Die Zukunft gemeinsamer Steuerprüfungen nach der Corona-Krise

17.09.2020 – Die derzeitigen Beschränkungen, die von mehreren Ländern zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie auferlegt wurden, haben die Möglichkeiten zur Durchführung externer Steuerprüfungen eingeschränkt. Die aktuelle Pandemie und ihre Folgen für die Weltwirtschaft machen jedoch erneut deutlich, dass die Zahl der international tätigen Unternehmen zunimmt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft von Steuerprüfungen.

Koordinierte und gleichzeitige Steuerprüfungen

Durch die Zunahme von Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, wird eine wachsende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Steuerbehörden in Zukunft unumgänglich sein. Insbesondere koordinierte Steuerprüfungen sind zunehmend in der Diskussion.

Im Rahmen des Fiscalis-Programms, das im Jahr 2020 ausläuft (EU-Verordnung Nr. 1286/2013 vom 11. Dezember 2013), läuft derzeit auf europäischer Ebene eine Pilotstudie mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden zu stärken.

Das deutsche Bundesfinanzministerium hat bereits einen umfassenden Erlass (Bundesfinanzministerium vom 9. Januar 2017) verabschiedet, der sich mit koordinierten Steuerprüfungen befasst. Der kürzlich veröffentlichte zweite OECD Joint Tax Audit Report 2019 unterstreicht die Relevanz dieses Themas.

Das Hauptziel koordinierter Steuerprüfungen ist die einvernehmliche Festlegung grenzüberschreitender Fälle während der Prüfung unter Beteiligung ausländischer Steuerprüfer. Dies soll zur Vermeidung internationaler Steuerkonflikte (unversteuertes Einkommen oder Fragen der Doppelbesteuerung) führen.

Koordinierte Steuerprüfungen sind zu unterscheiden: Zum einen umfasst der Begriff "koordinierte Steuerprüfung" gleichzeitige Steuerprüfungen. Simultane Steuerprüfungen sind Steuerprüfungen, die gleichzeitig, aber auch unabhängig voneinander von den beteiligten Finanzbehörden in ihrem eigenen Territorium durchgeführt werden.

Der anschließende Informationsaustausch basiert auf internationalen Abkommen und europäischem Steuerrecht wie Art. 26 OECD-Musterabkommen oder § 10-12 EU-Verwaltungszusammenarbeitsgesetz ("EU-Amtshilfegesetz"). Die gleichzeitigen Steuerprüfungen stellen somit eine Art multilateralen Informationsaustausch dar. Die gesetzlichen Zuständigkeiten der deutschen Betriebsprüfer sind auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt und werden daher durch die Abgabenordnung geregelt.

Gemeinsame Steuerprüfungen

Der Begriff "koordinierte Steuerprüfung" schließt so genannte gemeinsame Steuerprüfungen mit ein. Gemeinsame Steuerprüfungen sind bi- oder multilaterale Steuerprüfungen, die gleichzeitig und gemeinsam mit ausländischen Steuerbehörden durchgeführt werden. Das Steuerprüfungsteam besteht aus in- und ausländischen Steuerprüfern, die gleichermaßen befugt sind, Untersuchungen im eigenen und im ausländischen Hoheitsgebiet durchzuführen. Die gemeinsame Steuerprüfung wird in erster Linie auf der gleichen rechtlichen Grundlage durchgeführt wie eine gleichzeitige Steuerprüfung.

Bei einer gemeinsamen Steuerprüfung beschränken sich die Zuständigkeiten der inländischen Steuerprüfer in ausländischen Gebieten auf ihre jeweiligen inländischen Rechtsvorschriften. Folglich schränken die innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Kompetenzen ausländischer Steuerprüfer im Inland ein, wenn die ausländische Rechtsvorschrift weitergehende Ermittlungskompetenzen vorsieht. Bei gemeinsamen Steuerprüfungen mit EU-Mitgliedsstaaten wird ausländischen Prüfern ein passives Untersuchungsrecht eingeräumt, das ihre Anwesenheit während des Steuerprüfungszeitraums in den Büros der inländischen Steuerbehörden und bei behördlichen Untersuchungen einschließt.

Nach Rücksprache mit dem anderen Land und Zustimmung des Steuerzahlers ist ein aktives Untersuchungsrecht möglich, das es dem ausländischen Steuerprüfer erlaubt, in Anwesenheit des inländischen Steuerprüfers eigene Untersuchungen in Deutschland durchzuführen. Umgekehrt gilt dies auch für inländische Steuerprüfer im Ausland. Bei gemeinsamen Steuerprüfungen mit Drittstaaten wird jedoch kein aktives Untersuchungsrecht gewährt.

Der Prozess in Deutschland

In Deutschland koordiniert das Bundeszentralamt für Steuern ("BZSt") eingehende und ausgehende Steuerprüfungsanträge. Das Bundeszentralamt für Steuern informiert das zuständige Finanzamt und den Bundesrechnungshof über eingehende Prüfungsvorschläge aus dem Ausland.

Wegen des Eingriffs in die Rechte der Steuerzahler muss der Steuerzahler zum Zeitpunkt des grenzüberschreitenden Informationsaustauschs bereits als Zielgesellschaft für eine gemeinsame Steuerprüfung zum Zweck der Bewertung formiert worden sein. Eine Anhörung des Steuerzahlers ist jedoch entbehrlich, wenn der Erfolg der gemeinsamen Steuerprüfung durch die erste Anhörung gefährdet ist. Die Steuerbehörden müssen aber die Zustimmung der Steuerzahler einholen, wenn ein aktives Untersuchungsrecht gewünscht wird.

Gegen den Informationsaustausch im Rahmen der gemeinsamen Betriebsprüfung und gegen die Anwesenheit ausländischer Betriebsprüfer kann der Steuerpflichtige beim Bundeszentralamt für Steuern Einwendungen erheben. Hält das Bundeszentralamt für Steuern die Einwendungen für begründet, darf die gemeinsame Betriebsprüfung nicht durchgeführt werden. Die Erlaubnis der Finanzbehörden zur Durchführung einer "einfachen" inländischen Betriebsprüfung wird durch die Einwendungen jedoch nicht berührt.

Grenzüberschreitende Rechtsfragen

Aufgrund des Mangels an einheitlichen gesetzlichen Bestimmungen zur Durchführung gemeinsamer Steuerprüfungen in mehreren Ländern gibt es derzeit verschiedene offene Rechtsfragen.

Aufgrund des international besetzten Steuerprüfungsteams werden steuerlich relevante Informationen bereits im Rahmen der Ermittlungen offengelegt. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, welche Informationen den ausländischen Steuerbehörden gesetzlich erlaubt sind. Die rechtliche Grundlage für die Auskunftserteilung muss klar und präzise geregelt sein (Bundesverfassungsgerichtsbeschluss 1550/03). Ob der geltende Art. 26 OECD-Musterabkommen diesem Zweck dient, erscheint fraglich, zumal er kaum auf die Durchführung gemeinsamer Steuerprüfungen Bezug nimmt.

Im Zusammenhang mit der Informationsweitergabe muss sichergestellt werden, dass das Steuergeheimnis im Ausland gewährleistet ist. Regelmäßig sieht das Ausland Regelungen vor, die von den deutschen Vorschriften zum Steuergeheimnis abweichen. Auch Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes erscheinen angebracht, da derzeit keine Verpflichtung besteht, bei gemeinsamen Steuerprüfungen einen gegenseitigen Datenschutz zu vereinbaren.

Eine Verpflichtung zur Vermeidung internationaler Steuerkonflikte (z.B. Doppelbesteuerung) findet sich nur in den Vorschriften über Verständigungs- und Schiedsverfahren (Art. 25 OECD-Musterabkommen). Führt die gemeinsame Steuerprüfung nicht zu einer einvernehmlichen Feststellung, sondern zu internationalen Steuerkonflikten, bleibt dem Steuerpflichtigen nur die Möglichkeit, im Anschluss an die gemeinsame Steuerprüfung ein Verständigungsverfahren einzuleiten. Dies widerspricht aufgrund der in der Regel langen Dauer von Verständigungs- und Schlichtungsverfahren dem Zweck einer schnellen Feststellung des Sachverhalts im Rahmen einer gemeinsamen Steuerprüfung.

Fazit

Einheitliche rechtsverbindliche Bestimmungen für alle Länder zur Durchführung gemeinsamer Steuerprüfungen sollten in naher Zukunft eingeführt werden. Gemeinsame Steuerprüfungen können vor allem für multinationale Unternehmen wegen der kürzeren Dauer aufgrund der Kombination mehrerer internationaler Steuerprüfungen vorteilhaft sein. Dies kann zu einer zeiteffizienten Untersuchung des Falles, weniger Verwaltungsaufwand und einer schnelleren Erreichung von Rechtssicherheit führen.

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