizöl etwa einen anderen Wert hat als Steinkohle oder Erdgas.

Inhalt der Neuregelung bei Wohngebäuden/ gemischter Nutzung

Ab dem 1. Januar 2023 soll der CO2-Preis bei Wohngebäuden nach Maßgabe der jeweiligen Energiebilanz des betreffenden Gebäudes und dem tatsächlichen Energieverbrauch bzw. der erzeugten CO2-Emissionen aufgeteilt werden. Dabei wird die prozentuale Kostenverteilung zwischen Vermieter und Mieter auf Grundlage des jährlichen Ausstoßes von CO2-Emissionen pro Quadratmeter des Gebäudes berechnet. Das Stufenmodell soll zehn Stufen umfassen. Dabei soll die Einteilung nach dem Grundsatz erfolgen: je schlechter die Energiebilanz des Gebäudes, desto höher ist der auf den Vermieter entfallende prozentuale Anteil am CO2-Preis und umso niedriger entsprechend der auf den Mieter entfallende prozentuale Anteil.

Die jeweilige Stufe zur Klassifizierung der Energiebilanz des Gebäudes und damit einhergehend der Kostenverteilung soll nach Maßgabe der in der folgenden Abbildung genannten Grenzwerte zu ermitteln sein.

Grafik 01 Newsletter Immobilienrecht 2-2022

Die Kostenverteilung sieht dabei im Falle einer Klassifizierung des Gebäudes auf erster bzw. bester Energiebilanz-Stufe (was der Energiebilanz eines Standard-Effizienzhauses [EH55] entspricht) einen Anteil des Mieters von 100 % vor, während auf der letzten bzw. schlechtesten Energiebilanz-Stufe ein Anteil des Mieters von 10 % und des Vermieters von 90 % geplant ist.

Allerdings könnte das Stufenmodell eine nicht allzu lange Anwendungsdauer haben. Es ist geplant, eine Evaluierungsklausel in die Neuregelung aufzunehmen zum Zwecke der Prüfung, ob langfristig eine Umstellung auf ein anderes Modell möglich ist. Angedacht ist etwa, als Bewertungsgrundlage einen noch zu reformierenden Energieausweis heranzuziehen.

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich des CO2KostAufG umfasst sowohl Wohngebäude als auch Nichtwohngebäude. Im Einzelnen:

  • Vom Anwendungsbereich umfasst sind Gebäude, in denen Brennstoffe in Anlagen zur Wärmeerzeugung genutzt werden. Aber auch die Wärme, die außerhalb des Gebäudes erzeugt wird und (gewerblich) an den Vermieter geliefert wird, fällt in den Anwendungsbereich. Bislang nicht geregelt ist hingegen der Fall, dass der Vermieter eine eigene Wärmeerzeugungsanlage außerhalb des Gebäudes (z. B. in einem separaten Heizhaus) betreibt und die Wärme in das Gebäude liefert. Ob diese Regelungslücke so gewollt ist, erscheint fraglich.
  • Weiterhin soll das CO2KostAufG nur dann anwendbar sein, wenn die Wärme ausschließlich aus Wärmeerzeugungsanlagen gespeist wird, die nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen. Nach dieser Regelung soll das CO2KostAufG insbesondere nicht anwendbar sein in Fällen, in denen der Vermieter an ein Wärmenetz angeschlossen ist, das Wärme teilweise aus Anlagen speist, die dem Treibhausgas- Emissionshandelsgesetz (TEHG) unterliegen.

Inhalt der Neuregelung bei Wohngebäuden

Das Stufenmodell soll für alle Wohngebäude gelten:

  • Ermittlung der Kostenverteilung/Einordung nach Stufenmodell: Die Einzelheiten hinsichtlich der praktischen und technischen Durchführung der Kostenaufteilung stehen noch nicht fest. Die zur Einordnung erforderlichen Angaben hinsichtlich des CO2-Verbrauchs betreffend die gelieferte Brennstoffmenge sollen bereits in der jeweiligen Brennstoffrechnung bzw. Heizkostenabrechnung aufgeführt sein und dem Vermieter eine entsprechende Aufteilung über die Nebenkosten ermöglichen.
  • In den Fällen, in denen sich ein Mieter selbst mit Wärme versorgt, ist der Mieter für die Anwendung des Stufenmodells selbst zuständig. Bezieht der Mieter z. B. Gas für eine Gasetagenheizung direkt vom Gaslieferanten, so legt der Mieter den spezifischen Kohlendioxidausstoß der Wohnung an das Stufenmodell an und ermittelt auf diese Weise das maßgebliche Aufteilungsverhältnis.

Inhalt der Neuregelung bei Nichtwohngebäuden

Im Hinblick auf Nichtwohngebäude soll gelten:

  • Zwischen Vermietern und Mietern soll zunächst eine hälftige Aufteilung erfolgen. Eine Umlage von mehr als 50 % auf den Mieter wird gesetzlich ausgeschlossen. In der Entwurfsbegründung heißt es hierzu, dass auch bei einer hälftigen Aufteilung der Kohlendioxidkosten der Anreiz erhalten bliebe, den Kohlendioxidausstoß zu verringern. Insbesondere würde der Vermieter nach einer Sanierung weniger Brennstoff benötigen, um eine bestimmte Wärmemenge zu erzeugen, sodass für ihn nach einer Sanierung geringe Kohlendioxidkosten anfielen.
  • Schließlich ist geplant, ein Stufenmodell für Nichtwohngebäude zu entwickeln. In diesem Zusammenhang ist laut der Gesetzesinitiative erst in den nächsten zwei bis drei Jahren von einer ausreichenden Datengrundlage für die Entwicklung eines die Besonderheiten von Nichtwohngebäuden (u. a. verschiedene Nutzungsarten) hinreichend berücksichtigenden Stufenmodells auszugehen.

Ausnahmeregelungen

Ausnahmeregelungen sind vorgesehen für Fälle, in denen der Vermieter aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorgaben daran gehindert ist, das Gebäude zu sanieren und damit den Kohlendioxidausstoß und die Einstufung zu verbessern. Das gilt beispielsweise für denkmalgeschützte Gebäude. Für diese Fälle ist eine Kürzung des Vermieteranteils an den Kohlendioxidkosten um die Hälfte vorgesehen.

Daneben wird ein entsprechendes Kürzungsrecht für Vermieter geregelt, die durch einen Anschlussund Benutzungszwang verpflichtet sind, sich an das Fernwärmenetz anzuschließen. Dies wird damit begründet, dass der Vermieter hier bei einem Anschluss- und Benutzungszwang keine Möglichkeit habe, die Heiztechnologie und damit den eingesetzten Brennstoff zu beeinflussen.

Preiskappung beim Einsatz klimaneutraler Brennstoffe

Über die Verteilung der CO2-Kosten hinaus enthält der Referentenentwurf überraschend auch eine Regelung zu Preiskappungen für den Fall, dass der Vermieter anstelle von Erdgas andere gasförmige Brennstoffe einsetzt. Mieter tragen im Falle einer Brennstoffumstellung die Kosten des neuen Brennstoffes nur bis zu der Höhe des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs. Setzt der Vermieter Biogas ein, so ist der jährliche Durchschnittspreis des ersetzten fossilen Brennstoffs zugrunde zu legen.

Zwar kann sich der Vermieter durch die Umstellung auf einen grünen Brennstoff von einer Belastung durch Kohlendioxidkosten befreien. Weil nach dieser Regelung jedoch eine Umstellung auf grüne Technologien, die mit erheblichen Kosten für den Vermieter verbunden ist, nicht umlagefähig ist, setzt diese Regelung kaum Anreize für die klimapolitisch gewollte Umstellung. Es ist sogar zu befürchten, dass notwendige Investitionen für die Umrüstung fossiler auf effiziente und erneuerbare Wärmeversorgungen hierdurch ganz verhindert werden.

Kostenbeispiel Wohngebäude

Im Falle einer 100-m²-Wohnung und eines durchschnittlichen Verbrauchs von 14.500 kWh Erdgas belaufen sich die Kosten der CO2-Abgabe bei einer Bepreisung von 35,00 € pro Tonne CO2 voraussichtlich auf insgesamt 111,65 € pro Jahr. Der Wert von 14.500 kWh entspricht einem CO2-Ausstoß von 3.190 kg, was zu einer Einordnung im Rahmen des Stufenmodels mit einer Kostenverteilung von 60 % für den Mieter (66,99 €) und von 40 % für den Vermieter (44,66 €) führen würde. Bei einer zukünftigen Bepreisung von 55,00 € pro Tonne CO2 ab dem Jahr 2025 betragen die Gesamtkosten in diesem Beispiel 175,45 €, das heißt 105,27 € für den Mieter und 70,18 € für den Vermieter.

Fazit und Ausblick

Das weitere Gesetzgebungsverfahren zum CO2KostAufG, die praktischen Auswirkungen der Neuregelungen sowie die gewünschte klimapolitische Lenkungswirkung sind vorerst abzuwarten.

Auf die Vermieter kommt zunächst in jedem Fall ein weiterer Aufwand zu. Die Festlegung, in welche Stufe ein Gebäude fällt, soll von der Heizkostenabrechnung bzw. den spezifischen CO2-Emissionen des vermieteten Gebäudes abhängen. Hierbei wäre allerdings der Warmwasserverbrauch herauszurechnen, da die Effizienz der Warmwassererzeugung unabhängig vom Gebäudezustand ist. Für eine sachgerechte Beurteilung des energetischen Zustandes eines Gebäudes müssten zudem die Energieverbräuche mittels Gradtagszahlen witterungsbereinigt werden, da der Heizenergieverbrauch jährlich durch unterschiedliche klimatische Bedingungen beeinflusst wird. Dies ist nicht trivial und mit einem gewissen Umsetzungsaufwand verbunden.

Brisant könnte ferner die Frage werden, welche Auswirkung die Neuregelung auf die in Ballungszentren herrschende Wohnungsknappheit hat. Die Energiebilanz eines Gebäudes und damit die Kostenverteilung hängt auch von dem Heizverhalten bzw. Energieverbrauch der Mieter ab. Erfahrungsgemäß verbrauchen Einzelpersonen weniger Energie als Familien, sodass unter rein wirtschaftlicher Betrachtung aus Perspektive der Vermieter prinzipiell Einzelpersonen der Vortritt bei der Wohnungsvergabe zu gewähren sein könnte. Daneben könnte die Aufteilung der CO2-Kosten zu Verwerfungen führen, wenn allein aufgrund verschwenderisch mit Energie umgehender Haushalte ein bewohntes Gebäude so auf einer Stufe eingeordnet werden könnte, die eine höhere Kostenbeteiligung des Vermieters vorgibt.

Die sicherste, aber zugleich kostspieligste Lösung, um einer vermieterseitigen Erhöhung der Mietnebenkosten entgegenzuwirken, dürfte die Durchführung energetischer Modernisierungsmaßnahmen sein. Dabei werden sich Vermieter sicherlich überlegen müssen, inwiefern sich eine Sanierung eines Gebäudes zum sehr effizienten Standard (EH55) hin, die schnell im sechsstelligen Bereich liegen kann, gegenüber den künftig anfallenden CO2-Kosten rentiert. Ob vor diesem Hintergrund im Einzelfall ein ausreichender Anreiz bzw. die vom Gesetzgeber beabsichtigte Lenkungswirkung besteht, ein Gebäude zu sanieren, dürfte fraglich sein.

Ungeachtet dessen dürfte angesichts diverser in diese Richtung abzielender Gesetzesvorgaben und -vorhaben für Vermieter früher oder später vermutlich kein Weg an einer derartigen Sanierung vorbeiführen. In diesem Zusammenhang ist es jedem betroffenen Vermieter zu empfehlen, sich frühzeitig bezüglich finanzieller Förderangebote zu informieren. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz stellt etwa für private Vermieter einen Sanierungskonfigurator zur ersten einschätzenden Ermittlung möglicher Fördermittel unter dem folgenden Link bereit: www.sanierungskonfigurator.de

Im Falle einer Durchführung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen dürfen Vermieter nach aktueller Gesetzeslage eine Mieterhöhung von bis zu 8 % der jährlichen Miete verlangen, um die dafür aufgewendeten Investitionen zumindest geringfügig zu amortisieren.

Festzuhalten ist bereits jetzt, dass insbesondere beim Neuabschluss von gewerblichen Mietverträgen bzw. Mietverträgen bei Nichtwohngebäuden ein besonderes Augenmerk auf diese Thematik zu richten ist. Auch wenn bislang nicht abschließend feststeht, inwieweit und inwiefern eine entsprechende Regelung in Bezug auf die CO2-Abgabe tatsächlich zur freien Verhandlung der Vertragsparteien stehen wird, sollte ggfs. an eine vorbeugende vertragliche Regelung gedacht werden.

Wenn das Gesetz allerdings am 1. Januar 2023 in Kraft treten soll, ist fraglich, ob den Vermietern damit genügend Zeit gegeben wird, zu reagieren, um entsprechende Maßnahmen zu ergreifen bzw. die Gebäude energetisch zu sanieren. Hierfür wäre eine längere Planungsund Vorbereitungszeit erforderlich.

Autoren

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 2-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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