BFH - Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofes zur Betriebsaufspaltung: Auswirkungen auf die erweiterte Gewerbesteuerkürzung
BFH - Rechtsprechungsänderung
Anders als bisher soll eine personelle Verflechtung auch dann vorliegen, wenn ein Gesellschafter lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft an der Besitz-Personengesellschaft (und Betriebsgesellschaft) beteiligt ist.
Hintergrund
Im Streitfall begehrte die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Die Klägerin vermietete eine Immobilie an die M-KG, an der die H-GmbH als 100%ige Kommanditistin und die V-GmbH als nicht am Vermögen beteiligte Komplementärin beteiligt waren. Die Kommanditisten der Kläger-KG waren z. T. gleichzeitig Gesellschafter der H-GmbH, wobei ihre Beteiligungen an der H-GmbH als deren Sonderbetriebsvermögen II bei der Klägerin behandelt wurde. Darüber hinaus warten die Kommanditisten der Klägerin auch Gesellschafter der nicht am Vermögen beteiligten Komplementär-GmbH.
Die von der Klägerin beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG lehnte die Finanzverwaltung ab. Die hiergegen gerichtete Klage beim FG Hessen (Az. 8 K 2233/15) hatte zunächst Erfolg. Der IV. Senat des BFH hielt nunmehr die Revision der Finanzverwaltung – unter Änderung seiner Rechtsprechung zur personellen Verflechtung i. R. v. Betriebsaufspaltungen – für begründet und hob das erstinstanzliche Urteil auf.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der IV. Senat des BFH entschied, dass einer Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG im Streitfall entgegenstehe, dass zwischen der Klägerin als Besitzunternehmen und der M-KG als Betriebsunternehmen eine Betriebsaufspaltung bestanden habe. Es läge eine personelle Verflechtung vor, d. h. die Beherrschung des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise, dass in beiden Unternehmen ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille durchgesetzt werden kann. Der BFH stellte unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung fest, dass die Herrschaft über das Betriebsunternehmen (hier die M-KG) auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt und damit eine personelle Verflechtung begründet werden kann. Unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung müsse dies auch für eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an dem Besitzunternehmen (der Klägerin) jedenfalls insoweit gelten, als dieses eine Personengesellschaft ist.
Für die personelle Verflechtung sei allein entscheidend, dass die Geschicke des Besitzunternehmens in den wesentlichen Fragen durch die Personen bestimmt werden, die auch hinter dem Betriebsunternehmen stehen. Die mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft könne – so der BFH – sowohl im Fall des Betriebs- als auch des Besitzunternehmens (als Personengesellschaft) einer Person oder Personengruppe eine entsprechende Stellung vermitteln, ohne dass dadurch die rechtliche Selbstständigkeit der betreffenden Kapitalgesellschaft berührt wird. Die Frage des Durchgriffs durch eine Kapitalgesellschaft sei deshalb jedenfalls im Streitfall für die Frage der Beherrschung eines Unternehmens – sowohl in Gestalt eines Betriebs- als auch in Gestalt eines Besitzunternehmens – gleichermaßen ohne Bedeutung.
Im Streitfall stand der personellen Verflechtung zwischen der Klägerin und der M-KG damit weder die Beteiligungen der H-GmbH und der V-GmbH an der M-KG als Betriebsunternehmen noch die Beteiligung der Komplementär-GmbH an der Klägerin entgegen. Da die sachliche Verflechtung durch die Überlassung des Grundstücks ebenfalls gegeben war, nahm der BFH eine für die erweiterte Kürzung schädliche Betriebsaufspaltung an.
Praktische Auswirkungen
Mit dem dargestellten Urteil hat der IV. Senat des BFH die Rechtsprechung zur personellen Verflechtung im Rahmen von Betriebsaufspaltung neu aufgestellt. Insbesondere für Immobilienunternehmen birgt die Entscheidung erhebliche Risiken: Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG scheidet aus, sobald eine Betriebsaufspaltung vorliegt. Bisher unschädliche Fallkonstellationen einer Immobilien- Personengesellschaft, die ihr Grundstück an ein verbundenes Unternehmen überlässt, sollten in Zukunft gewerbesteuerschädlich sein. Es bleibt dabei zu befürchten, dass die Finanzverwaltung im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen diese Sachverhalte aufgreifen wird.
Um die erweiterte Kürzung auch in Zukunft zu sichern, sollten daher Handlungsoptionen geprüft werden. In Betracht kommt ggf. der Formwechsel der Immobilien-Personengesellschaft in die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Denn dem Urteil ist zu entnehmen, dass der I. Senat des BFH eine Betriebsaufspaltung mit einer Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen (wohl) nach wie vor ablehnen würde.
Autor*innen
Dr. Kristina Frankus
Tel: +49 221 28 20 2503
Thomas Dennisen
Tel: +49 221 28 20 2450
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 1-2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnierenund erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.