Abweichender Standort für Rettungsdienstleistungen keine wesentliche Änderung
Standort für Rettungsdienstleistungen
Gegenstand der Entscheidung des OLG Celle war die Frage, ob § 132 Abs. 1 GWB, der die Zulässigkeit von Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit regelt, analog auf den Fall angewendet werden kann, dass der Auftraggeber vor Angebotsabgabe von den Vergabeunterlagen abweichende Angebote zulassen will.
Vorliegend wurden Rettungsdienstleistungen europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe bestimmte der Auftraggeber, dass die Rettungsdienstleistungen von einem geeigneten Standort innerhalb eines näher bestimmten Gebietes („Suchraum“) aus zu erbringen sind.
Der bezuschlagte Bieter schlug einen alternativen Standort ca. 150 m außerhalb des vorgegebenen Suchraums vor, der im Übrigen den Anforderungen des Auftraggebers entsprach. Der Auftraggeber teilte daraufhin mit, dass die Vorgaben an den Standort zwar grundsätzlich nicht erfüllt seien, aber noch im tolerablen Bereich lägen und deshalb zugelassen würden.
Der unterlegene Bieter, der einen Standort innerhalb des Suchraums angeboten hatte, beantragte nach einer erfolglosen Rüge die Nachprüfung bei der Vergabekammer. Die auf die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags durch die Vergabekammer folgende sofortige Beschwerde hält das OLG Celle für unbegründet.
Es handele sich nicht um eine unzulässige Auftragsänderung „während der Vertragslaufzeit“ gem. § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB, da dieser aufgrund seines eindeutigen Wortlauts eben nur auf Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit anwendbar sei. Eine analoge Anwendung auf den beschriebenen Sachverhalt scheide ebenfalls aus, da weder eine vergleichbare Interessenlage noch eine planwidrige Regelungslücke vorlägen.
Dennoch weist das OLG Celle darauf hin, dass der Auftraggeber zur Gleichbehandlung der Bieter nach § 97 Abs. 2 GWB verpflichtet gewesen wäre, Abweichungen von den ursprünglich bekannt gemachten Standortvorgaben durch andere Bieter nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, auf der Grundlage derer er den von dem bezuschlagten Bieter angebotenen Standort zugelassen hat. Auch dies führe aber nicht dazu, dass infolge der zugunsten des bezuschlagten Bieters gewährten Ausnahme im Sinne des § 132 Abs. 1 GWB geänderte Bedingungen des Vergabeverfahrens gegolten hätten, aufgrund derer auch die Antragstellerin den alternativen Standort hätte anbieten dürfen. Dabei kann offenbleiben, ob eine aufgrund des Abweichens von bekannt gemachten Vergabebedingungen möglicherweise eintretende Selbstbindung der Vergabestelle überhaupt als Änderung i. S. d. § 132 Abs. 1 GWB zu qualifizieren wäre.
Eine Nichtigkeit des Vertrags wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) oder wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) schieden nach der Entscheidung des OLG Celle ebenfalls aus.
Autoren
Dr. Hans-Martin Dittmann
Tel: +49 30 208 88-1014
hans-martin.dittmann@mazars.de
Maria Elisabeth Grosch
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maria.grosch@mazars.de
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