Finanzverwaltung legt nach – Aussetzungszeitraum für Zinsen bis 2012 erweitert
Vor dem Bundesverfassungsgericht sind zwei Verfahren anhängig, in denen über die Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes von 6% auf Steuernachforderungen ab 2009 entschieden wird. Mit zwei Beschlüssen (25. April 2018, Aktenzeichen I X B 21/18, und 3. September 2018, Aktenzeichen VIII B 15/18), hat der Bundesfinanzhof aufgrund der anhängigen Verfahren vor dem BVerfG den Steuerpflichtigen Aussetzung der Vollziehung auf Nachzahlungszinsen gewährt.
Die Finanzverwaltung folgt nunmehr dieser Rechtsprechung. Mit aktuellen BMF-Schreiben vom 14.12.2018 hat das BMF angeordnet, dass – allerdings wiederum nur auf Antrag – die Vollziehung der Erhebung von Nachzahlungszinsen ab 1. April 2012 auszusetzen ist.
Für die betroffenen Steuerpflichtigen bedeutet dieses, dass sie innerhalb von vier Wochen nach Ergehen des Zinsbescheides zunächst Einspruch gegen die Zinsfestsetzung einlegen und zusätzlichen einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen müsse. Die Einspruchs- und Antragserhebung ist dabei risikolos, da die Aussetzung der Vollziehung von Nachzahlungszinsen keine zusätzliche Verzinsung mit sich bringt. Als sog. steuerliche Nebenleistung werden die Zinsen nicht nochmals verzinst.
Die Zweifel des Bundesfinanzhofes beziehen sich auf alle Zinsfestsetzungen, bei denen der Zinssatz gemäß § 238 AO mit 0,5% pro Monat und damit 6% pro Jahr beträgt . Hierzu gehören folglich:
- Zinsen auf Steuernachforderungen (§ 233a AO)
- Stundungszinsen (§ 234 AO)
- Verzinsung hinterzogener Steuern (§ 235 AO)
- Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung (§ 237 AO)
- Stundung von Erbschaftssteuer gemäß § 28 ErbStG
- Zinsen auf Rückzahlung von Investitionszulage (§ 8 InvZulG)
- Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nr. 20 und 21 der Europäischen Union, soweit die AO anzuwenden ist
Für Zeiträume vor April 2012 gewährt die Finanzverwaltung gemäß dem aktuellen Schreiben Aussetzung der Vollziehung nur dann, wenn die Vollziehung für die Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Sollte das Finanzamt im Einzelfall die Aussetzung für frühere Zeiträume verweigern dürfte diese allerdings mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit auf dem Finanzgerichtsweg durchsetzbar sein, da dem Bundesverfassungsgericht Fälle bis 2009 zurück zur Klärung vorliegen. Das der BFH bisher Steuerpflichtigen nur bis 2012 Recht gab, hängt ausschließlich mit den tatsächlichen Zinszeiträumen der zugrundeliegenden Fälle zusammen.