Prüfung und Praxisorganisation zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

22.04.2021. Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (GW/TF) gewinnt sowohl in Politik, Wirtschaft als auch im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer weiter an Bedeutung. Wirtschaftsprüfer sind hierbei in zweierlei Hinsicht gefordert. Einerseits prüfen sie die Einhaltung der Vorkehrungen gegen GW/TF bei Unternehmen, andererseits sind sie auch selbst Verpflichtete. IDW Life spricht mit Dr. Gebhard Zemke, Partner und Leiter Financial Services bei BDO, und RA Peter Christian Felst, Partner und Leiter Legal Advisory Services in Hamburg bei Mazars in Deutschland, über aktuelle Entwicklungen und ihre Erfahrungen aus der Berufspraxis.

Wie ist die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zurzeit aufgestellt?

Gebhard Zemke: Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – im Folgenden GW/TF genannt – sind häufig internationale Phänomene. Entsprechend bedarf deren Verhinderung eines Zusammenspiels von internationalen und nationalen Akteuren. Herausgehobene Bedeutung haben die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering, kurz: FATF. Die FATF ist als Standardsetter bei der Bekämpfung von GW/TF zu sehen. Die EU setzt diese Empfehlungen bislang in Form von Richtlinien um, welche wiederum ihrer Umsetzung auf nationaler Ebene durch entsprechende Gesetzgebung bedürfen. Allein bei Betrachtung dieses mehrstufigen Vorgehens wird schnell klar, dass sich hieraus heterogene Vorgaben in Europa ergeben. Zudem bestehen branchenabhängige Unterschiede. Während der Finanzsektor stark reglementiert ist und mit der European Banking Authority – abgekürzt EBA – in Europa und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht – im Folgenden BaFin genannt – in Deutschland zentrale Aufsichtsbehörden bestehen, zeigt sich im Nicht-Finanzsektor ein deutlich anderes Bild. So verwundert es auch nicht, dass die Bundesregierung in der Ersten Nationalen Risikoanalyse, kurz: NRA, vor allem im Nicht-Finanzsektor Schwachstellen für die Verhinderung von GW/TF identifiziert.

Was gilt es aus Ihrer Sicht am Geldwäschepräventionssystem zu verbessern?

Gebhard Zemke:Das IDW hat mit seinem Positionspapier zur Zukunft der Bekämpfung von GW/TF dargelegt, wie ein effektives und effizientes Präventionssystem aussehen kann. Grundlage sind einheitliche rechtliche Vorgaben in Europa. Hierfür bedarf es einer weitergehenden Harmonisierung des Rechtsrahmens. Zudem besteht erhebliches Verbesserungspotenzial bei der Art und Weise, wie die Aufsicht organisiert wird. Sinnvoll wäre die Schaffung einer einheitlichen GW/TF-Aufsichtsbehörde sowohl auf europäischer und nationaler Ebene. Ein weiterer Handlungsstrang berührt die Verbesserung der Koordination und des Austausches der verschiedenen für die Prävention verantwortlichen Akteure in Deutschland und Europa. Auch Wirtschaftsprüfer können einen wertvollen Beitrag leisten. Ein verstärkter Einsatz von unabhängigen Wirtschaftsprüfern bei der Prüfung der Einhaltung von geldwäscherechtlichen Anforderungen im Nicht-Finanzsektor würde sich sicherlich positiv auf die flächendeckende Wirksamkeit von GW/TF-Präventionssystemen auswirken.

Welche aktuellen Entwicklungen zeichnen sich hinsichtlich der Geldwäscheprüfung ab? Auf welche Arbeitshilfen können sich Wirtschaftsprüfer bei der Geldwäscheprüfung stützen?

Gebhard Zemke: Die Prüfungspraxis wird durch verschiedene Veränderungen beeinflusst. Neue Technologien, beispielsweise Kryptowährungen, neue Marktteilnehmer insbesondere im Payment-, FinTech- und RegTech-Bereich sowie aktuelle Entwicklungen infolge der COVID-19- Pandemie und die Erkenntnisse aus jüngsten Betrugsfällen erfordern Anpassungen von Prüfstrategien und -techniken. Um diesen Veränderungen gerecht zu werden und eine einheitlich hohe Qualität der Prüfung zu fördern, arbeitet das IDW derzeit an einem neuen Standard zur Geldwäscheprüfung. Hierbei wird auch die Erwartungshaltung der Aufsicht durch einen engen Austausch berücksichtigt. Unabhängig davon unterstützt das IDW seine Mitglieder bereits durch Arbeitshilfen zur Geldwäscheprüfung, die erst kürzlich aktualisiert wurden. Die Prüfungshilfen umfassen grundlegende Leitlinien, wie die Ergebnisse der GW/TF-Prüfung im sog. Erfassungsbogen für die BaFin darzustellen sind, und wie konkret damit umzugehen ist, dass sich Prüfungsfeststellungen auf unterschiedliche Prüffelder auswirken können – sogenannte Doppelklassifizierung. Wichtig ist auch, dass Wirtschaftsprüfer ein einheitliches Verständnis zu den Maßstäben vorhalten, mit denen die Ergebnisse ihrer Prüfung nach aufsichtlichen Vorgaben zu bewerten sind. Die BaFin gibt hierfür Bewertungskategorien vor. Anhand detaillierter Indikatoren und Beispielsfälle gibt die Arbeitshilfe des IDW Hinweise zur sachgerechten Verwendung der Bewertungsmaßstäbe und -kategorien.

Welche besonderen Herausforderungen haben sich aufgrund der COVID-19-Pandemie gestellt und wie kann zum einen bezogen auf Unternehmen und zum anderen in Richtung Praxisorganisation damit umgegangen werden?

Gebhard Zemke: COVID-19 hat nicht nur die Arbeits- und Geschäftswelt verändert, sondern auch Veränderungen in der Finanzkriminalität bewirkt. Hierzu zählen u.a. Risiken aus einer zunehmenden Nutzung eines „remote onboarding“, Risiken aus vermehrtem Betrug, wie etwa Investitions-, Vorauszahlungs- oder Lieferbetrug, insbesondere in Zusammenhang mit pharmazeutischen Produkten, und Cyberkriminalität sowie Missbrauch von inländischen/internationalen Finanzhilfen und Notfallfinanzierungen. Die kriminelle Energie erweist sich hier als sehr anpassungsfähig und erfinderisch.

Für Unternehmen war es wichtig, schnellstmöglich die veränderte Situation zu analysieren und auf Basis dieser Analyse passende Maßnahmen abzuleiten. Als Reaktion kam es z.B. zu Anpassungen im Rahmen der Customer Due Diligence und im Risikomonitoring. Wir als Prüfer sind gefordert, diesen Transformationsprozess zu begleiten und im Rahmen der Prüfung ein besonderes Augenmerk auf etwaige Schwachstellen im Präventionssystem aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu legen.

Peter Christian Felst: Wie Dr. Zemke treffend beschrieben hat, treten durch die Pandemie vermehrt Straftaten aus dem Bereich der Finanzkriminalität auf. Die Pandemie stellt insoweit ein disruptives Element für die Sicherungssysteme der Praxisorganisation wie das Geldwäschepräventions-System dar.

Um den daraus resultierenden Herausforderungen zu begegnen, bedarf es aus meiner Sicht einer Reihe von Maßnahmen. Zu diesen gehört, dass die für das Thema Geldwäsche zuständigen Leitungskräfte wie das zuständige Mitglied der Praxisleitung und der Geldwäschebeauftragte aufmerksam Veränderungen in den Handlungs- und Tätertypologien verfolgen. Darüber hinaus bedarf es einer Kommunikation dieser Veränderungen in die eigene Organisation hinein, z.B. durch Schulungen oder die Einbindung in praxisinterne Kommunikationsplattformen wie ein Partner Jour Fixe. Weiterhin ist zu analysieren, ob die Veränderungen eine Anpassung der eigenen Risikoanalyse und ggf. der eigenen Geldwäschepräventions-Prozesse erforderlich machen. Schließlich ist u.a. mittels der Durchführung von Stichproben in der Praxis sicherzustellen, dass die veränderten Prozesse – z.B. im Rahmen der Auftragsannahme – seitens der Berufsträger auch gelebt werden.

Zu Beginn des letzten Jahres wurde das Geldwäscherecht umfangreich neu geregelt. Welche Herausforderungen sind für die WP-Praxen besonders relevant bei der Umsetzung der neuen geldwäscherechtlichen Anforderungen?

Peter Christian Felst: Die gesetzlichen Änderungen haben für die WP-Praxen dazu geführt, ihre internen Sicherungssysteme und Prozesse, aber auch ihre Risikoanalyse im Lichte der neuen Regelungen überprüfen und überarbeiten zu müssen. Die Geschwindigkeit, mit der im Bereich der Geldwäscheprävention Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen vorgenommen werden, sind zwar angesichts der exponierten Rolle, die Deutschland als einem Zentrum der internationalen Geldwäsche zukommt, nachvollziehbar, stellen insbesondere mittelständische Freiberuflerpraxen jedoch vor enorme Herausforderungen. Ganz besonders gilt dies für die deutliche Ausweitung der Meldepflichten für die Träger freier Berufe im Rahmen des Inkrafttretens der GWG-Meldepflichtverordnung Immobilien – kurz: GWGMeldV – zum 01.10.2020.

Die Änderungen betreffen u.a. den öffentlichen Zugang zum elektronischen Transparenzregister sowie Meldepflichten bei Feststellung von Unstimmigkeiten im Transparenzregister. Gibt es schon erste Erfahrungen im Umgang mit dem Transparenzregister?

Peter Christian Felst: Die ersten Erfahrungen mit dem Transparenzregister sind leider eher ernüchternd. Die Einsichtnahme- und die Unstimmigkeits-Meldepflicht führen bei WP-Praxen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Die Schwierigkeiten, die Wirtschaftsunternehmen, bei denen es sich nicht um Verpflichtete im Sinne des GWG handelt, teilweise dabei haben, ihre eigenen wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren, sowie die aktuell noch umfangreichen Freistellungen von der Meldepflicht im Rahmen der sog. Meldefiktion führen dazu, dass die Aussagekraft der Transparenzregisterauszüge erheblich zu wünschen übrig lässt. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsamt im Rahmen seiner Auslegung des GWG auf der Homepage des Transparenzregisters leider durch einen mehrmaligen Kurswechsel bei der Frage, ob Sperrminoritäten oder Vetorechte für die Einstufung als wirtschaftlich Berechtigter ausreichend sind, zur Verwirrung bei den Meldepflichtigen beigetragen und signifikanten Mehraufwand bei den GWG-verpflichteten Berufsgruppen ausgelöst.

Ein Ausblick auf das weitere Jahr 2021: Mit welchen aktuellen Entwicklungen und erweiterten Anforderungen sind in den WP-Praxen in der nächsten Zeit zu rechnen?

Peter Christian Felst: Der nächste Schritt in der Harmonisierung der Bemühungen um eine effektive Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung ist sicherlich die Vernetzung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die eben benannten Schwächen hinsichtlich der Aussagekraft der Transparenzregisterauszüge erkannt und wird sich in der zweiten Jahreshälfte mit einer erneuten Gesetzesnovelle von der Meldefiktion verabschieden. Einhergehend mit dieser Novelle wird es dabei zu einem Aussetzen der Unstimmigkeits-Meldepflicht für einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten in Abhängigkeit von der Rechtsform der jeweiligen Vereinigung kommen.

Weniger relevant für die Praxisorganisation, dafür aber umso bedeutender für den Alltag wäre die Umsetzung des aktuell wieder stark diskutierten Barzahlungsverbots bei Beträgen über 3.000 oder 5.000 Euro.

Welche Unterstützungsangebote können WP-Praxen für die Geldwäscheprävention in ihrer Praxisorganisation nutzen?

Peter Christian Felst: Neben den Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geldwäsche des IDW und den Schulungsangeboten des IDW kann ich insbesondere zwei weitere Informationsquellen für die Unterstützung der eigenen Praxisorganisation empfehlen. Trotz meiner Kritik an dem mehrfachen Wechsel der Verwaltungsmeinung des BVerwA zur Behandlung von Sperrminoritäten und Vetorechten im Rahmen der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten, sind die Rechtshinweise zum Transparenzregister, die letztmalig am 09.02.2021 aktualisiert wurden und auf der Homepage des Transparenzregisters kostenfrei zum Download zur Verfügung stehen, ein sehr taugliches Mittel bei Fragestellungen zum wirtschaftlich Berechtigten.

Darüber hinaus bieten die auf der Homepage der Wirtschaftsprüferkammer – www.wpk.de – veröffentlichten Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GWG nicht nur einen informativen Einblick in die Verwaltungsmeinung unserer Aufsichtsbehörde zur Auslegung des GWG, sondern sie stellen auch einen hilfreichen Leitfaden für die eigene Praxisorganisation dar. Schließlich freut sich auch unser Arbeitskreis Geldwäsche über interessante Fragestellungen aus dem Kreis der Mitglieder des IDW.

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WP StB Dr. Gebhard Zemke ist Partner in Hamburg und Leiter des Fachbereichs Financial Services bei BDO. Er ist Mitglied im Bankenfachausschuss (BFA) sowie Vorsitzer des Arbeitskreises Geldwäscheprüfung des IDW und vertritt IDW und WPK in der Anti-Money Laundering Working Party bei Accountancy Europe. Herr Dr. Zemke publiziert regelmäßig zum Themenkreis Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Peter Christian Felst ist Rechtsanwalt, Partner und Mitglied des Aufsichtsrats von Mazars in Deutschland. Er ist darüber hinaus seit 2013 Mitglied des Arbeitskreises Geldwäsche und leitet den Arbeitskreis seit 2017 als Vorsitzer. Herr Felst tritt zum Thema Geldwäsche regelmäßig als Referent sowohl für das IDW als auch für die WPK auf.

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Beitrag aus: IDW Life – Mitglieder-Magazin | April 2021 | Institut der Wirtschaftsprüfer

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