FG Hessen: Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf Gewerbesteuer
FG Hessen: Anrechnung ausländischer Quellensteuer
Hintergrund: Fehlende Möglichkeit der Anrechnung ausländischer Steuern im GewStG
Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung können unbeschränkt Steuerpflichtige gemäß §§ 34c EStG, 26 KStG ausländische Steuern auf die deutsche Einkommen- oder Körperschaftsteuer anrechnen. Im Gewerbesteuerrecht fehlt dagegen eine entsprechende Anrechnungsvorschrift. Im Schrifttum wird allerdings diskutiert, ob zumindest in DBA-Fällen eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer zuzulassen ist. Der BFH hatte dies im Urteil vom 20. Dezember 2017 – I R 98/15, BFH/NV 2018, 497 offengelassen. Das FG Niedersachsen hat jüngst mit Urteil vom 18. März 2020 – 6 K 20/18 den Abzug von ausländischer Quellensteuer bei der Ermittlung des Gewerbeertrags verneint.
FG Hessen bejaht Anrechnung auf die Gewerbesteuer
In dem vom FG Hessen entschiedenen Fall bezog eine deutsche GmbH in den Erhebungszeiträumen 2008 bis 2010 Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen an kanadischen Kapitalgesellschaften. Streitig war die Frage, ob – und falls ja, wie – das Finanzamt verpflichtet ist, kanadische Quellensteuer auf die Kapitalerträge für Zwecke der Anrechnung auf die Gewerbesteuer festzustellen.
Das Gericht hat die Frage bejaht und der Klage stattgegeben. Der Einbehalt der kanadischen Quellensteuer führe zu einer Doppelbesteuerung. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolge nach Art. 23 Abs. 2 DBA-Kanada durch Anrechnung auf „die deutsche Steuer vom Einkommen“. Hierunter fällt nach dem FG Hessen auch die – als Steuer vom Gewerbeertrag erhobene – Gewerbesteuer. Zwar enthalte das GewStG hierfür keine eigenständige Anrechnungsvorschrift. Das DBA-Kanada ordne jedoch als Rechtsfolgenverweis eine solche Anrechnung an. Die Anrechnung auf die Gewerbesteuer habe demnach in entsprechender Anwendung der §§ 34c EStG, 26 KStG zu erfolgen. Die Feststellung der Anrechnung sei – dem Grunde und der Höhe nach – im Rahmen des Gewerbesteuer-Messbescheides durch das Finanzamt vorzunehmen.
Bedeutung für die Praxis
Die dem Streitfall zugrunde liegende Thematik ist von erheblicher praktischer Bedeutung. Aufgrund der bestehenden gesetzlichen Anrechnungsbeschränkungen (z. B. „per country limitation“) und der im Verhältnis zu anderen Ertragsteuern gestiegenen Bedeutung der Gewerbesteuer kommt es bei vielen Unternehmen zunehmend zu Anrechnungsüberhängen und damit zu partiellen Doppelbesteuerungen. Die Problematik stellt sich etwa bei ausländischen Erträgen in Form von Streubesitzdividenden oder Lizenzerträgen.
Die Entscheidung des FG Hessen ist daher aus Sicht der Praxis zu begrüßen. Die maßgebliche Formulierung der Anrechnungsklausel im Methodenartikel des DBA-Kanada ist in der deutschen Abkommenspraxis auch durchaus üblich, weshalb damit eine Gewerbesteueranrechnung in einer Vielzahl von DBA-Fällen ermöglicht würde. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich der BFH der vom FG Hessen vertretenen Rechtsauffassung anschließen wird. Aufgrund der anhängigen Revision sollten gleich gelagerte Fälle offengehalten und mit Verweis auf das BFH-Verfahren eine Ruhendstellung beantragt werden (§ 363 AO).
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