Bundesfinanzhof: Sperrfristregelung im Einkommensteuergesetz § 6 unterliegt Einschränkungen
Sperrfristregelung im Einkommensteuergesetz
04.03.2022 – München. Der BFH hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem eine GmbH (Klägerin) im Veranlagungszeitraum 2011 eine GmbH & Co. KG gegen Gewährung von 100 % der Gesellschaftsrechte neu gründete und im Zuge dessen einzelne Wirtschaftsgüter in die KG nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zum Buchwert einbrachte. In den Jahren 2011 und 2014 veräußerte die Klägerin jeweils 30 % ihrer Beteiligung an der KG an eine GmbH. Im Rahmen der Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Position, dass die Veräußerungen zu einem rückwirkenden Teilwertansatz nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG führen.
Der BFH folgt dem nicht und bestätigt die Auffassung der hier beratenden steuerlichen Vertreter der Revisionsbeklagten von Mazars und der Vorinstanz des FG München (FG München v. 10.7.2019 – 7 K 1253/17). Ein rückwirkender Teilwertansatz ist nicht vorzunehmen. Denn die Norm des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG kann im Wege einer teleologischen Reduktion nicht herangezogen werden, wenn die nachträgliche Begründung oder Erhöhung des Anteils einer Körperschaft an den zuvor nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgütern zum Teilwert und unter Aufdeckung der stillen Reserven erfolgt.
In Anbetracht des Gesetzeszweckes, missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern, liegt im Urteilsfall gerade kein Missbrauchstatbestand vor. Denn die Norm des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG ist nur auf derartige Fälle anzuwenden, denen eine steuerliche Buch- oder Zwischenwertübertragung zugrunde liegt. Im vorliegenden Fall kam es im Zuge der Veräußerung der Anteile zu einem fremdüblichen Preis zu einer Teilwertrealisation mit der Folge der Aufdeckung der stillen Reserven.
„Mit dem Urteil offenbart sich eine generelle Fehleranfälligkeit der Sperrfristregelung. Denn sobald das Tatbestandsmerkmal der ‚Begründung oder Erhöhung eines Anteils aus einem anderen Grund‘ innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist aus § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG erfüllt ist, greift schon die Rechtsfolge. Indes fehlt es im Gesetzeswortlaut an der Klarstellung, dass dies nur insoweit für Vorgänge mit Buch- oder Zwischenwertansatz gilt“, ordnet Marcus von Goldacker, Partner International/M&A Tax bei Mazars in Deutschland und Global Head of Corporate Tax, die Tragweite des BFH-Urteils ein.
„Außerdem habe der Gesetzgeber im Bereich der Gewerbesteuer bereits eine eigenständige Missbrauchsregelung in § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG geschaffen, die hier aber gerade nicht eingreift“, erläutert Florian Mengele, Partner International/M&A Tax bei Mazars in Deutschland und Global Tax Disputes Resolution & Prevention Group Executive.
Der BFH bestätigt damit nun höchstrichterlich die bisherige finanzgerichtliche Rechtsprechung. Bereits das FG Münster (FG Münster v. 24.6.2020 – 13 K 3029/18 F, Rev. eingelegt BFH Az. I R 43/20) vertrat jüngst zu einem ähnlichen Sachverhalt die gleiche Auffassung. Insbesondere die siebenjährige Sperrfrist, die eine Überwachung dieses Zeitraums durch den Steuerpflichtigen notwendig macht, führt in der Praxis oftmals zu Problemen, sofern weitere Umstrukturierungen geplant sind. Obschon sich die Finanzverwaltung nicht abschließend zu dieser Rechtsfrage geäußert hat, können sich Steuerpflichtige gleichwohl in ähnlichen Sachverhalten nun auf die Rechtsprechung des BFH berufen.
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