Drei-Objekt-Grenze – Nachhaltigkeit einer Tätigkeit in „Immobilien-Konzernen“ bei Nutzung von Objektgesellschaften

Der gewerbliche Grundstückhandel stellt eine originär gewerbliche Tätigkeit dar. Unterstellt wird, dass es dem Steuerpflichtigen anders als im Rahmen der Vermögensverwaltung dann nicht mehr primär auf die Nutzung des Grundbesitzes durch „Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz“ ankommt, sondern die „Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte“ im Vordergrund steht.

Aus Sicht des BFH (BFH, Urteil vom 18. September 1991, XI R 23/90, BStBl II 1992, 135) liegt ein starkes Indiz für gewerbliche Einkünften nach § 15 EStG vor, wenn mehr als drei Objekte innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren veräußert werden (Drei-Objekt-Grenze) und die übrigen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Objekte i. S. der Drei-Objekt-Grenze sind solche, bei denen ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung besteht und bei denen somit eine von Anfang an bestehende, zumindest bedingte Veräußerungsabsicht indiziert ist.

Wird die Indizwirkung der sog. Drei-Objekt-Grenze ausgelöst, dann ist die Tätigkeit nicht mehr als Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i. S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anzusehen, ohne dass es sich dabei auch um eine nachhaltige Tätigkeit i. S. des § 15 Abs. 2 EStG handeln muss.

Aktueller Urteilsfall

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte sich im Januar 2022 (Az. 8 K 8008/21) mit der Frage zu beschäftigen, ob eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei infolge der Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze gewerblicher Tätigkeit gegeben sein kann. Die Gesellschaft war eine als Objektgesellschaft zu einem Immobilienkonzern gehörende GmbH.

Das Finanzgericht führte im Urteil aus, dass die erweiterte Kürzung nicht gewährt werden könne, wenn die Grundstücksverwaltung des Unternehmens den Bereich der reinen Vermögensverwaltung verlässt und gewerblichen Charakter annimmt.

Die Tätigkeit des Unternehmens sei infolge des Ankaufs und Verkaufs von mehr als drei Immobilienobjekten innerhalb von fünf Jahren nach der sogenannten Drei-Objekt-Grenze als gewerblich anzusehen, sodass ihm die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zustehe. Auf die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für einen „Gewerbebetrieb“ im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG „Nachhaltigkeit“ oder „Gewinnerzielungsabsicht“ käme es insoweit nicht an.

Veräußert das Unternehmen binnen eines kurzen Zeitraums von unter fünf Jahren seit dem Erwerb mehr als drei Objekte, wird die dadurch indizierte, von Anfang an bestehende – zumindest bedingte – Veräußerungsabsicht weder durch eine langfristige Finanzierung des Erwerbs durch ein Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit widerlegt noch durch den Umstand, dass das Unternehmen zu einer Immobiliengruppe gehört und in dem Unternehmen als Objektgesellschaft mehrere Grundstücke zusammengefasst worden sind.

Bestehe außerdem in einem Immobilienkonzern hinsichtlich Beteiligungsstruktur und Geschäftsführung eine Personenidentität hinsichtlich der einzelnen Objektgesellschaften, so ist den einzelnen Objektgesellschaften, die für den gesamten Konzern bestehende Wiederholungsabsicht der Geschäftsführer zum wiederholten Erwerb und zur wiederholten Veräußerung von Immobilien im Hinblick auf die Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG „zuzurechnen“; in diesem Fall ist für die Nachhaltigkeit nicht nur auf die einzelnen Objektgesellschaften für sich genommen abzustellen.

Die Revision wurde vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg zugelassen und das Verfahren ist dort anhängig (Az. III R 12/22). Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Sache entscheiden wird.

Fazit

Bestätigt der BFH diese Entscheidung, würde der Grundsatz der Abschirmwirkung einer Kapitalgesellschaft für bestimmte steuerliche Fragestellungen ein weiteres Mal eingeschränkt werden. Der BFH hatte sich erst kürzlich mit der Frage befasst, ob die für eine Betriebsaufspaltung notwendige personelle Verflechtung auch über die mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an der Betriebsgesellschaft zustande kommen kann, und diese bejaht (BFH, Urteil vom 16. September 2021 – IV R 7/18). Ob die in dem Urteil definierten Anforderungen allerdings auf den vorliegenden Fall anwendbar sind, ist fraglich.

Sollte sich der BFH der Sichtweise des FG Berlin-Brandenburg anschließen, müssten Immobilienkonzerne neu strukturiert werden, da die einzelnen Objektgesellschaften nicht mehr isoliert betrachtet werden könnten. Um eine personelle Verflechtung zu vermeiden, müssten Beherrschungs- und Personenidentitäten vermieden werden. Das heißt, dass die einzelnen Objektgesellschaften strategische Entscheidungen selbst treffen müssten, sie also nicht durch die Konzernspitze geleitet werden dürfen. Diese Entscheidung kann aufgrund der damit einhergehenden Auflösung der organisatorischen Verflechtung auch Konsequenzen für eine umsatzsteuerliche Organschaft nach sich ziehen, die in die weiteren Entscheidungen mit einbezogen werden müssen. Alternativ bleibt nur ein sehr strenges Monitoring der Grundstücksverkäufe über den gesamten Konzern hinweg zur Vermeidung von Veräußerungen von nicht mehr als drei Grundstücken innerhalb von fünf Jahren.

Ohne dieses Monitoring ist ein weiteres Mal die Anwendung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung ausgeschlossen.

Autor*innen

Konstantin Schönfelder
+49 30 208 88 1015

Anja Spitzenberg
+49 30 208 88 1366

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 2/2022. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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