Ertragsteuerliche Grundsätze für die Energieerzeugung aus Biogas
Ertragsteuerliche Grundsätze für Biogas
Einnahmen aus der Erzeugung von Energie (Wärme, Strom) werden in der Einkommensteuer grundsätzlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet. Das gilt für die Energieproduktion mithilfe von Windrädern oder Photovoltaikanlagen genauso wie für die Energieerzeugung durch Biogas. Die zur Gewinnung von Biogas benötigte Biomasse besteht aber aus Rückständen der Tier- und Pflanzenzucht, sodass insoweit eine Qualifizierung als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Betracht kommt. Das neue BMF-Schreiben versucht, die Abgrenzung zwischen den beiden Einkunftsarten in diesem Bereich zu schärfen. Im Übrigen enthält es einige spezifische Vorgaben für die Gewinnermittlung beim Betrieb von Biogasanlagen.
Wesentliche Inhalte des BMF-Schreibens
- Einkünfteabgrenzung: Es bleibt bei dem Grundsatz, dass die Erzeugung von Biogas der Land- und Forstwirtschaft (LuF) zuzuordnen ist, wenn die zur Gaserzeugung notwendige Biomasse überwiegend aus dem eigenen Betrieb stammt und die daraus resultierende Energie überwiegend im eigenen Betrieb verwendet wird. Die Vermarktung von Energie aus Biogas ist dagegen als gewerbliche Tätigkeit anzusehen.
- Mitunternehmerschaft an Biogasanlagen: Überlässt ein Land- oder Forstwirt die von ihm erzeugte Biomasse zur Energiegewinnung an eine Mitunternehmerschaft, an der er selbst als Mitunternehmer beteiligt ist, bleiben die daraus resultierenden Einnahmen der LuF zugeordnet. Eine gewerbliche Umqualifizierung der Biomasseproduktion findet selbst dann nicht statt, wenn die erzeugte Biomasse ausschließlich der Energieerzeugung durch die Mitunternehmerschaft dient.
- Erzeugung von Biogas: Während der Verkauf von Energie aus Biogas gewerblich ist, kann die Erzeugung von Biogas einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb zugeordnet werden. Dazu muss die zur Gaserzeugung genutzte Biomasse jedoch überwiegend aus der eigenen LuF-Tätigkeit stammen. Ob dies der Fall ist, ist vorrangig nach einem Mengenvergleich oder – bei unterschiedlichem Energiegehalt – nach typisiertem Biogasertrag der eingesetzten Rohstoffe zu ermitteln.
- Abschreibungsdauer von Biogasanlagen: Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Biogasanlagen beträgt 16 Jahre. Zu einer Biogasanlage zählen als unselbstständige Bestandteile Fermenter, Nachgärer, die Einbringungs-, Mess- und Steuerungstechnik sowie das Rührwerk; außerdem Separierung, Gasfackeln, Gasspeicher und Pumpstation. Selbstständige Wirtschaftsgüter wie z. B. Transformator, Gas- und Wärmeleitungen oder Silos haben eine eigene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Ein im Zusammenhang mit einer Biogasanlage betriebenes Blockheizkraftwerk ist über zehn Jahre abzuschreiben.
- Bewertungsvorschriften: Biomasse ist mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten zu bewerten. Werden noch nicht geerntete Feldfrüchte auf einem abgrenzbaren Anbaugebiet erworben (stehende Ernte), sind mindestens Ernte- und Transportkosten als Anschaffungskosten anzusetzen. Wird Strom oder Wärme für private Zwecke entnommen, richtet sich der Wert nach den anteiligen Herstellungskosten oder bei Strom nach einem niedrigeren Marktwert, der pauschal mit 20 Cent pro kWh angesetzt werden kann.
- Rückbauverpflichtung: Eine Rückstellung darf erst gebildet werden, wenn der Rückbau bis zu einem bereits feststehenden Termin durchzuführen ist.
- Körperschaftsteuer: Betreibt eine Genossenschaft eine Biogasanlage, kommt eine Befreiung von der Körperschaftsteuer in Betracht, wenn zur Erzeugung des Biogases ausschließlich von den Mitgliedern selbst erzeugte Rohstoffe verwendet werden. Die Erzeugung von Energie aus Biogas ist jedoch nicht von der Steuerbefreiung umfasst.
Bedeutung für die Praxis
Das neue BMF-Schreiben legt einen Schwerpunkt auf die Abgrenzung zwischen Land- und Forstwirtschaft einerseits und Gewerbebetrieb andererseits und zeigt damit, wo in der Praxis besondere Schwierigkeiten bestehen. Die Abgrenzung hat auch Bedeutung für die Umsatzsteuer, da nach § 24 Abs. 1 UStG für LuF besondere Umsatzsteuersätze gelten. Das Schreiben zieht den Kreis der land- und forstwirtschaftlichen Betätigung etwas weiter als das Vorgänger-Schreiben von 2006. Eine Umqualifizierung in eine gewerbliche Tätigkeit findet selbst dann nicht mehr statt, wenn ein Landwirt seine gesamte Ernte an eine Biogasanlage liefert, an der er als Mitunternehmer beteiligt ist. Daneben wird das Vorgänger-Schreiben erweitert um Ausführungen zur Abschreibung und Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter, die bei der Biogasproduktion eingesetzt werden. Angesichts der weiter zunehmenden Bedeutung der Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen ist damit zu rechnen, dass sich die steuerrechtliche Regelungsdichte in diesem Bereich weiter erhöht.
Autor
Thomas Kriesel
+49 30 208 88 1455
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.