Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht - BFH-Beschluss vom 7. Februar 2022 (II B 6/21)
Einheitlicher Erwerbsgegenstand im GrEStG
Hintergrund
Die Kläger und Beschwerdeführer erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11. September 2017 je zur Hälfte ein unbebautes Grundstück. Bereits im Juli 2016 schlossen die Kläger mit einer Projektierungsgesellschaft eine Reservierungsvereinbarung über das Grundstück, in der die Errichtung eines bestimmten Haustyps durch einen dritten Bauträger angedacht war. Dieser Bauträger stellte für die Kläger den Bauantrag und erteilte ihnen am 29. Mai 2017 eine als „Angebot“ bezeichnete Leistungsbeschreibung, doch ohne Unterschriften. Am 6. Dezember 2017 – und damit ca. zwei Monate nach Abschluss des Kaufvertrages – schlossen die Kläger mit dem Bauträger den Bauvertrag, auf Grundlage dessen auf dem Grundstück das geplante Haus errichtet wurde.
Die Finanzverwaltung setzte gegenüber den Klägern jeweils Grunderwerbsteuer fest und bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage nach §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ein. Die erstinstanzliche Klage hatte keinen Erfolg. Die hiergegen eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision lehnte der BFH als unbegründet ab.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH stellt das bebaute Grundstück den Erwerbsgegenstand für Grunderwerbsteuerzwecke dar, wenn ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Kaufvertrag über das unbebaute Grundstück und einer weiteren Vereinbarung über die Bebauung des Grundstücks besteht. Dabei müsse zum einen dieser Zusammenhang gerade zum Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags bestehen. Zum anderen müsse nicht nur der Erwerber an das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden sein, sondern insbesondere auch die Veräußererseite zur Bebauung verpflichtet sein.
Die Entscheidung der Vorinstanz stehe – wie der BFH nunmehr ausführt – nicht im Widerspruch mit diesen Rechtssätzen.
Insbesondere müsse ein Bauvertrag nicht bereits bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages abgeschlossen sein. Die Bauverpflichtung könne auch zu einem späteren Zeitpunkt begründet werden.
Es sei nicht erforderlich, dass ein Angebot zur Bebauung des Grundstücks, welches einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen indiziert, bereits rechtlich wirksam besteht; vielmehr reiche es für einen objektiv sachlichen Zusammenhang aus, dass ein entsprechendes Angebot – wie vorliegend – in „tatsächlicher Hinsicht“ bestanden habe.
Praktische Auswirkungen
Der Beschluss des BFH steht im Einklang mit der bisherigen BFH-Rechtsprechung, wonach Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer das bebaute Grundstück ist, wenn im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag über das unbebaute Grundstück eine Bauverpflichtung besteht. Soll die „große Grunderwerbsteuer“ vermieden werden, ist im Rahmen der Vertragsgestaltung und bereits bei der Vertragsanbahnung zwingend darauf zu achten, dass ein solcher zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskaufvertrag und Bebauungsvertrag vermieden wird.
Autorin
Dr. Kristina Frankus
+49 221 28 20 2503
Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.