Der Anwendungsbereich der Rundschreiben wurde im Vergleich zu den nunmehr abgelösten Merkblättern konkretisiert. Aufgeführt sind z. B. auch Niederlassungen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, gemischte Finanzholding-Gesellschaften und Pensionsfonds.
Inhaltlich wurden allerdings keine wesentlichen Änderungen vorgenommen. Vielmehr handelt es sich um eine moderate Fortentwicklung der Aufsichtspraxis. Anpassungen finden sich insbesondere in Gestalt von zahlreichen punktuellen Klarstellungen, Konkretisierungen und Ergänzungen.
Eine zu nennende Neuerung ist, dass die BaFin ausdrücklich im Anschreiben oder einem separaten Dokument eine konkrete Darstellung des Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle verlangt, einschließlich einer näheren Darlegung, warum die vorgesehene Person dieses Anforderungsprofil erfüllt. Dies gilt sowohl für die Anzeige für Mitglieder der Geschäftsleitung als auch für Mitglieder der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane sowie für die Schlüsselfunktionen.
Die Darstellung soll dabei in zwei Schritten erfolgen:
- Bestimmung des Anforderungsprofils anhand der in § 296 Abs. 1 S. 1 VAG genannten Kriterien sowie der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der zu besetzenden Position,
- Erfüllung des Anforderungsprofils, d. h. nachvollziehbare Darlegung der für die Eignung relevanten theoretischen und praktischen Kenntnisse (auch Berufs- und Leitungserfahrung und weitere Qualifikationen wie z. B. Fortbildungsnachweise).
Insbesondere bei Personen, die bislang nicht in der Versicherungsbranche tätig waren oder für die die vorgesehene Position mit einem großen Zuwachs in der Führungsspanne einhergeht, ist eine detaillierte Darstellung gefordert; ggf. sind weitere Qualifizierungen wie bspw. eine Einarbeitungszeit verbunden mit einem späteren Amtsantritt erforderlich.
Zudem ist nunmehr ausreichend, den Lebenslauf und das Formular „Persönliche Erklärung mit Angaben der Zuverlässigkeit“ mit einer eingescannten Unterschrift (Unterzeichnung mit elektronischem Faksimile) zu versehen.
Außerdem ist in dem Formular „Persönliche Erklärung mit Angaben zur Zuverlässigkeit“ weiterhin anzugeben, ob unternehmerische Geschäftsbeziehungen zum anzeigenden Unternehmen unterhalten werden, aus denen sich eine wirtschaftliche Abhängigkeit von dem anzeigenden Unternehmen ergeben kann. Neu ist, dass dies auch gilt, wenn 10 Prozent oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen gehalten werden oder eine andere Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung dieses anderen Unternehmens besteht.
Darüber hinaus ist nunmehr auch die Absicht einer wiederholten Bestellung bei demselben Unternehmen anzeigepflichtig. In diesem Fall sind grundsätzlich alle Unterlagen aktualisiert einzureichen, es gilt allerdings folgende Erleichterung:
- Unterlagen, die sich auf die fachliche Eignung beziehen, müssen nicht erneut eingereicht werden.
Diese Erleichterung gilt auch für die Absicht einer Bestellung bei einem weiteren Unternehmen und soweit eine Anzeigepflicht besteht auch bei der Absicht einer Neubestellung im Zuge einer Umwandlung.
Besonderheiten bei Anforderungen an die Mitglieder der Geschäftsleitung sowie Verwaltungs- und Aufsichtsorgane
1. Anzeigepflichtiger Personenkreis für Mitglieder der Geschäftsleitung und Verwaltungs- und Aufsichtsorgane
Neu in den anzeigepflichtigen Personenkreis aufgenommen wurden:
- Personen, die die Abwicklung oder Liquidation besorgen. Diese werden aufsichtsrechtlich als Geschäftsleiter eingeordnet.
- Geschäftsdirektoren sowie Mitglieder eines Verwaltungsrats von Unternehmen in der Rechtsform SE mit monistischem System. Diese werden als Mitglieder Geschäftsleitung bzw. eines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans angesehen.
2. Anforderungen an die Geschäftsleiter und Verwaltungs- und Aufsichtsorgane
- Zur fachlichen Eignung zählt nunmehr auch, dass Mitglieder der Geschäftsleitung „Kenntnisse über das (Partielle) Interne Modell“ haben müssen. Diese sind durch geeignete Unterlagen nachzuweisen (z. B. aussagekräftige Mitteilung über absolvierte Fortbildungen/Hospitationen oder Ähnliches).
- Auch Mitglieder von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen müssen – sofern ein solches verwendet wird – nunmehr über Kenntnisse bzgl. des (Partiellen) Internen Modells verfügen. Neu ist auch, dass Kenntnisse über die Abschlussprüfung explizit aufgeführt sind. Der BaFin gegenüber ist ungeachtet der bereits zuvor geforderten Kenntnisse im Rahmen einer inzwischen mindestens jährlich vorzunehmenden Selbsteinschätzung darzulegen, wie die Kompetenzen Internes Modell und Abschlussprüfung im Gremium abgedeckt sind.
- Neu eingefügt wurden zudem Anforderungen an die fachliche Eignung und Zuverlässigkeit bei vorübergehender Abwesenheit, z. B. durch Mutterschutz oder Krankheit. Danach können unter anderem die erforderlichen Anzeigen vereinfacht erfolgen, und solange keine begründeten Zweifel an der fachlichen Eignung und/oder Zuverlässigkeit bestehen, müssen z. B. keine aktualisierten Unterlagen eingereicht werden. Zudem werden besondere Maßstäbe an die Beurteilung der fachlichen Eignung von Interims-Mitgliedern der Geschäftsleitung angelegt.
- Die fachliche Eignung muss aktuell vorhanden sein. Zeitlich länger zurückliegende Berufstätigkeiten vermögen die fachliche Eignung nicht mehr zu begründen.