Erträge aus (stiller) Mitarbeiterbeteiligung als Kapitaleinkünfte

Beteiligt sich ein Arbeitnehmer als Gesellschafter an seinem Arbeitgeber, so gehören die Erträge aus der Beteiligung zu Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Arbeitnehmer die Beteiligung zum aktuellen Marktwert erworben hat und gesellschaftertypische Verlustrisiken trägt. Das Arbeitsverhältnis spielt in diesen Fällen für die Einkünftequalifizierung keine Rolle, da die Gesellschaftsbeteiligung als eigenständige Erwerbsgrundlage angesehen wird. Das FG Baden-Württemberg hatte in einem im November 2022 veröffentlichten Urteil vom 1. April 2022 (5 K 1635/20) zu entscheiden, ob diese Grundsätze auch bei einer stillen Beteiligung (§§ 230 ff. HGB) gelten.

Hintergrund

Für Kapitalerträge gilt grds. ein Steuersatz von 25 %. Auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit wird dagegen der meist höhere persönliche Steuersatz angewendet. Die Abgrenzung beider Einkunftsarten ist daher in der Praxis bedeutsam. Gleichzeitig ist diese Abgrenzung vergleichsweise streitanfällig. Denn nach der recht weiten Definition gehören zu den Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit alle Güter in Geld oder Geldeswert, die dem Arbeitnehmer anlässlich seines Dienstverhältnisses zufließen und sich als Gegenleistung für den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers darstellen. Eine eigene Kapitalbeteiligung des Arbeitnehmers an seinem Arbeitgeber kann eine eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage sein. Für den Charakter einer Beteiligung als eigenständige Erwerbsgrundlage spricht es insbesondere, wenn Arbeitsvertrag und Beteiligungsvertrag weitgehend unabhängig voneinander sind, die Beteiligung zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt.

Entscheidung des FG

Das FG Baden-Württemberg hatte nun eine Einkünftequalifizierung für eine stille Beteiligung vorzunehmen, die ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitgeber, einer KG, eingegangen war. Bisher hatte die Rechtsprechung vor allem Fälle zu entscheiden, in denen der Arbeitnehmer gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erworben hatte. Das FG kam zu dem Ergebnis, dass bei einer typischen, dem Leitbild des HGB entsprechenden stillen Beteiligung die Kriterien für eine eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage erfüllt seien. Im entschiedenen Fall war das mit der Beteiligung verbundene Verlustrisiko des stillen Gesellschafters sogar noch dadurch erhöht, dass er für seine Abfindungsforderung aus der stillen Gesellschaft einen Rangrücktritt hinter die Verbindlichkeiten der KG erklärt hatte. Der Arbeitnehmer hatte daher nach Ansicht des FG seine Einkünfte aus der stillen Beteiligung zu Recht als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG versteuert.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil des FG bestätigt die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung zu Kapitalbeteiligungen von Arbeitnehmern an ihren Arbeitgebern und überträgt diese auf eine Beteiligung des Arbeitnehmers als stiller Gesellschafter. Dennoch ist aktuell unter dem Aktenzeichen Az. VIII R 10/22 die Revision beim BFH anhängig. Ein Grund hierfür mag sein, dass das Sächsische Finanzgericht mit Urteilen vom 25. November 2021 (Az. 8 K 438/21 und 8 K 849/21) in Erträgen aus stillen Beteiligungen von Mitarbeitern an ihren Arbeitgebern Lohneinkünfte sah. In den dort entschiedenen Fällen waren die stillen Beteiligungen jedoch an das Arbeitsverhältnis gekoppelt und die Arbeitnehmer hatten ihrem Arbeitgeber kein Kapital überlassen, sondern die Kapitaleinlage der stillen Beteiligung durch Gewinnzuweisungen aufgebaut. Daraus wird deutlich, dass bei der dargelegten Problematik regelmäßig eine genaue Betrachtung aller Gesamtumstände erforderlich ist.

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Autor

Thomas Kriesel
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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