BFH zur Bestimmung des herrschenden Unternehmens i. S. d. § 6a GrEStG

Welches Unternehmen „herrschendes Unternehmen“ i. S. d. § 6a GrEStG ist, richtet sich gem. BFH vom 28. September 2022 (Az. II R 13/20) nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang.

Sachverhalt

Die Klägerin (GmbH) war zu 100 % an der grundbesitzenden D-GmbH beteiligt. Gesellschafterin der Klägerin war zu 100 % die E-GmbH, deren Anteile wiederum vollständig von der F-AG gehalten wurden. Die D-GmbH wurde zum 15. August 2011 (Eintragung ins Handelsregister) auf die Klägerin verschmolzen. Im Zeitpunkt der Verschmelzung hatten die Beteiligungen seit mehr als fünf Jahren bestanden. Das Finanzamt bejahte die Voraussetzungen des § 6a GrEStG. In 2013 veräußerte die F-AG 26,8 % der Anteile an der E-GmbH. Aufgrund der Veräußerung änderte das Finanzamt den Grunderwerbsteuerbescheid, weil die Voraussetzungen des § 6a GrEStG wegen Nichteinhaltung der fünfjährigen Nachbehaltensfrist entfallen seien. Die F-AG als herrschendes Unternehmen sei nicht länger mittelbar über die E-GmbH zu mindestens 95 % an der Klägerin beteiligt. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage und obsiegte vor dem Finanzgericht; die Finanzverwaltung legte Revision ein.

Hintergrund

Nach § 6a GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 bis 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG) oder Einbringung die Steuer nicht erhoben. Dies gilt nur, wenn an dem Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind, wobei eine Gesellschaft abhängig ist, wenn das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor und nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen beteiligt ist.

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Welches Unternehmen „herrschendes Unternehmen“ und welche Gesellschaft „abhängige Gesellschaft“ i. S. d. § 6a GrEStG sei, richte sich nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang. Soweit das Gesetz von einem herrschenden Unternehmen spreche, sei – soweit vorhanden – das am steuerbaren Umwandlungsvorgang unmittelbar beteiligte Unternehmen gemeint. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, die bei mehrstufigen Beteiligungen stets die oberste Gesellschaft als herrschendes Unternehmen betrachtet habe, sei unerheblich, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig sei. Im entschiedenen Fall seien am Umwandlungsvorgang die Klägerin als herrschendes Unternehmen und die D-GmbH als abhängige Gesellschaft beteiligt gewesen. Unerheblich sei, dass die Klägerin nach der Verschmelzung umwandlungsbedingt nicht weitere fünf Jahre an der D-GmbH beteiligt blieb, weil diese aufgrund der Verschmelzung erloschen sei.

Praxishinweis

Der BFH hat mit der Entscheidung der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung, wonach bei mehrstufigen Beteiligungen bezüglich der Festlegung des herrschenden Unternehmens immer auf die oberste Ebene (Konzernspitze) abzustellen sei und es deshalb nur ein herrschendes Unternehmen geben könne, eine Absage erteilt. In der Praxis ist daher für jeden Rechtsvorgang gesondert festzustellen, welches Unternehmen als herrschendes Unternehmen anzusehen ist und welche Gesellschaften in Bezug auf dieses herrschende Unternehmen als abhängig gelten, für welche die Vor- und Nachbehaltensfristen zu beachten sind. Die Reaktion der Finanzverwaltung auf das Urteil bleibt abzuwarten.

Autor

Stephan Franzen
Tel: +49 221 28 20 2456

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 1-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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