Verfahrensrechtliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2022
Verfahrensrechtliche Änderungen
Kernaussagen
Wesentliche verfahrensrechtliche Änderungen sind:
- Die Finanzämter dürfen den Strafverfolgungsbehörden Daten im Zusammenhang mit coronabedingten Leistungen aus öffentlichen Mitteln für die Durchführung von Strafverfahren wegen zu Unrecht erlangter Leistungen offenbaren (§ 31a Abs. 1 S. 2 AO).
- Sofern Steuerverwaltungsakte, z. B. Allgemeinverfügungen zur Entscheidung über Masseneinsprüche, öffentlich bekannt gemacht werden dürfen, kann dies auch durch Bekanntmachung auf einer Internetseite der Finanzverwaltung oder in ihrem elektronischen Portal öffentlich erfolgen (§ 122 Abs. 5 S. 2 und 4 AO).
- Nach den Steuermessbescheiden (gemäß § 184 Abs. 3 S. 2 AO) werden nun auch die Bescheide über die Zerlegung des Steuermessbetrags (gemäß § 188 Abs. 1 S. 2 AO) elektronisch bereitgestellt, wodurch die Digitalisierung der Steuerverwaltung bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer wieder einen Schritt vorankommt.
- Bei Haftungsbescheiden ohne Zahlungsaufforderung beginnt die Zahlungsverjährung nicht mehr mit der Wirksamkeit des Haftungsbescheids, sondern erst mit Ablauf des Jahres, in dem die (spätere) Zahlungsaufforderung ergangen ist, spätestens jedoch fünf Jahre, nachdem der Haftungsbescheid wirksam geworden ist (§ 229 Abs. 2 AO).
- Per se ist der Ablauf der Zahlungsverjährung nunmehr so lange gehemmt, solange die Festsetzungsfrist für den zugehörigen Steueranspruch noch nicht abgelaufen ist (§ 230 Abs. 2 AO).
- Die Vollstreckungsbeamten dürfen die Unterstützung der Polizei in Anspruch nehmen, wenn für sie Gefahr für Leib oder Leben besteht (§ 249 Abs. 3 AO).
- Bisher führt eine Selbstanzeige nur dann zur Straffreiheit, wenn anschließend auch die Steuern sowie die Hinterziehungszinsen vollständig fristgerecht gezahlt werden. Dies wurde für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben um die Zahlung der dort entstehenden Verzugszinsen erweitert (§ 371 Abs. 3 S. 1 AO).
- Gleiches gilt für das Absehen von Strafverfolgung in den besonders schweren Fällen, bei denen neben den Steuern und Hinterziehungszinsen (nunmehr auch Verzugszinsen) gemäß § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO noch ein Strafzuschlag gezahlt werden muss.
Bedeutung für die Praxis
Wie man dem Kerninhalt der Änderungen entnehmen kann, nimmt einerseits die Digitalisierung des Steuerverfahrensrechts zu und andererseits sichern sich die Finanzbehörden stärker dagegen ab, mit ihren Steuerforderungen leer auszugehen. Insbesondere, was die Digitalisierung angeht, wäre es wünschenswert, dass die Steuerpflichtigen und ihre Berater*innen künftig noch mehr Daten digital erhalten können (z. B. Betriebsprüfungsberichte), um sie automatisch prüfen, auswerten und verarbeiten zu können.
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Autor
Bernd Schult
+49 30 208 88 1340
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.