Zwei aktuelle BFH-Urteile vom 16. Dezember 2020

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich am 16. Dezember 2020 gleich zweimal mit dem Betrieb von Schwimmbädern durch jPöR befasst.

Im ersten Fall (Az.: I R 50/17) hatte der BFH zu entscheiden, ob die Verluste einer kommunalen Eigengesellschaft im Zusammenhang mit dem Schulschwimmen einer gesonderten Sparte für hoheitliche Tätigkeiten zuzuordnen sind, auch wenn die Eigengesellschaft selbst nicht hoheitlich tätig geworden ist. Im entschiedenen Fall betrieb eine kommunale Eigengesellschaft neben der Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmeversorgung sowie der Abwasserentsorgung auch Bäder für den öffentlichen Badebetrieb. Ein Blockheizkraftwerk beheizte – neben der Stromerzeugung – die Bäder. Diese Bäder wurden durch die Stadt (Alleingesellschafterin der Eigengesellschaft) zur Durchführung des Schulschwimmens genutzt. Dafür bezahlte die Stadt, bezogen auf jeden einzelnen Schüler, der am Schulschwimmen teilnahm, das gleiche Entgelt, wie jeder Nutzer der Bäder im öffentlichen Badebetrieb zu bezahlen hatte. Dennoch entstand beim Schulschwimmen ein Verlust (die dargestellten Sachverhaltsangaben waren zwischen den Parteien nicht strittig).

Im Ergebnis einer Betriebsprüfung wurden die Versorgungssparten und der allgemeine Bäderbetrieb im Rahmen eines steuerlichen Querverbunds zusammengefasst und die Verluste aus dem (hoheitlichen) Schulschwimmen einer eigenen Sparte zugeordnet. Damit waren diese Verluste nicht verrechenbar mit den Gewinnen der Versorgungssparten.

Der BFH kommt unter Verweis auf die Regelungen in § 8 Abs. 9 KStG i. V. m. § 8 Abs. 7 KStG zu folgendem Ergebnis (2. Leitsatz des Urteils):

„Im Rahmen der Spartenrechnung einer kommunalen Eigengesellschaft (§ 8 Abs. 9 KStG) kommt es beim Schulschwimmen darauf an, wie die Tätigkeiten der Eigengesellschaft und ihres kommunalen Anteilseigners ohne Zwischenschaltung der Eigengesellschaft nach BgA-Grundsätzen zu beurteilen wären (fiktive Betrachtung). Daraus folgt, dass bei einer kommunalen Eigengesellschaft, die ihr Bad für Schulschwimmen zur Verfügung stellt und daraus Dauerverluste erzielt, auch dann die Bildung einer gesonderten Sparte für hoheitliche Tätigkeiten in Betracht kommt, wenn sie selbst nicht hoheitlich tätig geworden ist.“

Damit stellt der BFH konsequent auf die Regelungen des § 8 Abs. 9 KStG (Spartenzuordnung von Dauerverlusten kommunaler Eigengesellschaften) ab. Sofern Verluste aus einer Tätigkeit entstehen, die bei der jPöR zu einem Hoheitsbetrieb führen würde, sind diese einer gesonderten Sparte zuzuordnen. An dieser tätigkeitsbezogenen Betrachtungsweise der Spartenzuordnung von Verlusten ändert auch die Bezahlung eines allgemein geltenden Entgelts – wie von allen anderen Nutzern der Bäderbetriebe auch – nichts.

In einem zweiten Urteil vom gleichen Tag hatte der BFH zum Fortbestand eines steuerlichen Querverbunds (Az.: I R 41/17) zu entscheiden. Im konkreten Fall (Sachverhaltsdarstellung gekürzt) bestand unstrittig seit dem Jahr 1996 ein anerkannter steuerlicher Querverbund durch den Betrieb eines Blockheizkraftwerks (BHKW) in einem Hallenbad (enge wechselseitige wirtschaftlich-technische Verflechtung von einigem Gewicht). Im Jahr 2004 wurde das BHKW durch zwei Gas-Heizkessel ersetzt und zusätzlich zum Hallenbad die Wärmeversorgung von drei in der Nähe gelegenen Stadtvillen übernommen. Dass auch nach diesen Änderungen weiterhin ein steuerlicher Querverbund bestand, war Gegenstand einer verbindlichen Auskunft vom 29. Juni 2004.

Das Hallenbad wurde am 23. Juli 2011 für den Publikumsverkehr geschlossen und bis zum 17. August 2012 als Reservebad in Betriebsbereitschaft gehalten. Dafür eröffnete am 10. September 2011 ein neu errichtetes Hallenbad. Vom 9. Juli bis 17. August 2012 wurde das alte Hallenbad während einer vorübergehenden Schließung des neuen Hallenbades nochmals für den Publikumsverkehr geöffnet. Um den steuerlichen Querverbund aufrechtzuerhalten, wurde im neuen Hallenbad ein Biogas-Blockheizkraftwerk errichtet. Das Vorliegen der Voraussetzungen für einen steuerlichen Querverbund nach den vorgenannten Grundsätzen bestätigte das zuständige Finanzamt im Rahmen einer verbindlichen Auskunft vom 14. Mai 2012 ab dem Zeitpunkt, ab dem das BHKW vollständig an das Netz angeschlossen ist (hier ab dem 1. Juni Zwei aktuelle BFH-Urteile vom 16. Dezember 2020 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich am 16. Dezember 2020 gleich zweimal mit dem Betrieb von Schwimmbädern durch jPöR befasst. 2012). Für die Zwischenzeit vom 23. Juli 2011 bis zum 31. Mai 2012 ordnete das zuständige Finanzamt die anteiligen Bäder-Verluste in Ermangelung eines steuerlichen Querverbundes einer eigenständigen (Verlust-)Sparte zu; eine Verrechnung mit Gewinnen in der Sparte „Energie- und Wasserversorgung“ wurde abgelehnt.

Im Kern bestätigte der BFH die tatrichterliche Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls durch das Finanzgericht Münster, wonach mit der Schließung des Hallenbades am 23. Juli 2011 und dem nachfolgenden Stand-by-Betrieb die erforderliche enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht zwischen dem Bäderbetrieb und dem Versorgungsbetrieb nicht mehr in dem Maße bestand wie vor der Schließung für den Publikumsverkehr. In letzter Konsequenz führte die Schließung des Hallenbades für den Publikumsverkehr am 23. Juli 2011 nach Ansicht des BFH zu einer Änderung der Verhältnisse, die der verbindlichen Auskunft vom 29. Juni 2004 zugrunde lagen. „Im Streitfall liegt in der Schließung des Hallenbads für den Publikumsverkehr und dem Übergang zu einem Stand-by-Betrieb als Reservebad eine wesentliche Sachverhaltsänderung, welche die Bindungswirkung entfallen lässt.“ (Randnummer 28 des BFH-Urteils). Mithin bestand in der Zeit vom 23. Juli 2011 bis zum 31. Mai 2012 kein steuerlicher Querverbund, sodass eine Verrechnung der Bäderverluste mit Gewinnen der Versorgungsparte ausscheidet.

Anmerkung

Auch in diesem Fall urteilte der BFH konsequent unter Zugrundelegung der Vorschriften der § 8 Abs. 7 und 9 sowie § 4 Abs. 6 KStG. In Ergänzung zu unseren Ausführungen in Abschnitt 1 zur Verlusttragung sei auf Randnummer 22 dieses Urteils verwiesen.

Prüfung von Ergebnisabführungsverträgen bis 31. Dezember 2021 empfohlen

Wegen der Bedeutung des § 302 AktG im Zusammenhang mit der Anerkennung ertragsteuerlicher Organschaften – Stichwort: Verlustausgleich im Rahmen von Ergebnisabführungsverträgen (EAV) – sei auf das dazu veröffentlichte BMF-Schreiben vom 24. März 2021 (IV C 2 – S 2770/21/10001 :001) verwiesen. Anlass für dieses BMF-Schreiben sind die Textänderungen in § 302 Abs. 3 Satz 2 AktG im Rahmen des am 22. Dezember 2020 verabschiedeten Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes, die ab dem 1. Januar 2021 in Kraft getreten sind.

Bei Vorliegen einer ertragsteuerlichen Organschaft, bei der eine GmbH Organgesellschaft ist, ist eine Prüfung der aktuellen Regelungen im EAV (statischer oder dynamischer Verweis auf § 302 AktG) bis zum 31. Dezember 2021 zu empfehlen. Eine Anpassung des EAV zur Aufnahme eines dynamischen Verweises auf § 302 AktG ist in diesen Fällen kein Neuabschluss des EAV und setzt auch nicht die fünfjährige Mindestlaufzeit des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG erneut in Gang.

Hinweis

Die BMF-Schreiben sind auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen unter Bundesfinanzministerium – BMF-Schreiben abrufbar. Die BFH-Urteile können unter Entscheidungen online/Bundesfinanzhof eingesehen werden.

Autor*innen

Britta Benkisser
Tel: +49 351 45 15 2201

Ulf Urner
Tel: +49 351 45 15 2207

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2021. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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