Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven im Gesundheitswesen

Eine Einschätzung von Dr. Matthias Haß

„Ich kehre nach vielen Jahren in leitenden Funktionen in Bundes- und Landesverwaltung (u. a. Bundeskanzleramt und Bundesfinanzministerium) und zwei Jahren als Finanzminister des Freistaates Sachsen in den Rechtsanwaltsberuf zurück. Fachlich werde ich zunächst als Rechtsanwalt vor allem auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts tätig werden. Hier gibt es viele Berührungspunkte und Schnittmengen zum Bereich Health Care. 

In meiner Tätigkeit im Aufsichtsrat des Universitätsklinikums Dresden (2017–2019), aber auch im Sächsischen Kabinett habe ich einige berufliche Einblicke vor allem in die Krankenhauslandschaft in Deutschland gewonnen. Der Bereich Health Care insgesamt ist ein wichtiges Wachstumsfeld der älter werdenden Gesellschaft. Und die Coronapandemie hat noch einmal sehr nachdrücklich Stärken, aber auch Schwächen der staatlichen Rahmensetzung offengelegt. Im internationalen Vergleich haben sich die Krankenhäuser in Deutschland hervorragend geschlagen. Eine Überlastung der Intensivstationen wurde verhindert. Trotzdem besteht zunehmend die Gefahr, dass die Pandemie auch den Blick auf Probleme verdeckt, die schon vor der Pandemie vorhanden und bekannt waren, beispielsweise in der Krankenhausfinanzierung. Die aktuelle Masse an staatlichen Maßnahmen und die hohe Regulierungsdichte dürfen auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine hohe Qualität der Krankenhausversorgung immer auch Leistungsorientierung der verschiedenen Träger im Wettbewerb miteinander voraussetzt. Das darf durch staatliche Interventionen nicht verdeckt oder verzerrt werden.

Ein anderer, seit Langem bekannter Schwachpunkt, ist der immer noch zu geringe Grad der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen. Die sprichwörtlichen Telefaxe der Gesundheitsämter und der anhaltende Streit über die Behördensoftware „Sormas“ haben das nochmals illustriert.

Unbestritten hat die Bundesregierung hier schrittweise seit 2018 auch vieles auf den Weg gebracht, zuletzt den Entwurf (BR-Drs. 52/21) eines „Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetzes“ (DVPMG), das Mitte 2021 geplant in Kraft treten soll. Dieses Gesetzesvorhaben soll die Telemedizin, aber auch beispielsweise den Einsatz digitaler Anwendungen in der Pflege vorantreiben. Im Spannungsfeld von Digitalisierung, patientennaher Versorgung und den hohen europäischen Anforderungen des Datenschutzes liegen viele rechtliche Fallstricke. Dies hat letztlich auch dazu beigetragen, dass in Deutschland in der Pandemie auf der Makroebene dringend notwendige Daten nicht oder nicht in der notwendigen Qualität aggregiert werden konnten, um daraus effizient staatliche Maßnahmen ableiten zu können. Es besteht weiterhin Handlungsbedarf für den Gesetzgeber, um Aufwand und Ertrag im Datenschutz besser zu justieren und zu effizienteren Lösungen zu kommen, um die Patientenversorgung zu verbessern.

Mit der Zulassung der Abgabe von Corona-Schnelltests auch für Laien gibt es zudem auch im Recht der Medizinprodukte eine Anfang Februar in Kraft getretene (Dritte Verordnung zur Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung – 3. MPAVÄndV) bedeutsame Neuerung, von der sich die deutsche Politik erhebliche Wirkung zur Eindämmung der Pandemie verspricht, wie die aktuellen Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz und der Bundeskanzlerin vom 3. März 2021 zeigen. Die Aufnahme der SARS-Cov-2-Schnelltests (In-vitro-Diagnostika für die Eigenanwendung) in die Anlage 3 der MPAV ermöglicht nun die Abgabe dieser Tests an medizinische Laien. Eine Apothekenpflicht für diese Tests ist nicht vorgesehen.

Zusammenfassend ist festzustellen: Der Bereich Health Care steht – unter dem Druck der Pandemie wie auch der Digitalisierung – derzeit besonders stark im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit und damit auch im Mittelpunkt politischen Handelns, also der Gesetz- und Verordnunggebung. Das macht dieses Feld auch in der Rechtsanwendung und Beratung interessant.“

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