BMF veröffentlicht Diskussionsentwurf zur Einführung eines Mindestbesteuerungsgesetzes

Am Montag, dem 20. März 2023, legte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) offiziell den Entwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung multinationaler Unternehmen vor. Damit möchte Bundesfinanzminister Christian Lindner die Vorgaben aus der Mindestbesteuerungsrichtlinie der EU im nationalen Recht implementieren, um der Umsetzungspflicht nachzukommen.

Zwar werden – gemessen am Umsetzungs- und Administrationsaufwand – vergleichsweise niedrige Steuermehreinnahmen im einstelligen Milliardenbereich erwartet, allerdings beinhaltet das Gesetz primär auch keine fiskalische Zwecksetzung, sondern soll nach Lindner dafür sorgen, dass große Konzerne kein Steuerdumping betreiben können (Tagesschau-Interview vom 21. März 2023).

Die Finanzverwaltung erwartet aus dem 89 Paragrafen umfassenden Regelungswerk keine direkten Kosten für die Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen. Das erscheint im Hinblick auf den erforderlichen Compliance-Aufwand optimistisch.

Wer ist betroffen?

Von der Mindeststeuer betroffen sind nur Unternehmen, welche die Umsatzgrenze von 750 Millionen € überschreiten. Dieser umsatzbezogene Schwellenwert ist derselbe, auf den beim Country-by-Country-Reporting (CbCR) abgestellt wird. Das betrifft grundsätzlich sowohl international als auch rein national tätige Unternehmensgruppen – unabhängig von der Rechtsform. Evaluationen gehen davon aus, dass über 400 grenzüberschreitende Unternehmensgruppen existieren, aber lediglich eine niedrige zweistellige Anzahl sogenannter Large-scale Domestic Groups. Hinsichtlich etwaiger Umsatzschwankungen soll Planungssicherheit dadurch gewährleistet werden, dass der Schwellenwert in mindestens zwei der letzten vier vorangegangenen Geschäftsjahre erreicht worden sein muss.

Sind die Mindeststeuerregelungen demnach anzuwenden, resultiert daraus eine zweifache Steuererklärungspflicht:

  • An das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) muss der Mindeststeuerbericht übermittelt werden. Dieser erfordert nicht nur eine speziell gegliederte, detaillierte Übersicht über die Konzernstruktur in den einzelnen Steuerhoheitsgebieten, sondern darüber hinaus auch zahlreiche Angaben für die Steuerberechnung.
  • Beim lokalen Finanzamt hat wiederum eine Mindeststeuererklärung in Form einer Steueranmeldung zu erfolgen. Das bedeutet, die Steuer muss selbst berechnet und grundsätzlich bereits einen Monat nach Abgabe der Steuererklärung entrichtet werden.

Der Mindeststeuerbericht und die Mindeststeuererklärung sind erstmalig 18 Monate nach Ablauf eines Geschäftsjahres einzureichen; in Folge dann jeweils 15 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres. Diese müssen jeweils elektronisch, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz, und über eine amtlich bestimmte Schnittstelle übermittelt werden. Für die Steuererklärung kann gegebenenfalls auch eine entsprechende „Nullanmeldung“ erforderlich sein.

Verfahrensrechtlich ist zur Abgabe dieser Erklärungen jeweils der Gruppenträger einer Unternehmensgruppe verpflichtet, dessen Rolle die oberste Muttergesellschaft einnimmt, sofern sie im Inland belegen ist. Alternativ kann durch die Unternehmensgruppe oder die Finanzverwaltung ein inländischer Gruppenträger bestimmt werden, welcher die Verpflichtungen wahrnimmt. Da das Gesetz laut dem Referentenentwurf grundsätzlich für Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen, in Kraft treten soll, wären der Mindeststeuerbericht und die Steuererklärung erstmalig bis zum Ablauf des 30. Juni 2026 einzureichen.

Welche Daten werden benötigt und wie bzw. wann wirkt sich die Mindestbesteuerung aus?

Aus Sicht der betroffenen inländischen Konzerne stellt sich nun die Frage, welche Unterlagen bzw. Daten von den Tochtergesellschaften einzuholen sind, um die steuerlichen Pflichten im Inland zu erfüllen. Um die erforderlichen Daten bei den einzelnen Tochtergesellschaften zusammenzustellen, werden der CbCR-Report, der Konzernabschluss und eine Konzernübersicht benötigt. Des Weiteren müssen von den Tochtergesellschaften die Steuernummern und das dazugehörige Steuerhoheitsgebiet, die Rechtsformen und die Beteiligungshöhen angegeben werden. Im nächsten Schritt schließlich sind die Tochtergesellschaften einzuordnen, je nachdem, welche Tätigkeiten diese ausüben. Auf Grundlage dieser Daten kann die Mindeststeuererklärung sowie der Mindeststeuerbericht erstellt werden.

Ein vereinfachtes Beispiel hilft, besser zu verstehen, wie die Mindeststeuer funktionieren soll.

Beispiel:

Eine inländische Muttergesellschaft unterhält zwei Tochtergesellschaften in Form von Kapitalgesellschaften in Österreich und in Bulgarien. Die deutsche Muttergesellschaft erzielt einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 100 Mio. €, welcher einer Steuerbelastung in Höhe von 30 % unterliegt. In Bulgarien und Österreich erzielen die Tochtergesellschaften jeweils einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 20 Mio. €. In Österreich beträgt die Steuerbelastung 25 %, wohingegen in Bulgarien lediglich 10 % Steuern anfallen. Die durchschnittliche Konzernsteuerbelastung beträgt 26,42 %, somit über 15 %.
 

Diskussionsentwurf zu Mindestbesteuerungsgesetz

Erläuterung:

Aufgrund der länderspezifischen Betrachtungsweise ist auf den niedrig besteuerten Gewinn der in Bulgarien ansässigen Tochtergesellschaft auf Ebene der inländischen Muttergesellschaft eine TopUp-Tax i. S. d. MinStG in Höhe von 1 Mio. € (zzgl. 5 %) zu entrichten, obwohl die Konzernsteuerbelastung bereits vorher bei über 15 % gelegen hat. Für die österreichische Tochtergesellschaft fällt keine TopUp-Tax an.

Um es deutschen Unternehmen leichter zu machen, wurden die Safe Harbour-Regelungen bereits in den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Mindestbesteuerung aufgenommen. Diese waren in der EU-Richtlinie noch nicht enthalten gewesen. So werden Unternehmensgruppen bei untergeordneter internationaler Tätigkeit in den ersten fünf Jahren von der Mindeststeuer befreit (§ 74 Abs. 1 MinStG-E). Eine untergeordnete internationale Tätigkeit ist nach dem Gesetzesentwurf gegeben, wenn die inländische Muttergesellschaft über Geschäftseinheiten in höchstens sechs Steuerhoheitsgebieten verfügt und der Gesamtwert der materiellen Vermögenswerte aller Geschäftseinheiten, die in allen Steuerhoheitsgebieten außer in Deutschland belegen sind, 50 Mio. € nicht übersteigt (§ 74 Abs. 2 MinStG-E).

Für Geschäftseinheiten, welche in ihrem Steuerhoheitsgebiet ebenfalls einer anerkannten nationalen Ergänzungssteuer unterliegen, wird der Steuererhöhungsbetrag ebenfalls auf null festgesetzt (§ 71 MinStG-E). 

Weitere Erleichterungen sind nach den sogenannten CbCR Safe Harbours gegeben: Kommen diese zur Anwendung, werden auf Antrag der Steuererhöhungsbetrag und der zusätzliche Steuererhöhungsbetrag in den ersten drei Geschäftsjahren ab 2023 auf null festgesetzt. Diese Erleichterungen können in Anspruch genommen werden, wenn die Unternehmensgruppe in einem Steuerhoheitsgebiet weniger als 10 Mio. € Umsatzerlöse und weniger als 1 Mio. € Gewinn oder Verlust vor Steuern in ihrem CbCR-Report ausweist. Oder wenn sie einem vereinfacht berechneten effektiven Steuersatz von mind. 15 % (im ersten Anwendungsjahr) für dieses Steuerhoheitsgebiet unterliegt oder einen Gewinn oder Verlust vor Steuern im CbCR-Report ausweist, der gleich oder geringer als der substanzbasierte Freibetrag ist.

Der substanzbasierte Freibetrag beträgt 5 % der berücksichtigungsfähigen Lohnkosten und zusätzlich 5 % der berücksichtigungsfähigen materiellen Vermögenswerte für alle in einem Steuerhoheitsgebiet belegenen Geschäftseinheiten (§ 50 MinStG-E). Für das Geschäftsjahr 2023 erhöht sich allerdings dieser Freibetrag von 5 % auf 10 % bei den berücksichtigungsfähigen Lohnkosten und auf 8 % der berücksichtigungsfähigen materiellen Vermögenswerte (§ 54 MinStG-E). Dieser Erhöhungsbetrag des Freibetrags schmilzt bis zum Veranlagungszeitraum 2033 auf den regulären substanzbasierten Freibetrag in Höhe von 5 % ab. In Fällen, in denen in einem Steuerhoheitsgebiet somit ausreichend Substanz vorhanden ist, kann die Entrichtung des Steuererhöhungsbetrags bzw. des zusätzlichen Steuererhöhungsbetrags vermieden werden.

Folgen von Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe der Steuererklärungen

Das Sanktionsinstrumentarium der Finanzverwaltung bei Nicht- oder nicht hinreichender Erfüllung der Erklärungspflichten ist im Wesentlichen das Gleiche wie bei allen anderen Steuererklärungen, da es sich bei dem Mindeststeuerbericht und der Mindeststeuererklärung technisch um „normale“ Steuererklärungen handelt. Daher gelten bei Verspätungs- und Säumniszuschlägen, Schätzungen sowie Ordnungswidrigkeits- und auch Steuerstrafverfahren im Grundsatz keine Besonderheiten. Hinsichtlich des Mindeststeuerberichts ist allerdings eine gesonderte Geldbuße bei fehlender, unvollständiger und verspäteter Übermittlung vorgesehen. Zur maximalen Höhe des Bußgeldes ließ das BMF verlauten, dass – entgegen aktuell kursierender geleakter Entwürfe – noch keine belastbaren Zahlen im Raum stehen.

Unsere Empfehlung

Die erstmalige Abgabefrist mag noch in weiter Ferne erscheinen. Allerdings ist die Ermittlung der zu deklarierenden Kennzahlen mit einigem Aufwand verbunden. Das beginnt bereits beim Beschaffen verwertbarer Daten. Nicht minder aufwendig erscheint die Geltendmachung etwaiger Vereinfachungs- oder Befreiungsregelungen; der Prüfungsaufwand hinsichtlich der entsprechenden Voraussetzungen ist nicht zu unterschätzen. Dementsprechend sollten Unternehmen bereits jetzt, da die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen hinreichend konkretisiert sind, handeln und Vorbereitungen treffen. Im ersten Schritt gilt es, dass Unternehmen prüfen, ob und inwieweit ihre Unternehmensgruppe von der Mindeststeuer betroffen sein wird. Unser Team von Forvis Mazars hat sich bereits eingehend mit der Mindestbesteuerung auseinandergesetzt und passende Lösungen entwickelt, um die Umsetzung für Unternehmen effizient zu gestalten.

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