EVB-IT CLOUD: Endlich standardisierte Einkaufsbedingungen
Bereits seit vielen Jahren werden durch die öffentliche Hand – in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Wirtschaft – Rahmenbedingungen für den Einkauf von IT-Leistungen, die „Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen“ (EVB-IT), entwickelt, herausgegeben und laufend aktualisiert.
Bis zur Veröffentlichung der EVB-IT Cloud-Vertragsmuster wurden cloudbasierte Vertragsleistungen in der Praxis häufig behelfsmäßig durch partielle Kombinationen mehrerer, bereits existierender EVB-IT-Vertragsmuster geregelt. Da diese Behelfslösungen in der Regel mit zahlreichen Streichungen und Zusatzformulierungen einhergingen, litten neben Struktur und Verständlichkeit nicht selten auch die materiell-rechtliche Qualität der Vertragsgestaltung. Hierfür schaffen die neuen Vorlagen nun Abhilfe.
1. Konzeption und wesentliche Inhalte
- Gewohnte Modularität, vielseitige Anwendbarkeit
Die EVB-IT Cloud-Vertragsmuster wurden für die Beschaffung für eine Vielzahl von Cloud-Leistungen, insbesondere Software-as-a-Service (SaaS), Platform-as-a-Service (PaaS), Infrastructure-as-a-Service (IaaS) und MCS (Managed Cloudservices) entwickelt und sind – wie auch die anderen EVB-IT Vertragsmuster – modular aufgebaut. Sie bestehen aus einem Basisvertrag für Cloudleistungen, in welchem fallspezifische Regelungen getroffen werden können sowie aus fest einbezogenen Einkaufsbedingungen, die als allgemeine Geschäftsbedingungen die wesentlichen Regelungen für den Leistungsbezug enthalten und die vertraglichen Mindeststandards des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als auch die Basisanforderungen des C5-Kataloges (Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue) umsetzen.
- Flexible Abweichungs- und Ergänzungsmöglichkeiten
Flexible Abweichungs- und Ergänzungsmöglichkeiten von den Standardregelungen im Vertragsmuster und den AGB bieten der optionale „Kriterienkatalog für Cloudleistungen“ zur Festlegung differenzierter Vorgaben für die konkreten Leistungsbestandteile sowie die Anlage „Auftragnehmerseitige AGB”. Letztere stellt eine Novität in der Regelungssystematik der EVB-IT dar und soll eine kontrollierte und vergaberechtskonforme Öffnung der EVB-IT Cloud für auftragnehmerseitige AGB ermöglichen, die aufgrund des hohen Standardisierungsgrads von Cloud-Leistungen, insbesondere beim Bezug von Leistungen von sogenannten „Hyperscalern“, erforderlich sein kann.
- Cloud-typische Regelungen
Inhaltlich und materiell-rechtlich enthalten die Vertragsmuster wenig überraschende, dafür sehr ausgewogene und leicht handhabbare Regelungsspezifika zu den cloud-typischen Themenbereichen, insbesondere zum Datenschutz, zu IT-Sicherheit und Vertraulichkeit, zu Backup-Pflichten, Verfügbarkeiten, Nutzungsrechten und -beschränkungen sowie Störungsreporting, -klassifizierung und -beseitigung.
2. Feedback aus der Praxis erwünscht
18 Monate nach der Veröffentlichung sollen die Vertragsmuster einer erneuten Prüfung unterzogen und ggf. angepasst werden. Zur Unterstützung hierfür hat die verantwortliche Praxisgruppe bereits jetzt darum gebeten, Erfahrungen mit der Umsetzung der Vertragsmuster in der Praxis direkt an das zuständige Referat beim BMI zu richten: DGI5@bmi.bund.de.
Insgesamt war die Entwicklung der EVB-IT Cloud war mit Blick auf die bereits seit Jahren stark zunehmende Verbreitung von Cloud- bzw. SaaS-Angeboten lange überfällig und ermöglicht der Verwaltung nun eine vertraglich standardisierte, gleichzeitig jedoch flexible, sichere und vereinfachte Beschaffung von Cloudleistungen, die bei der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschriebenen Modernisierungsstrategie der Öffentlichen Hand eine zentrale Rolle einnimmt.
Gleichwohl ersetzen die Vertragsmuster nicht die in jedem Fall notwendige Einzelfallprüfung dahingehend, welche der Standardbedingungen zu der konkreten Vertragsleistung passen oder ob im Einzelfall die Vereinbarung eines Individualvertrages notwendig sein könnte.