Nachhaltigkeit und Global Mobility

Nachhaltigkeitsaspekte in Verbindung mit grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendungen zu setzen, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich scheinen.

Bei genauerer Betrachtung ergeben sich jedoch grundlegende Themen, die mit Bezug auf die Auslandseinsätze beachtet werden sollten, beispielsweise von den betroffenen Arbeitnehmer*innen, der zuständigen Personalabteilung oder spezialisierten Teams und der Unternehmensleitung.

Die Bedeutung von Nachhaltigkeit für Unternehmen nimmt stetig zu. So verschärfen Regierungen und internationale Organisationen zunehmend die Anforderungen, z. B. durch die CSRD-Richtlinie der EU. Die systematische Erhebung und Analyse von Umweltkennzahlen dient nicht nur dem Reporting innerhalb der Nachhaltigkeitsberichterstattung, sondern hilft den Unternehmen dabei, strategische Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus legen Kunden und Geschäftspartner zunehmend größeren Wert auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen.

In einer globalisierten Wirtschaft sind grenzüberschreitende Arbeitnehmereinsätze für viele Unternehmen unverzichtbar. Die Motive hierfür sind vielfältig: der Einsatz von Arbeitnehmer*innen für internationale Kundenprojekte, der Austausch von Fachkenntnissen oder die berufliche Entwicklung von Arbeitnehmer*innen. Die Motive für Arbeitnehmerentsendungen beeinflussen dabei insbesondere die Gestaltung einer Entsenderichtlinie (sog. Expat-Policy).

Um nun die Verbindung zwischen Arbeitnehmerentsendungen und der Nachhaltigkeit zu ziehen, ist ein genauerer Blick auf die drei Säulen der Nachhaltigkeit – kurz ESG – wichtig. ESG steht für Environmental, Social und Governance (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung). Während die Kriterien zur Beurteilung vielfältig sind, können Arbeitgeber in Bezug auf die international tätigen Arbeitnehmer*innen in Form einer Entsenderichtlinie auch auf Nachhaltigkeitsaspekte eingehen.

Environment

Umweltaspekte spielen eine wesentliche Rolle bei grenzüberschreitenden Entsendungen. In der Entsende-Policy ist beispielsweise festgelegt, welche zusätzlichen Benefits ein*e Arbeitnehmer*in in Anspruch nehmen darf. Oft steht ein Budget für Heimreisen zur Verfügung. Somit rückt insbesondere das Reiseverhalten in den Fokus.

Arbeitnehmerentsendungen in Nicht-EU-Staaten sind in der Regel durch Flugreisen und ggf. durch Verschiffung von Hausrat gekennzeichnet. Neben Flugreisen bei Beginn und Ende einer Entsendung können Familienheimflüge für entsandte Arbeitnehmer* innen eine wichtige Rolle spielen, um ihre Familien bei längerfristigen Entsendungen zu besuchen oder den Umzug mitreisender Familienangehöriger zu organisieren.

Umwelt- und Klimaaspekte wirken auch auf die Nutzung umweltfreundlicher Transportmittel vor Ort im Gastland. Anzuführen ist die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrädern und Elektrofahrzeugen. Das ressourcenschonende Verhalten der Arbeitnehmer*innen kann ein wichtiger Beitrag unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sein.

Die erwähnten Aspekte tragen damit erheblich zu CO2-Emissionen bei und beeinflussen den CO2-Fußabdruck von grenzüberschreitenden Entsendungen. Soweit negative CO2-Emissionen nicht vermieden oder reduziert werden können, kommen Kompensationsmaßnahmen seitens des Arbeitgebers in Betracht. Hier sind z. B. die Unterstützung von Klimaprojekten zu nennen, die Treibhausgasemissionen reduzieren, oder der Kauf von Emissionszertifikaten durch Unternehmen. Das Mobilitätsverhalten von Arbeitnehmer*innen hat somit einen Einfluss auf den Nachhaltigkeitsbericht eines Unternehmens.

Social

Verschiedene soziale Faktoren spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Unter diesem Aspekt müssen Unternehmen sich mit Aspekten der Vielfalt, der Gerechtigkeit und der Inklusion befassen und diese gewährleisten. Dies gilt nicht nur im Rahmen von lokal ausgeübten Arbeitnehmertätigkeiten, sondern auch ganz besonders im Rahmen internationaler Entsendungen. So können sich Unternehmenswerte auch in Entsenderichtlinien wiederfinden.

Vielfalt fördern bedeutet dabei für Unternehmen, bei der Auswahl von Entsendekandidat*innen sicherzustellen, dass der Prozess inklusiv ist und Kandidat* innen unabhängig von ihren individuellen Merkmalen und mit unterschiedlichen Hintergründen Berücksichtigung finden. Teams mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen helfen dabei, unterschiedliche Perspektiven in Projekte vor Ort einzubringen.

Im Rahmen der Überarbeitung von Entsenderichtlinien erfolgen aktuell insbesondere Veränderungen im Hinblick auf die Verwendung inklusiver Sprache. Dies erfolgt z. B. im Rahmen geschlechtsneutraler Formulierungen oder der Vermeidung von Stereotypen. Unternehmen müssen jedoch auch sicherstellen, dass bei der Auswahl von Entsendekandidat* innen ein möglichst breites Spektrum an Arbeitnehmer*innen Zugang erhält. Wichtig ist dabei Transparenz bei der Ausschreibung von Stellen, damit sich Kandidat*innen unterschiedlicher Herkunft für die betreffende Stelle bewerben können.

Wenn eine Entsendung geplant wird, können Unternehmen im Rahmen ihrer Entsenderichtlinie bestehende interkulturelle Schulungen anbieten und ausbauen, damit Arbeitnehmer*innen selbst ebenfalls für die jeweiligen Aspekte sensibilisiert werden. So können Arbeitgeber ein Bewusstsein schaffen und darüber hinaus auch motivieren, eben mit diesem Bewusstsein auch nachhaltige Entscheidungen im Alltag des Gastlandes zu treffen.

Gerechtigkeit sicherstellen bedeutet, dass alle Arbeitnehmer*innen die gleichen Chancen bei der Auswahl und Durchführung von Projekten besitzen, unabhängig des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, der Religion, einer Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung.

Darüber hinaus spielt der Aspekt einer fairen Vergütung für die auszuführende Entsendetätigkeit eine wichtig Rolle. Dies beginnt mit der Auswahl des Vergütungsmodells (z. B. home-based oder host-based) oder der Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben wie dem Mindestlohn. Zusätzliche Vergütungen wie die Übernahme von Unterkunfts-, Reise- und Verpflegungskosten sollten klar geregelt und kommuniziert werden. Dabei ist es Verpflichtung des Unternehmens, im Heimat- und im Gastland eine korrekte Entgeltabrechnung sicherzustellen. Es müssen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte im Heimat- und im Gastland frühzeitig geprüft, Anträge wie die Freistellung vom Lohnsteuerabzug oder eine A1-Bescheinigung gestellt und bei der Entgeltabrechnung berücksichtigt werden.

Governance

Der Aspekt der Governance spielt im Rahmen der Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle in Entsenderichtlinien. Während innerhalb der EU/des EWR/der Schweiz viele und bekannte Regelungen die grenzüberschreitende Arbeitsausübung erleichtern, muss ein Arbeitgeber dennoch auch Aspekte bedenken, die im Heimatland oft als selbstverständlich angesehen werden.

Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben stellt sich im Rahmen grenzüberschreitender Entsendungen als zentrales Element dar. Deren organisatorische und prozessuale Einhaltung ist wichtiger Bestandteil von Entsenderichtlinien. Rechtliche Anforderungen des Entsendelandes wie Erfordernisse von Arbeits- und Aufenthaltserlaubnissen und Antragsprozesse sind ggf. bereits im Heimatland in die Wege zu leiten. Gleiches gilt für erforderliche Gesundheitsuntersuchungen, die im Rahmen der Einreise z. T. in Nicht- EU-Länder durchzuführen sind.

Mit Blick auf die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Entsendungen sind sowohl nationale Gesetze im Entsende- sowie im Gastland als auch bilaterale bzw. supranationale Regelungen (z. B. Doppelbesteuerungsabkommen bzw. EU-Verordnungen) zu beachten. Um allen Aspekten im Rahmen der Compliance gerecht zu werden, sehen Unternehmen in Entsenderichtlinien häufig die Unterstützung durch Steuerberater*innen im Heimat- und im Gastland vor. Die Einhaltung von Datenschutz- und Datensicherheitsregelungen stellt sich insbesondere in Nicht-EU-Ländern.

Gerade bei der Entsendung in Nicht-EU-Länder sollten Unternehmen Gedanken des Risikomanagements beachten. Hier ist eine Vielzahl an Aspekten wichtig, um die Sicherheit und das Wohlbefinden der entsandten Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten. In Zeiten globaler Unsicherheiten sind Gefährdungsbeurteilungen des Ziellandes oft unerlässlich. Dies ergibt sich bereits aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

Alle drei ESG-Bereiche stehen gleichbedeutend nebeneinander. Es gibt viele kleine und große Stellschrauben, die von Unternehmen und Arbeitnehmer* innen beeinflusst werden können. Dazu gehört es, neben klassischen Entsendeformen auch alternative Konzepte wie virtuelle Entsendungen zu entwickeln.

Unsere Arbeitsrechtsexpert*innen unterstützen gemeinsam mit unserem Global Mobility Team gern bei der Ausgestaltung und Überprüfung von Entsenderichtlinien. Die Expert*innen des Global Mobility Teams bieten darüber hinaus auch die ganzheitliche Betreuung von steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten rund um den grenzüberschreitenden Arbeitnehmereinsatz an. Forvis Mazars in Deutschland unterstützt zudem Unternehmen bei der Bewältigung regulatorischer Herausforderungen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie im Rahmen der ESG-Strategieberatung. Sprechen Sie uns gern an.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 2-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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