Keine Umsatzsteuerbefreiung für Einnahmen aus der Aufnahme und Verpflegung von Begleitpersonen in Rehabilitationskliniken

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 24. März 2023 (III C 3 – S 7171/19/10002) den Umsatzsteuer- Anwendungserlass (UStAE) zu § 4 Nr. 15 UStG geändert. In Abschnitt 4.15.1 UStAE heißt es nun:

Nach § 4 Nr. 15 Buchstabe a und b UStG sind in unionsrechtskonformer Auslegung von Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL nur die Umsätze der in § 4 Nr. 15 UStG genannten Unternehmer untereinander und an die Versicherten steuerfrei, bei denen es sich um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen handelt. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, dass diese aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung bewirkt werden.

Nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG fallen Leistungen, die außerhalb eines bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses erbracht werden, sowie Tätigkeiten, die für die Einrichtung nicht unerlässlich oder dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.

Für die Steuerbefreiung ist somit insbesondere erheblich, ob die Leistungen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind.

Das BMF-Schreiben bezieht sich auf das bereits vor geraumer Zeit ergangene BFH-Urteil vom 16. Dezember 2015 (XI R 52/13, BStBl. II 2023 S. 412) zu § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG, welches zeitgleich erst jetzt veröffentlicht wird.

Das Urteil trägt folgenden Leitsatz:

Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als gesetzlicher Träger der Sozialversicherung im Rahmen der von ihr betriebenen Rehabilitationskliniken

  • ohne medizinische Notwendigkeit Begleitpersonen von Patienten gegen privatrechtlich vereinbartes gesondertes Entgelt unterbringt und verpflegt
  • sowie an ihre Mitarbeiter entgeltliche Verpflegungsleistungen erbringt,

ist insoweit unternehmerisch tätig und führt steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus, wenn die genannten Leistungen für die Tätigkeiten in den Rehabilitationskliniken nicht unerlässlich sind oder dazu bestimmt sind, den Rehabilitationskliniken zusätzliche Einnahmen zu verschaffen.

Der BFH begründet seine Auffassung damit, dass nach § 4 Nr. 15 Buchst. b UStG nur Leistungen der Sozialversicherungsträger an ihre Versicherten steuerbefreit sein können. In diesem Sinne würden Leistungen an Begleitpersonen und an Mitarbeiter einer Rehabilitationsklinik nicht im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses erbracht und könnten demgemäß nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Zudem seien Unterbringung und Verpflegung für die Rehabilitationsleistungen auch nicht „unerlässlich“, sondern dienten der Rehabilitationsklinik zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen.

Zwar veröffentlicht das BMF die BFH-Entscheidung aus 2015 nunmehr „offiziell“ erst knapp acht Jahre später. Gleichwohl ist es ausdrücklich „in allen offenen Fällen anzuwenden“ – also in allen Umsatzsteuerveranlagungen, die verfahrensrechtlich noch änderbar sind.

Da die Finanzverwaltung nach unseren Erfahrungen aber bereits „immer schon“ die Einnahmen aus der Aufnahme und Verpflegung von Begleitpersonen in Kliniken der Umsatzsteuer unterwirft, werden sich in der Praxis insoweit vermutlich keine größeren Auswirkungen ergeben.

In diesem Zusammenhang ergeben sich noch folgende steuerliche Hinweise:

  • Gemeinnützigkeitsrechtlich ist die Unterbringung von Begleitpersonen – soweit nicht medizinisch indiziert – nicht dem Krankenhauszweckbetrieb i. S. d. § 67 AO zuzurechnen. Vielmehr stellt sie bei gemeinnützigen Einrichtungen einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und bei anderen Krankenhäusern einen Gewerbebetrieb dar, der nicht unter die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. b) GewStG fällt.
  • In Kommunen, die auf kommerzielle Übernachtungen eine „Bettensteuer“ erheben, gilt typischerweise auch die Unterbringung der nicht medizinisch indizierten Begleitpersonen als in diesem Sinne steuerpflichtige Übernachtungsleistung.

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Autorin

Christiane Bremer
Tel: +49 30 208 88 1171

Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 4-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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