Verwaltungsgrundsätze 2020

Verwaltungsgrundsätze 2020: Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen in Bezug auf Mitwirkungspflichten sowie Schätzung von Besteuerungsgrundlagen und Zuschlägen

Am 3. Dezember 2020 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aktualisierte Verwaltungsgrundsätze 2020 (IV B 5 – S 1341/19/10018 :001). Die gesetzlichen kodifizierten Grundlagen zu Aufzeichnungspflichten für Geschäftsbeziehungen mit Nahestehenden im Ausland ergeben sich aus § 90 AO i. V. m. der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV). Ergänzend werden die international anerkannten Grundsätze der OECD-Verrechnungspreisrichtlinien herangezogen. Das BMF konkretisiert den Willen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder und bindet in erster Linie die Steuerverwaltung. Im Mittelpunkt stehen Anwendungsfragen zu den gesetzlichen Mitwirkungs- und Dokumentationspflichten sowie zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen und Zuschlägen gemäß § 162 AO. Da die deutsche Finanzverwaltung bei grenzüberschreitenden Vorgängen nur in begrenztem Umfang eigene Ermittlungen durchführen kann, wird die Aufklärungsarbeit teilweise auf den inländischen Steuerpflichtigen überwälzt. Obgleich eine Bindungswirkung für Gerichte und Steuerpflichtige nicht besteht, sollten die aktualisierten und in weiten Teilen verschärften Verwaltungsgrundsätze als Richtschnur für die praktische Vorbereitung steuerlicher Außenprüfungen verstanden werden.

Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten und erweiterte Schätzbefugnisse

Die Verwaltungsgrundsätze 2020 erhalten insbesondere folgende Regelungen:

  • Verpflichtung inländischer Steuerpflichtiger, Auslandssachverhalte aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen bzw. proaktiv vorzuhalten (Beweisvorsorgepflicht, Tz. 10).
  • Die Liste der vorlagepflichtigen Beweismittel wird um Gutachten und Stellungnahmen zur Ermittlung von Verrechnungspreisen erweitert und umfasst u. a. auch E-Mails und Messengerdienst-Nachrichten mit steuerlichem Bezug (Tz. 13). Danach sollen auch Kalkulationsunterlagen anstelle von Abrechnungen vorlagepflichtig sein (Tz.14).
  • Klarstellung, dass die Aufzeichnungspflicht nach § 90 Abs. 3 AO die Verpflichtung zur Erstellung einer Hilfs- und Nebenrechnung in Betriebsstättenfällen nicht ersetzt (Tz. 31).
  • Der Steuerpflichtige sollte den Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung aufzeichnen und darlegen, warum er die von ihm verwendete Verrechnungspreismethode für die „geeignetste Methode“ hält (Tz. 45).
  • Finanzbehörden haben das Recht zur Auswahl einer anderen Verrechnungspreismethode, falls diese Methode besser geeignet ist, die Situation des Steuerpflichtigen abzubilden (Alternativmethode, Tz. 46).
  • Tatsächliche Verhältnisse werden im Zweifel höher bewertet als schuldrechtliche Verträge.
  • Dass Schätzungsbefugnisse der Finanzverwaltung explizit auch gelten sollen, wenn eine Dokumentation als verwertbar angesehen wird, ist u. E. nicht durch das Gesetz gedeckt und birgt hohes Konfliktpotenzial (Tz. 73). Gleiches gilt für die Verwendung von Daten, deren Beweiswert für eine Einkünfteberichtigung unter anderen Umständen als „nicht ausreichend“ beurteilt wird (Tz. 78).

Fazit

Es entsteht der Eindruck, dass das BMF seine Auslegung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten, Dokumentationspflichten und Schätzungsbefugnisse deutlich verschärfen will. Teilweise werden Unterlagen angefordert, die unter fremden Dritten Vertragsparteien nicht offengelegt würden. Steuerpflichtige sollten sich daher zeitnah mit der konkreten Ausgestaltung der Mitwirkungspflichten sowie rechtlichen Fragen (z. B. Anerkennung der gewählten Verrechnungspreismethode) auseinandersetzen. Die Verwaltungsgrundsätze Verfahren 2005 gelten bis auf die Ausführungen zu §§ 90 und 162 AO fort. Für Rechtsanwender werden daher Vorschriften, die sich mit Verrechnungspreisen im weitesten Sinne befassen, ein weiteres Mal unübersichtlicher. Mithilfe unseres globalen Verrechnungspreisteams bieten wir grenzüberschreitende Unterstützung bei allen Fragen rund um das Thema Verrechnungspreise und Verrechnungspreisdokumentation.

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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