Mazars erstreitet Grundsatzurteil zur beschränkten Erbschaftsteuerpflicht bei Erwerben durch Vermächtnisse

Keine Erbschaftsteuer bei Erwerb von Grundbesitz durch ausländisches Vermächtnis

Der BFH hat mit Urteil vom 23. November 2022 (II R 37/19) entschieden, dass ein Vermächtnis an einem inländischen Grundstück nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt.

Sachverhalt

Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin lebte bis zu ihrem Tod in der Schweiz. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte einen Anteil an einem Grundstück in München. Der BFH hatte nun zu entscheiden, ob dieses Vermächtnis in Deutschland der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht unterliegt.

Hintergrund

Der Erbschaftsteuer unterliegt u. a. der Erwerb von Todes wegen, zu dem auch Erwerbe durch Vermächtnisse gehören. Ein steuerpflichtiger Erwerb liegt allerdings nur dann vor, wenn neben der sachlichen Steuerpflicht auch die sog. persönliche Steuerpflicht erfüllt ist. Das Erbschaftsteuergesetz unterscheidet hierbei zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht ist insbesondere dann gegeben, wenn Erblasser oder Erbe als sog. Inländer ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland unterhalten.

Fehlt eine persönliche Anknüpfung der beteiligten Personen an das Inland, unterliegt der Erwerb der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, wenn der Vermögensanfall aus sog. Inlandsvermögen besteht. Was aufgrund der sachlichen Anknüpfung als Inlandsvermögen gilt, ist im enumerativen Katalog des § 121 BewG abschließend geregelt. Zum Inlandsvermögen gehört u. a. das inländische Grundvermögen.

Kernaussage

Der BFH hat eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht des Grundstücksvermächtnisses verneint. Bei einem Vermächtnis handelt es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an dem vermachten Gegenstand. Ein solcher „Sachleistungsanspruch“ stellt lediglich ein Forderungsrecht dar und ist nicht mit dem in § 121 BewG genannten inländischen Grundbesitz gleichzusetzen. Gegenstand des Erwerbs war vorliegend nicht das Grundstück selbst, sondern der Anspruch auf Verschaffung von Eigentum an einem Grundstück. Dieser schuldrechtliche Anspruch stellt kein Inlandsvermögen dar. Insoweit muss zwischen dem Vermächtnis als schuldrechtlichen Anspruch und der Sache, auf das sich das Vermächtnis bezieht, unterschieden werden.

Ein entsprechendes Forderungsrecht oder ein Anspruch auf Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück wird in § 121 BewG nicht genannt, sodass kein der Besteuerung unterliegendes Inlandsvermögen vorliegt. Eine Auslegung über den Wortlaut des § 121 BewG hinaus sei vorliegend nicht geboten, da die Regelung insoweit eindeutig sei.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist aus Sicht ausländischer Steuerpflichtiger sehr erfreulich. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung und der Gesetzgeber auf die Entscheidung reagieren werden. In geeigneten Fällen könnten vorsorglich Testamente unter Ausnutzung der vorliegenden Gesetzeslücke angepasst werden, um Inlandsvermögen der deutschen Besteuerung zu entziehen.

Für Erbfälle im EU-Ausland ist aufgrund der seit 2015 in Kraft getretenen EU-Erbrechtsverordnung jedoch Vorsicht geboten: In einigen EU-Ländern entfaltet ein ausländisches Vermächtnis unmittelbare Wirkung, sodass die begünstigte Person unmittelbar Eigentum an der vermachten Sache erwirbt.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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