Jahressteuergesetz 2020 – Optionen für gemeinnützige Krankenhaus- und Wohlfahrtskonzerne

Am 28. Dezember 2020 wurde das Jahressteuergesetz 2020 im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Mit ihm hat der Gesetzgeber durch Ergänzung des § 57 AO weitgehende Erleichterungen für gemeinnützige Konzerne geschaffen. Für eine optimale Nutzung der neu geschaffenen Möglichkeiten ist aktives Handeln erforderlich.

Konkret wurde das Gemeinnützigkeitsrecht in drei wesentlichen Punkten zugunsten von gemeinnützigen Konzernen geändert:

  • Tätigkeiten, die bisher steuerpflichtig im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu erfassen waren, können künftig – soweit sie an eine andere gemeinnützige Körperschaft erbracht werden und unter bestimmten herzustellenden Voraussetzungen – als (gemeinnützige) Zweckbetriebsleistungen behandelt werden (§ 57 Abs. 3 AO). Anmerkung: Die Änderung ist unabhängig von einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung, d. h., sie gilt sowohl für Leistungen an konzernfremde als auch an konzernzugehörige Körperschaften und sowohl für Leistungen der Muttergesellschaft an die Tochter- und/oder Schwestergesellschaft als auch andersherum. 
  • Bisher gewerbliche Servicegesellschaften können in die Gemeinnützigkeit überführt werden und ihre Leistungen an gemeinnützige Einrichtungen ebenfalls im Rahmen eines steuerfreien Zweckbetriebs erbringen (ebenfalls § 57 Abs. 3 AO). 
  • Die Beteiligung an einer steuerbefreiten Körperschaft ist bei einem ebenfalls gemeinnützigen Gesellschafter nunmehr als nutzungsgebundenes Vermögen dem Zweckbetrieb bzw. der ideellen Sphäre zuzurechnen (§ 57 Abs. 4 AO).

Die sich hieraus ergebenden Vorteile sind nachhaltig. Leistungen zwischen gemeinnützigen Körperschaften können danach – mit der entsprechenden wirtschaftlichen Entlastung – weitgehend in der Sphäre des steuerbefreiten Zweckbetriebes erbracht werden. Damit entfallen zudem die steuerrechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Ermittlung und Dokumentation der konzerninternen Verrechnungspreise und damit ein typisches Streitthema in Betriebsprüfungen. Die Erhebung von Gewinnzuschlägen für Leistungen zwischen gemeinnützigen Körperschaften ist obsolet. Rechtssicher kann die Weiterberechnung nun zu Selbstkosten erfolgen. Soweit Immobilien oder andere Wirtschaftsgüter an andere gemeinnützige Einrichtungen überlassen oder für die Leistungserbringung an diese eingesetzt werden, kommt es zu einer deutlichen Entlastung im Hinblick auf das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.

Die Inanspruchnahme der Erleichterungen ist für bereits gemeinnützige Körperschaften – nach derzeitiger herrschender Meinung – davon abhängig, dass das „planmäßige Zusammenwirken“ mit einer weiteren gemeinnützigen Körperschaft in der Satzung verankert ist. Hierfür könnten im Einzelfall auch bereits bestehende Formulierungen über die Zusammenarbeit mit anderen steuerbegünstigten Körperschaften hinreichend sein. Sind keine solchen Formulierungen enthalten oder sind diese nicht eindeutig, wäre eine entsprechende Satzungsergänzung vorzunehmen. Eine Inanspruchnahme der Steuervergünstigung wird ab dem Tag der Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister möglich sein.

Für die Überführung der bisher gewerblichen Servicegesellschaften in die Gemeinnützigkeit wird eine komplette Satzungsanpassung erforderlich sein. Diese muss den Anforderungen des § 60 AO und der Mustersatzung genügen. Da die satzungsgemäßen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit für den gesamten Veranlagungszeitraum vorliegen müssen, werden die hieraus folgenden Erleichterungen in den meisten Fällen erst ab dem Kalenderjahr 2022 wirksam werden, soweit nicht besondere Gestaltungen zur Anwendung kommen. Dadurch, dass nach § 57 Abs. 4 AO die Beteiligungen an gemeinnützigen Körperschaften nunmehr dem Zweckbetrieb bzw. ideellen Bereich zuzurechnen sind, ergeben sich weitreichende Erleichterungen in Hinblick auf das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Um diese in Anspruch nehmen zu können, ist tatsächlich kein aktives Handeln erforderlich, da die Rechtsfolgen aufgrund der Geltung des Gesetzes ab dem 29. Dezember 2020 zwingend eintreten. Entsprechend werden die Auswirkungen bereits in der Steuererklärung für 2020 abzubilden sein.

Praxishinweis:

Für die rechtssichere Überführung des konzerninternen Leistungsaustausches in den steuerbefreiten Zweckbetrieb werden in der Regel Ergänzungen der bestehenden Gesellschaftsverträge erforderlich sein. Wie bei allen Satzungsänderungen ist dabei der zeitliche Vorlauf der Gremienbefassung sowie die – dringend zu empfehlende – Abstimmung mit dem Finanzamt zu berücksichtigen. Vorausgehen dürfte typischerweise eine Bestandsaufnahme der zu erzielenden Verbesserungen. Gerne unterstützen wir Sie in diesem Prozess.

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