Internationales Steuerrecht
Internationales Steuerrecht
Zur Anerkennung von Teilwertabschreibungen auf grenzüberschreitende Gesellschafterdarlehen
Die Entscheidung des BFH vom 17.12.2014 (I R 23/13) ist in mehrfacher Hinsicht für Unternehmen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen innerhalb eines Konzerns von Bedeutung. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine deutsche Muttergesellschaft stellte ihrer US-Tochter in den Jahren 2004 bis 2007 unbesicherte verzinsliche Darlehen zur Verfügung. Bereits zum Zeitpunkt der Darlehensgewährungen war die US-Tochter bilanziell überschuldet und litt zudem an Liquiditätsengpässen. Die Forderungen wurden jeweils bereits im ersten Jahresabschluss nach Hingabe vollständig wertberichtigt. Das Finanzamt erkannte die Wertberichtigungen dem Grunde nach an, rechnete Sie aber nach § 1 Abs. 1 AStG und unter Verweis auf das einschlägige BMF-Schreiben vom 29.3.2011 zu Teilwertabschreibungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen wieder hinzu.
In seiner Urteilsbegründung führt das Gericht insbesondere das Folgende aus:
- Der BFH bestätigt ausdrücklich Rz. 13 des BMF-Schreibens, wonach der sogenannte Konzernrückhalt die ansonsten unter fremden Dritten üblicherweise vereinbarten Sicherheiten ersetzen kann. Ein Konzernrückhalt liegt vor, solange der beherrschende Gesellschafter die Zahlungsfähigkeit der Tochtergesellschaft sicherstellt, solange diese also ihren Außenverpflichtungen nachkommt (vgl. BFH-Urteil Rz. 23, BMF-Schreiben, Rz. 11). Wenn also im vorliegenden Fall davon auszugehen war, dass die deutsche Muttergesellschaft die Zahlungsfähigkeit ihrer US-Tochter gewährleistet, lag ein Konzernrückhalt vor und es bestand bereits auf bilanzsteuerrechtlicher Ebene kein Raum für eine Teilwertabschreibung. Dieser Fragestellung ist das vorinstanzliche FG jedoch gar nicht nachgegangen, sondern hat die Teilwertabschreibung als zutreffend erachtet und den Fall auf der dieser Prüfung nachgelagerten Ebene des §1 Abs. 1 AStG entschieden. Aus diesem Grund hat der BFH den Fall wieder an das FG zur Sachverhaltsklärung zurückverwiesen. Dabei gibt er dem FG auf, den Sachverhalt daraufhin zu prüfen, ob Darlehens- und Zinsforderungen überhaupt aktiviert werden durften. Dabei ist neben der Berechtigung der Teilwertabschreibung trotz möglicherweise bestehendem Konzernrückhalt auch die Frage zu klären, ob der vereinbarte Zins angemessen war.
- Das Gericht stellt insbesondere auch klar, dass im Fall einer bilanzsteuerrechtlich zutreffenden Teilwertabschreibung eine anschließende Hinzurechnung nach § 1 Abs. 1 AStG nur unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des jeweiligen DBA in Frage kommt. Die Anwendung nationaler Einkünftekorrekturvorschriften wie § 1 Abs. 1 AStG ist unter Berücksichtigung der Sperrwirkung des in Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens verankerten Prinzips „dealing at arm’s length“ nur zulässig, wenn ein nicht fremdvergleichskonformer Preis vereinbart ist. Nationale Korrekturen, die neben der Preiskomponente auch auf den Fremdvergleich dem Grunde nach abstellen, werden gesperrt. Die fremdunübliche Hingabe oder Abschreibung eines unbesicherten Darlehens kann also keine Korrektur begründen. Lediglich die Korrektur der Preiskomponente, hier die Höhe der Zinsen, liegt innerhalb des durch das DBA eingeschränkten Anpassungsrahmens. Für die Ermittlung der Höhe des fremdvergleichskonformen Zinssatzes bezieht der BFH einen ggf. bestehenden Konzernrückhalt mit ein. Fehlende Sicherheiten können durch den Konzernrückhalt ersetzt werden, sodass ein Risikozuschlag beim Zins nicht gerechtfertigt ist.
Aus dem Urteil lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:
- Der BFH bestätigt die Finanzverwaltung bei ihrer Auffassung zum Konzernrückhalt, wonach die fehlende Besicherung eines grenzüberschreitenden Gesellschafterdarlehens durch den Rückhalt im Konzern ersetzt werden kann. Die unterbliebene Besicherung eines grenzüberschreitenden Konzerndarlehens rechtfertigt deshalb ggf. weder einen erhöhten Zins noch eine Teilwertabschreibung, wenn ein Konzernrückhalt greift.
- Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens kann gegenüber dem deutschen nationalen Steuerrecht eine Sperrwirkung entfalten.
Pauschale Besteuerung intransparenter Fonds im Drittland europarechtskonform?
Nachdem der EuGH im Urteil C-326/12 (van Caster und van Caster) entschieden hat, dass eine pauschale Besteuerung von Erträgen aus intransparenten Investmentfonds innerhalb der EU ohne die Möglichkeit des Nachweises der tatsächlich erzielten Erträge gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt (vgl. Newsletter 1/2015), ging es in dem Verfahren C-560/13 (Wagner-Raith) um die Zulässigkeit einer pauschalen Besteuerung von Erträgen aus intransparenten Drittlandsfonds. Grundsätzlich ist auch bei Drittstaaten die Kapitalverkehrsfreiheit einzuhalten. Nach der Stillhalteklausel (Art. 64 AEUV – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) können EU-Mitgliedstaaten Beschränkungen gegen Drittstaaten jedoch beibehalten, wenn diese bereits zum 31.12.1993 bestanden haben. Die im Urteilsfall strittige Regelung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG bestand bereits im Wesentlichen unverändert seit dem 31.12.1993 und kann damit grundsätzlich unter Art. 64 AEUV fallen. Weitere Voraussetzung ist, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Kapitalbewegung und der Erbringung der Finanzdienstleistung besteht. Der EuGH bejaht dies, da dem Anleger dank der Dienstleistung des Fonds u. a. eine größere Diversifikation der Vermögenswerte ermöglicht wird und er von einer besseren Risikoverteilung profitieren kann.
Für Anleger, die in intransparente Drittlandsfonds investieren, bedeutet dieses neue EuGH-Urteil einen Nachteil, soweit sie in der Lage gewesen wären, die tatsächlichen Einkünfte nachzuweisen. Durch das Urteil sah sich das Bundesfinanzministerium veranlasst, das BMF-Schreiben vom 04.02.2015 (in dem unter anderem eine ausführliche Liste der beizubringenden Unterlagen zum Nachweis der Einkünfte enthalten ist) dahingehend einzuschränken, dass es nur noch für Erträge aus EU-/EWR-Investmentfonds Anwendung findet (BMF-Schreiben vom 28.07.2015). Einen Nachweis der tatsächlich erzielten Einkünfte lässt die Finanzverwaltung folglich für Investitionen in Drittlandsfonds nicht mehr zu.
Bescheide können derzeit dennoch durch Einsprüche offengehalten werden, da weiterhin ein Verfahren zu intransparenten Drittlandsfonds vor dem BFH anhängig ist (BFH VIII R 27/12). Fraglich könnte nach Ansicht von Kommentatoren sein, ob § 6 InvStG dem § 18 AuslInvestmG vergleichbar ist und damit die Norm im Wesentlichen unverändert bestanden hat (dann käme auch ab 2004 die Stillhalteklausel zum Ansatz). Ein weiteres Verfahren (VIII R 2/09) ist bis zur Entscheidung in der Rechtssache C-560/13 zurückgestellt, da es ebenfalls die Pauschalierung nach § 18 AuslInvestmG beinhaltet. Strittig ist in dem Verfahren zudem der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens. Ein drittes vor dem BFH anhängiges Verfahren (VIII R 36/12) ist zwischenzeitlich in der Hauptsache erledigt (der BFH hatte nur über die Kosten zu entscheiden), sodass es nicht mehr für Einsprüche herangezogen werden kann.