Reform der Krankenhausplanung in NRW – Follow-up

Die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen steht vor einem tiefgreifenden Wandel, der sich in einer Abkehr von der Bettenzahl als zentraler Planungsgröße manifestiert. Über die grundlegenden Gutachten hinter dieser Überlegung hatten wir in unserem Newsletter Health Care 2/2020 berichtet. Am 18. März 2021 ist nun das „Dritte Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen“ („Krankenhausgestaltungsgesetz“) in Kraft getreten.

Was ändert sich im Bereich der Krankenhausplanung?

Die bisherige Planungsmethodik mit der Bettenanzahl als zentraler Planungsgrundlage verhindert nach den Ergebnissen eines Gutachtens eine gezielte Steuerung der Krankenhauskapazitäten. Statt einer Planung anhand der Bettenanzahl soll eine Planung medizinischer Leistungsbereiche und Leistungsgruppen eingeführt werden. Die Leistungsbereiche werden sich dabei im Wesentlichen an den Fachgebieten der ärztlichen Weiterbildungsordnung(en) orientieren. Konkrete medizinischen Leistungen werden durch Leistungsgruppen abgebildet. Die Leistungsgruppen sollen an Qualitätskriterien, z. B. die des GBA, gekoppelt werden.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen („MAGS“) muss den Krankenhausplan gemäß § 12 Abs. 1 KHGG nicht nur aufstellen und fortschreiben, sondern auch regelmäßig überprüfen. Damit soll auf Änderungen im Bedarf im Rahmen der Krankenhausplanung reagiert und leere Abteilungen einerseits und volle Abteilungen andererseits verhindert werden.

Was ändert sich im Bereich Trägerwechsel?

Der Trägerwechsel ist bereits bei einer hinreichend konkreten Absicht zum Wechseln der Trägerschaft anzuzeigen. Die zuständige Behörde ist sodann verpflichtet, dem neuen Krankenhausträger einen neuen Bescheid über die Aufnahme in den Krankenhausplan gemäß § 16 Abs. 1 KHGG zu erteilen, soweit der vollzogene Trägerwechsel nach Auffassung der Behörde nicht zu einer Gefährdung des Versorgungsauftrages des Krankenhauses führen wird. Andernfalls teilt die Behörde mit, dass das Krankenhaus durch den vollzogenen Trägerwechsel aus dem Krankenhaus ausgeschieden ist. Bis zur Entscheidung der Behörde ist es dem Krankenhaus gestattet, den Krankenhausbetrieb unter dem neuen Träger fortzusetzen, wenn nicht die Behörde aufgrund einer bestehenden Gefährdung der Versorgung Gegenteiliges angeordnet hat (§ 16 Abs. 4 KHGG).

Diese Regelung birgt diverse Unsicherheiten und Kostenrisiken. Es ist nicht definiert, wann die hinreichend konkrete Absicht zum Wechseln der Trägerschaft besteht. In der Praxis ist dies insbesondere in Bieterverfahren bis zur Vertragsunterzeichnung unsicher. Insoweit ist es zwar gestattet, den Krankenhausbetrieb unter neuem Träger fortzuführen, jedoch birgt dies das Risiko, dass das Krankenhaus aus dem Krankenhausplan ausscheidet.

Wir empfehlen insoweit, frühzeitig in eine informelle Abstimmung mit dem MAGS zu gehen und das Risiko eines Ausscheidens aus dem Krankenhauspan vertraglich abzusichern.

Was ändert sich im Bereich Krankenhausfinanzierung?

Im Falle eines Trägerwechsels ist eine Abtretung des Anspruchs auf die Förderpauschale gemäß § 18 KHGG nicht mehr zulässig, wenn der Feststellungsbescheid aufgehoben wurde oder ein Krankenhaus wegen Verstoßes gegen oder Abweichung von den Bestimmungen nach § 16 Abs. 2 KHGG aus dem Krankenhausplan herausgenommen wird (§ 20 Abs. 2 KHGG). Des Weiteren erlöschen Ansprüche und Anwartschaften auf Förderung, wenn ein Feststellungsbescheid bestandskräftig aufgehoben wurde (§ 20 Abs. 3 KHGG).

Krankenhäuser werden für den Fall einer Schließung eines Krankenhauses aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Patientenakten und -daten vor dem Zugriff unbefugter Personen ausreichend gesichert sind (§ 34c KHGG).

Was ist zu erwarten?

Das Krankenhausgestaltungsgesetz wurde nicht ohne Kritik verabschiedet. Der Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, Jochen Brink, hat die Verabschiedung der Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes als übereilt kommentiert. Er merkte an, solange die Konturen der Krankenhausplanung unklar seien, verfolge das Gesetz ein unbestimmtes Ziel. „Ohne praxistaugliche Kriterien, an welchem Bedarf die stationäre Versorgung der Patientinnen und Patienten vor Ort künftig ausgerichtet wird, bleibt das Gesetz nicht mehr als eine leere Hülle. Über die entscheidenden Fragen indes, welche medizinischen Behandlungen ein Krankenhaus in Zukunft noch anbieten darf, besteht aber weiterhin Unklarheit.“

Offen bleibt etwa, nach welchen Parametern der Bedarf ermittelt wird, und die Gefahr, dass die wohnortnahe Versorgung zu Gunsten einer detaillierten Aufsplitterung der Leistungsgruppen und -bereiche der Leistungsbereiche gefährdet wird.

Im Ergebnis lassen sich die wirtschaftlichen Folgen für die Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen bis dato nicht abschätzen. Möglich ist auch, dass die Reform zu Schließungen von einzelnen Einrichtungen führt.

Auch dürfte die Veränderung der Krankenhausplanung zu einer Neubewertung im Bereich des Kartellrechts führen. Bisher ist das Bundeskartellamt von einem sachlich relevanten Markt für akutstationäre Leistungen ausgegangen. In einem stärker spezialisierten Marktumfeld dürfte eine detaillierte Marktabgrenzung mindestens nach übergeordneten Abteilungen, möglicherweise jedoch auch nach Leistungsbereichen und Leistungsgruppen zu erwarten sein.

Was ist zu tun?

Die Verabschiedung des Krankenhausgestaltungsgesetzes ist möglicherweise eine Blaupause für die Krankenhausplanung in Deutschland und könnte als „Modellprojekt“ auch für andere Bundesländer fungieren. Das MAGS ist nun verpflichtet, die einzelnen Leistungsbereiche der Krankenhäuser genauer zu definieren und den Krankenhaumarkt in Nordrhein- Westfalen insgesamt zu untersuchen.

Wir empfehlen, den Prozess in Kooperation mit dem MAGS mitzugestalten. Wir unterstützen Sie gerne bei Analysen, Verhandlungen und Umsetzungsschritten, Transaktionen und der Bildung von Kooperationen durch unser interdisziplinäres Health Care Team in den Bereichen Audit, Law, Financial Advisory Services und Tax.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Health-Care-Newsletter 2-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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