Steuerbegünstigungen für sog. „Unternehmen in Schwierigkeiten“

Zahlreiche Steuerbefreiungen und Steuerentlastungen nach dem Strom- und Energiesteuergesetz (Strom- und EnergieStG) fallen in den Anwendungsbereich des Europäischen Beihilfenrechts. Im Beihilfenrecht sind für sog. „Unternehmen in Schwierigkeiten“ (UiS) Besonderheiten zu beachten.

Das gilt unter anderem für die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG sowie die Steuerentlastungen nach §§ 53a und 54 EnergieStG, die bei der dezentralen Energieversorgung eine große Rolle spielen. Aufgrund eines aktuellen Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) und einer Änderung der Praxis der Zollverwaltung wird es für UiS künftig schwieriger, Steuervorteile nach dem StromStG und dem EnergieStG in Anspruch zu nehmen.

Was ist ein UiS?

Wann ein Unternehmen als UiS anzusehen ist, ist im Europäischen Beihilfenrecht geregelt. Ein UiS ist beispielsweise eine GmbH, bei der mehr als die Hälfte des Stammkapitals durch Verluste verloren gegangen ist, oder eine KG, bei der mehr als die Hälfte der Eigenmittel durch Verluste aufgebraucht ist. Daher können Unternehmen auch dann UiS sein, wenn sie sich tatsächlich gar nicht in einer wirtschaftlichen Krise befinden. Auch wenn eine positive Fortführungsprognose besteht und davon auszugehen ist, dass das Unternehmen nicht insolvenzbedroht ist, können die Voraussetzungen eines UiS vorliegen. Das hat der BFH nun mit dem Urteil vom 7. Oktober 2024 (Az. VII R 14/21) entschieden.

Der BFH hat in seinem Urteil klargestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einstufung eines Unternehmens als „in Schwierigkeiten“ nach § 2a Abs. 2 Satz 1 StromStG bindend sind. Dies bedeute, dass ein Unternehmen zwingend als „in Schwierigkeiten“ anzusehen sei, wenn die im Gesetz festgelegten Kriterien erfüllt sind. Der BFH betont, dass es sich hierbei um eine bindende Feststellung des Gesetzgebers handele und nicht etwa um eine gesetzliche Vermutung, die widerlegt werden kann. Die Feststellung basiere auf objektiven, im Gesetz klar definierten Kriterien. Der BFH argumentierte, dass diese objektiven Kriterien sicherstellen sollen, dass die Einstufung einheitlich und vorhersehbar erfolgt. So könne Missbrauch verhindert und die Rechtssicherheit gewährleistet werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt in dem vom BFH entschiedenen Fall ist, dass eine Fortführungsprognose bereits gar kein Prüfungskriterium darstellt.

Viele Unternehmen haben diese Situation in der Vergangenheit mit einer sog. Patronatserklärung oder mit einem qualifizierten Rangrücktritt gelöst. Mit einer Patronatserklärung versprechen die Gesellschafter verbindlich, unbeschränkt für die Verbindlichkeiten des Unternehmens einzustehen. Bis zum Wirtschaftsjahr 2024 hat die Zollverwaltung Patronatserklärungen anerkannt und über das Vorliegen der UiS-Voraussetzungen nicht für relevant angesehen. Nach einer Verfügung der Generalzolldirektion wird diese Praxis ab 2025 beendet, sodass Patronatserklärungen künftig nicht mehr weiterhelfen. Die Haltung der Zollverwaltung in dieser Frage wird also immer strenger, da Gesellschafterdarlehen mit einem qualifizierten Rangrücktritt bereits seit 2022 nicht mehr anerkannt werden.

Welche Folgen hat die geänderte Praxis?

Ob ein Unternehmen als UiS anzusehen ist, ist nicht nur für die Steuerbegünstigungen nach dem StromStG und dem EnergieStG relevant. Auch im Zusammenhang mit Umlagebegrenzungen nach den §§ 29 ff. Energiefinanzierungsgesetz (EnFG) oder bei der Beantragung von Fördermitteln ist zu prüfen, ob die Antragstellerin als UiS anzusehen ist.

Unternehmen, die in der Vergangenheit Beihilfen in Anspruch genommen haben, sollten die geänderte Praxis daher im Blick haben. Die Kriterien eines UiS unterscheiden sich aufgrund des BFH-Urteils und der geänderten Praxis der Zollverwaltung nunmehr deutlich von den Kriterien des insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus. Die Instrumente, mit denen eine bilanzielle Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung beseitigt werden kann, können den UiS-Status im Strom- und EnergieStG regelmäßig nicht mehr beseitigen. 

Autoren: Yannick Bothe, Dr. Gregor Weimer

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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