Unzulässigkeit der Forderung der KV Bayerns nach einer Bankbürgschaft für Abschlagszahlungen an „Investoren-MVZ“

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 7. September 2022 – B 6 KA 10/21 R – entschieden, dass die Abrechnungsbestimmungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ( KVB), nach der die Gewährung von Abschlagszahlungen auf das zu erwartende Honorar an eine MVZ-GmbH, bei der nicht alle Gesellschafter natürliche Personen sind, davon abhängig gemacht wurden, dass die MVZ-GmbH eine Bankbürgschaft stellt, was mit erheblichen Kosten verbunden ist, unwirksam sind. Bei Redaktionsschluss lagen die Entscheidungsgründe noch nicht vor.

Der Sachverhalt

Die klagende GmbH ist Trägerin eines MVZ, das Laborleistungen erbringt. Alleingesellschafterin der GmbH ist eine Orthopädietechnik GmbH, also offenbar eine Struktur aus den Anfangsjahren der MVZ-Gründungen. Nachdem die beklagte KVB zunächst Abschlagszahlungen gewährte, teilte sie im April 2012 mit, dass sie ihre Abrechnungsbestimmungen dahingehend geändert hatte, dass, wenn die MVZ-GmbH nicht ausschließlich natürliche Personen als Gesellschafter habe, die Gesellschafter eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von fünf Abschlagszahlungen beibringen müssen. In diesem Fall wären dies rund 12 Mio. € gewesen. Nachdem die Klägerin keine Bankbürgschaft beibrachte, stellte die KVB die Zahlungen ein. Der gegen das Schreiben gerichtete Widerspruch wurde zurückgewiesen. Klage und Berufung blieben ebenfalls erfolglos. Die Revision der Klägerin brachte schließlich den gewünschten Erfolg.

Aus dem Terminbericht

Die Beklagte darf die Gewährung der Abschlagszahlung nicht von der Vorlage einer Bankbürgschaft abhängig machen. In der Forderung liegt eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von MVZ-Trägergesellschaften mit nur natürlichen und MVZ-Trägergesellschaften mit natürlichen und/oder juristischen Personen als Gesellschaftern.

Es fehlt an den nach Art. 3 Abs. 1 GG erforderlichen sachlichen Gründen für eine Ungleichbehandlung. Der Einwand, dass die Haftung einer GmbH auf das Stammkapital begrenzt sei, während eine natürliche Person unbegrenzt hafte, träfe nicht zu, weil auch die GmbH mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen hafte. Dass die Rückforderungen aus diesem Grunde häufig ins Leere liefen, habe die Beklagte dagegen gar nicht geltend gemacht. Auch eine Anknüpfung an die bundesgesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen hätte nichts für eine solche Differenzierung hergegeben, weil die in § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V normierte Regelung, nach der die Zulassung von MVZ, die in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden, von der Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der Gesellschafter abhängig gemacht wird, gerade keine Bankbürgschaft verlangt und auch nicht danach differenziert, ob die Gesellschafter natürliche oder juristische Personen sind.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist sicherlich nicht nur für „Investoren-MVZ“ in Bayern von Bedeutung. Eine ähnliche Praxis, allerdings soll hier die selbstschuldnerisch – Bürgschaft der Gesellschafter genügen, eine Bankbürgschaft ist nicht erforderlich – kennt man zum Beispiel aus Berlin. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich zu prüfen, ob die Stellung entsprechender (Bank-)Bürgschaften zukünftig verweigert bzw. bereits gestellte Bankbürgschaften herausverlangt werden können. Außerdem bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung ggf. vom Bundesgesetzgeber aufgegriffen wird, wenn eine Novellierung der MVZ-Regulierung ohnehin anstehen sollte.

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Autor

Dr. Moritz Ulrich
Tel: + 49 30 208 88 1408

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