Debt Mezzanine Swap zur Vermeidung der bilanziellen Überschuldung unter Berücksichtigung des vierten Corona-Steuerhilfegesetzes
Debt Mezzanine Swap Vermeidung der Überschuldung
I. Ausgangslage
Aufgrund der aktuellen Energiekrise geraten viele Unternehmen in eine wirtschaftlich angespannte Situation. Einschlägige Modelle für die Behebung einer bilanziellen Überschuldung, wie bspw. der Debt Equity Swap, führen in der Regel zu negativen steuerlichen Auswirkungen, sodass eine Umsetzung regelmäßig an ebendiesen steuerlichen Auswirkungen scheitert. Aus diesem Grund kann der sog. Debt Mezzanine Swap in der steuerlichen Restrukturierungspraxis eine geeignete Maßnahme darstellen. Bei einem Debt Mezzanine Swap werden bestehende Verbindlichkeiten durch vertragliche Gestaltung in Genussrechte gewandelt, sodass diese in der Handelsbilanz als Eigenkapitalposition und in der Steuerbilanz weiterhin als Fremdkapital qualifizieren können.
II. Bilanzieller Ausweis des Debt Mezzanine Swap
1. Handelsbilanzieller Ansatz
Genussrechte sind Finanzinstrumente, die auf einem schuldrechtlichen Vertrag beruhen. Der Genussrechtsemittent gewährt dem Genussrechtsinhaber als Gegenleistung für die Überlassung von Kapital Vermögensrechte, die dem Grunde nach ausschließlich gegenüber Gesellschaftern bestehen (insbesondere Beteiligung am Gewinn und/oder am Liquidationserlös). Genussrechte vermitteln jedoch keine Gesellschafterrechte, sodass das Genussrecht stets einen schuldrechtlichen Charakter beibehält. Genussrechte können jedoch bilanziell, je nach Ausgestaltung, sowohl als Fremdkapital als auch als Eigenkapital auszuweisen sein. Genussrechte sind nach Ansicht des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften dann im „Eigenkapital“ als gesonderte Position zu zeigen, wenn das Genussrecht die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung, Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe, Langfristigkeit der Kapitalüberlassung.
2. Steuerbilanzieller Ansatz bei Kapitalgesellschaften
Grundsätzlich gilt das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ermittelte Betriebsvermögen aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes auch für die Steuerbilanz, sofern nicht durch Ausübung steuerlicher Wahlrechte oder durch steuerliche Bilanzierungsverbote eine Anpassung notwendig ist.
Die im EStG (insb. in den §§ 5–7 EStG) normierten bilanzsteuerrechtlichen Vorschriften enthalten keine Aussage zu der Passivierung von Genussrechten.
Im Sinne einer einheitlichen Rechtsauslegung stuft die Finanzverwaltung durch abgestimmte Verfügungen der Länder das Genussrechtskapital stets als Fremdkapital ein. So definiert die Finanzverwaltung das Genussrechtskapital wie folgt[1]:
„1. Genussrechtskapital ist nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit anzusetzen.
2. Vergütungen auf dieses Genussrechtskapital sind grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig. Sie mindern, vorbehaltlich § 8 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 KStG, grundsätzlich das Einkommen.“
Diese Verfügung sollte so auszulegen sein, dass das Genussrecht unabhängig vom handelsbilanziellen Ausweis aufgrund seines schuldrechtlichen Charakters stets als Fremdkapital zu berücksichtigen ist.
III. Steuerbilanzielle Anschlussfragen
1. Aufschub der Passivierung i. S. d. § 5 Abs. 2a EStG
Gemäß IDW erfordert der handelsrechtliche Ausweis des Genussrechts als Eigenkapital, dass das überlassene Kapital im Liquidationsfall erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger, deren Kapitalüberlassung nicht als Eigenkapital qualifiziert, zurückgezahlt wird. Darüber hinaus ist für den handelsrechtlichen Eigenkapitalausweis die Vergütung für die Überlassung des Genussrechts an zukünftige Gewinne zu knüpfen, sodass steuerbilanziell grds. § 5 Abs. 2a EStG greifen könnte, da die Verpflichtung nur zu erfüllen ist, soweit künftig Einnahmen bzw. Gewinne anfallen. In diesem Fall würde eine Passivierung in der Steuerbilanz ausscheiden. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Verbindlichkeit bspw. aufgrund eines „einfachen“ Rangrücktritts lediglich aus künftigen Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss bedient wird. Sofern jedoch durch einen „qualifizierten“ Rangrücktritt zusätzlich eine Befriedigung aus dem sonstigen „freien Vermögen“ oder einem etwaigen Liquidationserlös vereinbart wird, findet nach h. M. das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG keine Anwendung. Es verbleibt somit bei der Passivierung der Verbindlichkeit. Auch die teilweise Gewinnabhängigkeit der Vergütung des Genussrechts steht dem nicht entgegen.
2. Drohender Abzinsungsgewinn i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgrund fehlender Verzinslichkeit – Änderung durch das vierte Corona-Steuerhilfegesetz
Aufgrund der Langfristigkeit der Kapitalüberlassung des Genussrechts als Voraussetzung für die Qualifikation als Eigenkapital in der Handelsbilanz, liegt zum Abschlussstichtag grundsätzlich eine Laufzeit von mehr als zwölf Monaten vor. Steuerrechtlich unterlag das Genussrecht, welches für steuerbilanzielle Zwecke weiterhin als Verbindlichkeit qualifiziert, der bisherigen allgemeinen Abzinsungsnorm für Verbindlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und wurde demnach mit einem Zinssatz von 5,5 % abgezinst, sofern nicht die Ausnahmen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG Anwendung fanden. In der Praxis war es komplex, das Genussrecht so auszugestalten, dass es handelsrechtlich unter Maßgabe des IDW als Eigenkapital qualifiziert und steuerrechtlich eine vollumfänglich zu passivierende Verbindlichkeit darstellt. Insbesondere der Punkt der steuerrechtlich notwendigen Mindestverzinsung für Zwecke der Nichtabzinsung i. S. d. § 6 Abs.1 Nr. 3 EStG war hier kritisch, da dies aus handelsrechtlicher Sicht grundsätzlich atypisch für die Qualifikation als Eigenkapital ist.
Durch das vierte Corona-Steuerhilfegesetz entfällt aufgrund der andauernden Niedrigzinsphase die Abzinsung für Verbindlichkeiten für eine Laufzeit ab 12 Monaten für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2022 enden. Auf Antrag kann auf die Abzinsung auch für frühere Wirtschaftsjahre verzichtet werden.
IV. Zusammenfassung
Der Debt Mezzanine Swap kann ein geeignetes hybrides Finanzinstrument sein, um die bilanzielle Überschuldung von Unternehmen in der Krise zu vermeiden bzw. zu beheben – ohne dass sich hierbei bspw. die Frage der Werthaltigkeit einer Einlage stellt. Durch das vierte Corona-Steuerhilfegesetz ist für Veranlagungszeiträume die nach dem 31. Dezember 2022 enden, keine Abzinsung von Verbindlichkeiten für eine Laufzeit von über 12 Monaten mehr vorzunehmen, sodass die Ausarbeitung und die Implementierung eines Debt Mezzanine Swap grundsätzlich erleichtert wird. Auf Antrag kann auf die Abzinsung von Verbindlichkeiten auch für vorherige Veranlagungszeiträume verzichtet werden.
Die vertragliche Ausgestaltung und die Implementierung sind im Einzelfall komplex. Gerne unterstützen wir Sie hierbei.
[1] FinMin Nordrhein-Westfalen, 18.7.2018 – S 2133-000036-V B 1/S 2741-91-V B 4, DB 2018, 1762, RdF-Verwaltungsreport Helios, RdF 2018, 267; FB Hamburg, 25.1.2018 – S 2133 – 2017/001 – 52/S 2742 – 2017/003 – 53, DStR 2019, 1093.
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Autor
Dennis Kellmann
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 4/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.