Zuwendungen an Arbeitnehmer: Arbeitslohn oder Schenkung?

Das FG Bremen stellt mit Urteil vom 27. Januar 2022 (1 K 152/21) klar, dass es in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung unterliegt, ob eine Zuwendung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer als Arbeitslohn oder als Schenkung zu beurteilen ist.

Hintergrund

In einer Familienunternehmensgruppe wurden Gesellschaftsanteile an Familienangehörige geschenkt, die kaufmännische Mitarbeiter und Prokuristen in der Unternehmensgruppe waren. Zudem wurde in der Präambel der Gesellschaftsverträge neu geregelt, dass die durch Schenkung erworbene Gesellschafterstellung eine Tätigkeit in der Familienunternehmensgruppe voraussetzt.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung wurde die Zuwendung im Fall des FG Bremen entgegen der Auffassung des Schenkungsteuerfinanzamtes als Arbeitslohn beurteilt und entsprechend der Einkommensteuer unterworfen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Kernaussage

Bezüge und Vorteile sind durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und als Arbeitslohn zu beurteilen, wenn die vom Arbeitgeber zugewendeten Vorteile als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zu beurteilen sind. Die dem Arbeitnehmer zugewendeten Vorteile müssen sich „als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber“ darstellen und mit dem Dienstverhältnis im Zusammenhang stehen. Erfolgt die Zuwendung hingegen aufgrund anderer Rechtsbeziehungen und ist selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis, handelt es sich um eine Schenkung.

Das FG Bremen stellt klar, dass es bei der steuerlichen Beurteilung, ob eine Zuwendung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer als einkommensteuerbarer Lohn oder als schenkungsteuerpflichtige Schenkung zu betrachten ist, auf die Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles ankommt. Maßgebend sind die objektiven Umstände, deren steuerliche Bedeutung zu würdigen sind. Die persönlichen Auffassungen und Beurteilungen der Beteiligten sind dabei außer Acht zu lassen.

Bedeutung für die Praxis

Die langsame und langfristige Heranführung des Nachfolgers über die anfängliche Mitarbeiterstellung zum Geschäftsführer, zum Minderheitsgesellschafter und schlussendlich zum Mehrheitsgesellschafter kann gerade in Familienunternehmen – sowohl bei der familiären als auch bei der externen Nachfolge – erfolgversprechender sein als eine plötzliche Nachfolge. Da gerade bei der stufenweisen Nachfolgeplanung die Problematik der Zurechnung von Zuwendungen zum einkommensteuerbaren Lohn oder zur schenkungsteuerpflichtigen Schenkung auftritt, sollte von Anfang an darauf geachtet werden, dass die unentgeltliche Übertragung von Gesellschaftsanteilen zweifelsfrei der Unternehmensnachfolge zugerechnet wird und nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht. Eine Anteilsübertragung darf nicht als Gegenleistung für frühere oder künftige Dienste erscheinen. Gerade vor dem Hintergrund, dass das Einkommensteuerrecht anders als das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht keine Begünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen kennt, können sich aus der jeweiligen Zuordnung der Zuwendung gravierende Steuerunterschiede ergeben.

Die Hauptmotive und -kriterien der Nachfolgeplanung des Familienunternehmens sollten so früh wie möglich schriftlich festgehalten werden. Dies kann z. B. über Gesellschafterbeschlüsse oder eine Familienverfassung dokumentiert werden, auf die in Schenkungs- und Gesellschaftsverträgen Bezug genommen werden sollte. Das Motiv der Regelung zur Unternehmensnachfolge muss nach dem Gesamtbild aller Umstände im Vordergrund stehen.

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Autorin

Denize Hummel
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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