Serie: Aufsichtsräte als Treiber der Transformation (Teil 2)
Traditionell arbeitet der Aufsichtsrat im geordneten Rahmen. Am Jahresanfang stehen die Termine für die Treffen fest, die in physischer Präsenz stattfinden. Dort beraten Aufsichtsrät*innen über die Tischvorlagen, die dem Kontrollgremium in Papierform vorliegen. Das wird sich ändern, ist Christian Sengewald, Partner bei Forvis Mazars, überzeugt: „Der Aufsichtsrat wird sich in Zukunft zunehmend in einer höheren Frequenz auch kurzfristiger austauschen und wird häufiger im Kontakt zu Vorstand oder Geschäftsführung stehen.“
Im Zuge der Digitalisierung können Firmen schneller auf Veränderungen am Markt reagieren. Dank neuer Technologien fallen Daten in Echtzeit an, die Unternehmen auswerten können und müssen. Das gilt auch für den Aufsichtsrat. „Das Ziel muss sein, dass der Aufsichtsrat frühzeitig informiert ist, um die Aufgabe der Risikoüberwachung ausüben zu können“, erklärt Sengewald. Welche Frequenz dafür notwendig ist, das hängt von der Branche, dem Unternehmen und den spezifischen Gegebenheiten ab. „Effektivität hängt nicht von der Häufigkeit von Treffen ab“, sagt Sengewald.
Das gilt auch für die vom Aufsichtsrat ins Leben gerufenen Arbeitsausschüsse, die sich mit spezifischen Fragestellungen beschäftigen. In den Ausschüssen können die Mitglieder externe Expertise hinzuziehen. Auch hier wird das Tempo zunehmen. Wichtig ist, dass der Kommunikationsfluss stimmt und alle Mitglieder des Kontrollgremiums aktuell mit den notwendigen Informationen ausgestattet sind.
Neue Kommunikationstools nutzen
Die Coronapandemie hat zu einem Umdenken geführt. Videokonferenzen oder das Arbeiten im Homeoffice haben sich in vielen Unternehmen etabliert. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch bei Aufsichtsräten beobachten. Virtuelle Sitzungen und elektronische Tools haben sich durchgesetzt. „Der Aufsichtsrat wird dank digitaler Technologien flexibler. So lässt sich schnell und flexibel eine virtuelle Sitzung einberufen, ohne dass Aufsichtsrät*innen anreisen müssen“, sagt Sengewald. Die hybride Arbeitswelt ist auch im Aufsichtsrat angekommen. Damit kann der Aufsichtsrat schneller und flexibler reagieren, spart zugleich Zeit und Kosten.
Wichtig ist dabei immer, die rechtlichen Rahmenbedingungen im Blick zu behalten, damit der Aufsichtsrat rechtlich unanfechtbare Entscheidungen treffen kann. Physische Treffen des Aufsichtsrats werden aber auch in Zukunft ihre Berechtigung und Notwendigkeit haben. Sie ermöglichen den wichtigen persönlichen Austausch, der für ein gutes Zusammenspiel der Aufsichtsrät*innen wichtig ist.
Digitale Tools kommen zum Einsatz
Auch die Arbeitsmittel werden sich verändern. „Wir brauchen Dashboards, die dem Aufsichtsrat Daten über das Unternehmen in Echtzeit liefern“, ist Sengewald überzeugt. Vielleicht sogar permanent nicht nur im Rahmen der Sitzungen, sondern laufend. „Denn so bekommt ein*e Aufsichtsrät*in Einblick in das laufende Geschehen und kann damit Risiken, aber auch Chancen besser einschätzen. Die Überwachung ist schließlich eine Kernaufgabe des Kontrollgremiums“, meint Sengewald.
Die Zukunft gehört Plattformen, auf denen Aufsichtsrät*innen arbeiten und sich austauschen können, ist Sengewald überzeugt: „Solche Kollaborationstools bieten die Möglichkeit zu kommunizieren, zu kommentieren und sich auszutauschen.“ Auf solchen Plattformen kann auch parallel und unabhängig voneinander gemeinsam an Projekten gearbeitet und interagiert werden.
Aufsichtsrat sollte Innovationskultur fördern
Aufsichtsrät*innen werden in jedem Fall flexibler verfahren, als das heute der Fall ist. „Nur so kann der Aufsichtsrat seine Überwachungs- und Kontrollfunktion, insbesondere vor dem Hintergrund sich schnell verändernder Rahmenbedingungen, erfüllen und den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden“, sagt Sengewald.
Für Christian Sengewald ist der Aufsichtsrat ein Begleiter für Unternehmen, der gerade auch in Umbruchphasen Innovationskultur fördern sollte. Dazu gehört es auch, eine Fehlerkultur im Unternehmen bewusst zuzulassen. „Solch eine Haltung im Unternehmen hilft, Fehler frühzeitig erkennen und Korrekturen vornehmen zu können“, sagt Sengewald. Gerade bei einer Transformation sind Fehler möglich und wahrscheinlich. Je früher sie erkannt werden, desto besser: „Der Aufsichtsrat sollte den unternehmerischen Wandel aktiv fördern und begleiten.“