VGH Kassel: Bananenreiferei als verarbeitendes Gewerbe EEG-begrenzungsfähig
Bananenreiferei als verarbeitendes Gewerbe
Die Klägerin betreibt im Bundesgebiet Fruchtreifereien und reift dort unter hohem Stromverbrauch zuvor importierte ungenießbare grüne Bananen zu genießbaren gelben Bananen. Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Begrenzung der EEG-Umlage für das Jahr 2014.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Tätigkeit der Klägerin nicht zu den privilegierten Wirtschaftszweigen gehöre und insbesondere nicht unter Unterklasse „10.39.0 – Sonstige Verarbeitung von Obst und Gemüse“ der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 2008 (WZ 2008), falle, sodass es sich bei der Klägerin nicht um ein „Unternehmen des produzierenden Gewerbes“ im Sinne von § 3 Nr. 14 EEG 2012 handle.
Das VG Frankfurt wies die Klage mit ähnlicher Begründung ab. Entscheidend für die von der Klägerin begehrte Klassifikation sei, dass das Unternehmen durch seine Tätigkeit aus den Ausgangsmaterialien tatsächlich eine neue Ware herstelle. Durch die von der Klägerin vollzogene physikalisch-chemische Behandlung zu einer gelben Banane werde kein anderes Produkt im Sinne einer substanziellen Veränderung von Materialien oder durch die Veredelung von Erzeugnissen hergestellt, sondern bei Produktidentität ein in der Natur ebenso eintretender Effekt lediglich manipuliert: „Eine Banane bleibt eine Banane.“
Auf eine genaue Zuordnung zu anderen in Betracht kommenden WZ-Klassifikationen komme es nach Auffassung des VG Frankfurt im Übrigen nicht mehr an.
Gegen das Urteil des VG Frankfurt wendet sich die Klägerin mit der Berufung zum VGH Kassel.
Maßgebliche Gründe
Der VGH Kassel hat der Berufung im Wesentlichen stattgegeben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Der VGH stellt fest, dass es sich bei der Klägerin um ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes i. S. v. § 41 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 14 EEG 2012 handle, weil dieses dem Abschnitt C („Verarbeitendes Gewerbe“), Abteilung 10 („Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln“), Unterklasse 10.39.0 („Sonstige Verarbeitung von Obst und Gemüse“) der WZ 2008 zuzuordnen sei.
Bei der Einordnung in die Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 seien die für alle Abschnitte geltenden Vorbemerkungen zu berücksichtigen. Aus den Vorbemerkungen ergebe sich, dass das Regelwerk auf vollständige Erfassung angelegt sei und sich gegenseitig ausschließende Klassifikationen enthalte, sodass jedes Element in nur eine Klassifikation eingeordnet werden dürfe. Konkret würde dies hier bedeuten, dass es erforderlich sei, die Tätigkeit der Klägerin zwangsläufig nur einer bestimmten Klassifikation zuzuordnen.
Für eine Zuordnung der Tätigkeit der Klägerin kämen letztlich nur die Abschnitte A („Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“), C („Verarbeitendes Gewerbe“), G („Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeug“) und H („Verkehr und Lagerei“) in Betracht, wobei allein eine Zuordnung zum Abschnitt C der Klägerin die Begrenzung der EEG-Umlage ermöglichen würde.
Abschnitt H scheide aus, da es sich bei der Tätigkeit der Klägerin nicht um eine mit dem Verkehr verbundene Tätigkeit handele.
Abschnitt G scheide aus, da die Tätigkeit der Klägerin über die des Einzel- und Großhandels hinausginge. Erfasst seien insofern nur sog. „handelsübliche Manipulationen“ wie etwa Sortieren oder Umpacken, nicht aber eine „Weiterverarbeitung“. Aufgrund der über die bloße Lagerung der Bananen hinausgehenden Tätigkeit der Klägerin könne jedenfalls nicht von einem Verkauf ohne Weiterverarbeitung gesprochen werden.
Abschnitt A scheide aus, da eine Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die über die „Aufbereitung für die Rohstoffmärkte“ hinausgeht, nicht erfasst sei. Die Tätigkeit der Klägerin ginge aber gerade über die zur Konkretisierung der „Aufbereitung für die Rohstoffmärkte“ beispielhaft genannten Tätigkeiten (u. a. Reinigen, Beschneiden und Sortieren pflanzlicher Erzeugnisse, Trocknen von Tabakblättern) hinaus.
Der für die Tätigkeit der Klägerin zutreffende Abschnitt sei vielmehr C. Die Umwandlung von Stoffen im Sinne des Abschnitts C müsse nicht zwangsläufig zu einer ganz anderen Ware führen. Dies ergebe sich aus den Vorbemerkungen des genannten Abschnitts der WZ 2008, insbesondere aus den dort aufgeführten Beispielen (u. a. Verarbeitung von Frischfisch; Pasteurisieren und Abfüllen von Milch). Unter Berücksichtigung der Vorbemerkungen sei eine Zuordnung der von der Klägerin betriebenen Bananenreifereien zu Abschnitt C, Abteilung 10, Unterklasse 10.39.0 geboten.
Der VGH Kassel hat mangels grundsätzlicher Bedeutung zwar die Revision nicht zugelassen, das BVerwG hat diese Entscheidung jedoch mit Beschluss vom 30. Juli 2020 (Az.: 8 B 5.20) aufgehoben und die Revision zugelassen.
Einordnung und Bewertung
Der VGH arbeitet überzeugend heraus, dass jede denkbare Unternehmenstätigkeit einer vorhandenen WZ-Kategorie zuzuordnen ist (1) und dass ein Unternehmen dabei immer nur einer einzigen WZ-Kategorie unterfallen kann (2). Daher ist eine konkrete und eindeutige Zuordnung der Tätigkeit eines Unternehmens durch das BAFA und das Verwaltungsgericht erforderlich. Fällt die Einordnung – wie hier – schwer, etwa weil die Tätigkeit für mehrere WZ-Klassifikationen in Betracht kommt, darf also nicht offenbleiben, in welche Kategorie sich die Tätigkeit eines Unternehmens einordnen lässt.
Nun spitzt sich weiterhin alles auf die Frage zu, welche der möglichen WZ-Klassifikationen für die Tätigkeit einer Bananenreiferei am ehesten einschlägig ist, und ob eine Zuordnung zu Abschnitt C „Verarbeitendes Gewerbe“ der WZ 2008 voraussetzt, dass die Tätigkeit eine neue Ware oder ein neues Erzeugnis hervorbringt. Denn das BVerwG misst der Frage auch hinsichtlich des aktuell geltenden EEG grundsätzliche Bedeutung bei (Az.: 8 B 5.20).