BFH: Keine erweiterte Kürzung bei erstmaliger Grundstücksverwaltung im Laufe des Erhebungszeitraums
Keine Kürzung bei erster Grundstücksverwaltung
Hintergrund:
Ziel der Gewerbesteuer ist die Besteuerung des stehenden Gewerbebetriebs anhand seiner objektiven Ertragskraft. Hierzu wird der steuerliche Gewinn um sog. Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) modifiziert. Neben der pauschalen Kürzung des Grundbesitzes nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG existiert noch die regelmäßig deutlich vorteilhaftere, sog. erweiterte Grundstückskürzung für (Grundstücks-)Unternehmen gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Diese wird auf Antrag anstelle der Kürzung nach S. 1 gewährt. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen – abgesehen von den in § 9 Nr. 1 S. 2 und S. 3 GewStG ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen (geändert m. W. v. 1. Dezember 2020 bzw. Erhebungszeitraum 2021) – ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet oder nutzt. Weitere, im Rahmen des § 9 Nr. 1 GewStG nicht genannte Nebentätigkeiten sind hingegen kürzungsschädlich.
Entscheidung des BFH:
Im vorliegenden Fall hatte der BFH zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der erweiterten Grundstückskürzung erfüllt sind, sie also „ausschließlich“ grundstücksverwaltend tätig ist, wenn der erstmalige Erwerb des Grundvermögens einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft zwar erst Monate nach ihrer Eintragung im Handelsregister erfolgt ist, sie aber in der Zeit bis zum Erwerb niemals wirtschaftlich/gewerblich tätig geworden ist.
Der Begriff „ausschließlich“ nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist – so der BFH – in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht zu verstehen. In zeitlicher Hinsicht habe dies zur Folge, dass während des gesamten Erhebungszeitraums die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden muss. Im Streitfall begann der Erhebungszeitraum bereits mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (Beginn sachliche Gewerbesteuerpflicht). Der spätere Erwerb des Grundbesitzes im Laufe des Erhebungszeitraums führe dazu, dass keine Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG möglich sei, denn am Erfordernis der ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fehle es selbst dann, wenn in dem Unternehmen im Laufe eines Erhebungszeitraums erstmals eine solche Tätigkeit ausgeübt wird. Folglich scheide eine erweiterte Kürzung aus und die gesamte Tätigkeit gelte als Gewerbebetrieb.
Bedeutung für die Praxis:
Der BFH bestätigt seine ständige und restriktive Rechtsprechung hinsichtlich des Merkmals der Ausschließlichkeit. Die erweiterte Kürzung kann somit nicht zeitanteilig gewährt werden. Bereits in der Vergangenheit hat der BFH entschieden, dass es am Erfordernis der ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fehlt, wenn nicht zum Ende des Erhebungszeitraums, sondern im Laufe des Erhebungszeitraums das letzte oder einzige Grundstück veräußert wird (BFH v. 20. Januar 1982, I R 201/78). Mit der vorliegenden Entscheidung wird nun klargestellt bzw. fortentwickelt, dass diese zeitliche Ausschließlichkeit nicht nur „nachlaufend“ nach Verkauf des letzten Grundstücks, sondern auch „vorlaufend“ vor Erwerb des ersten Grundstücks gilt.
Für die Praxis bedeutet dies, dass der Beginn des Erhebungszeitraums und der Erwerb des ersten Grundstücks im „Erstjahr“ genauso sorgfältig aufeinander abgestimmt werden müssen, wie dies zwischen Ende des Erhebungszeitraums und Veräußerung des letzten Grundstücks im „Letztjahr“ aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BFH bislang schon erfolgen muss (z. B. Auflösung der Gesellschaft unmittelbar nach Verkauf des letzten Grundstücks).
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