Auswirkungen der Stiftungsreform auf das Kapital und dessen Erhaltung
Wesentlich ist, dass das Stiftungsrecht einschließlich der inhaltlichen Ausgestaltung der Rechnungslegungspflicht nunmehr abschließend im BGB bzw. HGB geregelt ist.
Für die Stiftungen ergeben sich nun Erleichterungen bei der Fusion von Stiftungen (durch Zulegung oder Zusammenlegung, § 86 n. F. BGB) und die Möglichkeit der Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung. Darüber hinaus können nach der neuen Gesetzeslage Umschichtungsgewinne aus dem Grundstockvermögen in ein zu verwendendes Kapital übertragen werden. Ganz konkret erlaubt der Gesetzgeber gemäß der neuen Fassung des § 83b Abs. 3 BGB, Umschichtungsgewinne aus dem Grundstockvermögen in das sonstige Vermögen zu übertragen, sodass zukünftig Umschichtungsgewinne der Zweckverwirklichung dienen können, soweit dies durch die Satzung nicht ausgeschlossen wurde und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist.
Erhaltung des Stiftungskapitals
Der Grundsatz der Kapitalerhaltung wurde in der Stiftungspraxis bisher unterschiedlich ausgelegt, wobei sich folgende drei Ansätze entwickelt haben: das Konzept der gegenständlichen Erhaltung (Vermögens-/Substanzerhaltung insbesondere von gewidmeten Immobilien, Finanzanlagen, Kunstsammlungen o. ä.), das (überwiegend vorherrschende) Konzept der wertmäßigen nominalen Erhaltung des Grundstockkapitals (insbesondere bei Kapitalstiftungen Summe der Zugangswerte) und das Konzept der wertmäßigen realen Erhaltung des Grundstockkapitals (historische Zugangswerte werden indexiert).
Seit dem 1. Juli 2023 bestimmt § 83c Abs. 1 n. F. BGB, vorbehaltlich konkretisierender Satzungsbestimmungen, die Pflicht zur ungeschmälerten Erhaltung des Grundstockvermögens als Grundfall. Der Stiftungszweck ist mit den Nutzungen des Grundstockvermögens zu erfüllen.
Die neue gesetzliche Regelung lässt allerdings nach wie vor offen, ob das Grundstockvermögen nominal oder real zu erhalten ist. Stattdessen regelt das Gesetz, dass der Stiftungszweck „mit den Nutzungen des Grundstockvermögens zu erfüllen“ ist. Durch diese Regelung wird der Grundsatz der Erhaltung des Grundstockvermögens indirekt konkretisiert. Denn diese „Nutzungen“ („Früchte“ oder „Gebrauchsvorteile“ einer Sache oder eines Rechts) bestimmen, wie das Grundstockvermögen verwendet („genutzt“) werden soll.
Danach bestimmt der Stifter mit der Art und Weise, wie das Grundstockvermögen verwendet wird (gegenständliche Vermögensanlage bzw. zweckgebundene Nutzung oder rein wertmäßiger Erhalt von Stiftungskapital), die Art der Kapitalerhaltung. Im Einzelfall sollte der Stifter bereits in der Satzung festlegen, ob statt der nominalen die reale Werterhaltung zum Zweck der Stiftung passt. Dabei sind die Art der Nutzung des Grundstockvermögens sowie dessen Umfang für die Sicherstellung der Kapitalerhaltung von erheblicher Relevanz.
Entscheidet sich die Stiftungsverwaltung – beispielsweise auf der Grundlage eines Vermögenserhaltungskonzepts – für die reale Grundstockerhaltung, so ist zur Ermittlung des zu erhaltenden Kapitals das Grundstockvermögen zu indexieren. Das IDW empfiehlt gemäß seiner Stellungnahme IDW HFA RS 5 den harmonisierten Verbraucherpreisindex oder einen anderen sachgerechten Branchenindex.
Für die Frage eines geeigneten Konzepts zur Vermögenserhaltung kommt es deshalb auch künftig vor allem auf die Regelungen in der Stiftungssatzung an. Besteht das Vermögen der Stiftung beispielsweise aus einer Immobilie, die zum langfristigen Gebrauch bestimmt und mit der Zweckverwirklichung unmittelbar verbunden ist, dann kommt eine „gegenständliche Erhaltung“ in der Satzungsregelung in Betracht.
Bei „Kapitalstiftungen“, auf die unterschiedliche Arten von Vermögensgegenständen (Wertpapiere, Barvermögen) übertragen wurden und zur Erzielung von Erträgen für die Zweckverwirklichung beitragen sollen ist die „wertmäßige Kapitalerhaltung“ der Vermögensgegenstände entweder nominal oder real durch Indexierung (fortlaufende Erhöhung durch Inflationsausgleich) anzuwenden.
Was bleibt unverändert?
Neue Vorgaben für die Rechnungslegung gibt es nicht. Der Gesetzgeber hat auch weiterhin von stiftungsspezifischen Vorgaben zur Rechnungslegung abgesehen. Damit bleiben die formellen Anforderungen an die Rechnungslegung von Stiftungen vom neuen Stiftungsrecht unberührt. Auch besteht kein Handlungsbedarf für die Stiftungsverwaltung bei der Wahl der Rechnungslegungsmethode (Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit Bestandsverzeichnis oder kaufmännische Rechnungslegung).
Die Chancen des neuen Stiftungsrechts
Das neue Stiftungsrecht veranlasst den Vorstand einer Stiftung dazu, den Kapitalerhalt auf den Prüfstand zu stellen, insbesondere ob die bisherige Strategie der Erhaltung des Stiftungsvermögens zum Zweck der Stiftung passt bzw. ihm genügt. Dabei sind die Nutzung des Grundstockvermögens sowie dessen Art und Umfang für die Ermittlung der Erhaltungsart von erheblicher Relevanz.
Empfehlenswert ist es, die Art der Erhaltung bereits in der Satzung spezifisch zu definieren. Somit obliegt dann die Entscheidung, ob das Grundstockvermögen nominal oder real erhalten bleiben soll, beim Stifter. Der Stiftungsvorstand muss eine sorgfältige und adäquate Vermögensverwaltung gewährleisten, die vor allem bei der gemeinnützigen Stiftung das Gleichgewicht zwischen der Sicherung der Ertragskraft, der zeitnahen Mittelverwendung und Kapitalerhaltung des Grundstockvermögens im Auge behält.
Das positive Fazit lautet, dass das Grundstockvermögen flexibler genutzt werden kann, um damit zu gewährleisten, dass das Grundstockvermögen langfristig erhalten bleibt, aber auch, damit die Zweckverwirklichung aus dem Grundstockvermögen potenziell finanziert werden kann.