Aktuelles zur gleichen Entlohnung von Frauen und Männern

Einführung

Eine Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern herzustellen, ist Kernbestandteil einer „Compliance-gerechten“ Unternehmensführung. Der Blick in die betriebliche Arbeitswelt zeigt jedoch ein anderes Bild, denn oftmals erhalten Frauen und Männer ein unterschiedliches Entgelt für die „gleiche“ oder eine „gleichwertige“ Tätigkeit.

Ob eine Abweichung bei der Entlohnung von Frau und Mann stets unzulässig oder eine Differenzierung unter bestimmten Voraussetzung zulässig ist, wird Inhalt des folgenden Beitrags sein.

Vorab ist festzuhalten, dass ein gesetzliches Verbot einer „unmittelbaren“ oder „mittelbaren“ Entgeltdiskriminierung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gesetzlich normiert ist, vgl. § 3 und § 7 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG).

Abweichungen innerhalb der Entgeltbestandteile können jedoch ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn für eine Ungleichbehandlung als Differenzierungsmerkmal nicht das Geschlecht ursächlich ist, sondern sachlich gerechtfertigte Gründe herangezogen werden.

Als sachliche Differenzierungskriterien kommen das Dienstalter, die Qualität der Arbeitsleistung und/oder die Berufserfahrung in Betracht. Kommt es zu einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit, sind die herangezogenen Kriterien von der Arbeitgeberseite darzulegen und zu beweisen.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. Februar 2023 – 8 AZR 450/21

Im Rahmen dieser Thematik darf das Urteil des BAG zur Entgeltgleichheit (8 AZR 450/21) vom 16. Februar 2023 nicht fehlen. Kernaussage des Urteils ist, dass das Verhandlungsgeschick eines Arbeitnehmers sowie das Interesse von Arbeitgebern an einer Mitarbeitergewinnung allein keine geeigneten Kriterien für eine Entgeltungleichbehandlung von Männern und Frauen darstellten. Darüber helfe auch eine generell zwischen den Parteien herrschende Vertragsfreiheit nicht hinweg. Nach dem Sachverhalt könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ungleichbehandlung geschlechtsspezifisch begründet sei.

Das BAG weist darauf hin, dass bloße „allgemeine“ Behauptungen, sachliche Kriterien herangezogen zu haben, nicht ausreichend seien, um eine Differenzierung zu rechtfertigen. Die Arbeitgeberseite müsse vorgetragene Kriterien vielmehr hinreichend konkret und nachvollziehbar darlegen und beweisen.

Zur Begründung des klägerischen Anspruchs zog das Gericht die Rechtsnormen Art. 157 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union), § 3 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 EntgTranspG heran. Die zugrunde liegenden Rechtsnormen führen zur Umkehr der Beweislast (die grundsätzlich derjenigen Partei obliegt, die den Anspruch begehrt) zuungunsten der Arbeitgeberseite. Kann ein Indiz einer geschlechterspezifischen Ungleichbehandlung nicht ausgeräumt werden, muss der benachteiligten Partei das gleiche Gehalt gezahlt werden wie der bevorteilten.

Weiterentwicklung der BAG-Entscheidung durch andere Urteile

Die aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg vom 16. Juni 2024 – 4 Sa 26/23 – im Kontext

Im Sachverhalt war unstreitig, dass Gehaltsbestandteile bei der Klägerin für das Jahr 2021 geringer als beim Median ihrer männlichen Vergleichsgruppe ausfielen. Die Klägerin behauptete, dass eine Ungleichbehandlung aufgrund ihres Geschlechts vorgelegen habe.

Zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Entgeltzahlung hatte die Arbeitgeberin eine längere Betriebszugehörigkeit der männlichen Kollegen und eine qualitativ schlechtere Arbeitsleistung der Klägerin herangezogen. Das Arbeitsgericht sprach der Klägerin erstinstanzlich die Vergütungsdifferenz zu. Das LAG bestätigte diese Entscheidung.

Das Gericht stellte ein Indiz für eine Verletzung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit aufgrund des Geschlechts fest. Es lag dann an der Arbeitgeberin zu beweisen, dass ausschließlich andere Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung der Klägerin geführt haben.

Dies sei ihr jedoch nicht gelungen. Das bloße Berufen auf eine längere Betriebszugehörigkeit der männlichen Kollegen und eine qualitativ schlechtere Leistung der Klägerin sei nicht ausreichend. Zwar handele es sich dabei um grundsätzlich zulässige Differenzierungskriterien, die Arbeitgeberin habe aber nicht hinreichend konkret dargestellt, wie sie die Kriterien im Einzelnen bewertet und zueinander gewichtet habe.

Eine Entscheidung aus dem öffentlichen Bereich des Verwaltungsgerichts (VG) Freiburg vom 3. März 2023 – 5 K 664/21 – im Kontext

Der „Equal Pay“-Grundsatz gilt auch im öffentlichen Arbeitsbereich. Eine gerichtliche Entscheidung dazu liefert das VG Freiburg mit Urteil vom 3. März 2023 – 5 K 664/21. Eine ehemalige Bürgermeisterin, die schlechter bezahlt wurde als ihre männlichen Kollegen erhob Klage. Indizien für eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts seien nach Auffassung des Verwaltungsgerichts gegeben. Dafür sei schon ausreichend, dass die Klägerin niedriger besoldet worden sei als ihr männlicher Vorgänger in seinem letzten Amtsjahr und ihr männlicher Nachfolger von Beginn seiner Amtszeit an. Für diese Abweichung hätten allein objektive, amtsbezogene Kriterien entscheidend sein dürfen, die die beklagte Stadt jedoch nicht hinreichend nachgewiesen habe.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Arbeitgebern ist es grundsätzlich möglich, eine Entgeltdifferenz zwischen Frau und Mann zu rechtfertigen.

Waren Entgeltgleichheitsklagen bislang eher wenig präsent, kann sich dies aufgrund der vorgenannten Urteile ändern. Was bedeutet dies nun für Arbeitgeber in der Praxis?

Zur Rechtfertigung einer zulässigen Entgeltdiskriminierung ist ein „gerichtsfester“ prozessualer Tatsachenvortrag, der der Darlegungs- und Beweislast gerecht wird und für das Prozessgericht nachvollziehbar ist, unerlässlich. Es obliegt der Arbeitgeberseite, sich auf einen solchen entsprechend vorzubereiten.

Die Einführung einer standardisierten und lückenlosen Dokumentation im Rahmen von Gehaltsverhandlungen erscheint auf Arbeitgeberseite daher als dringend notwendig, sobald Entgeltsdiskriminierungen wegen des Geschlechts in Betracht kommen und nicht erst dann, wenn Rechtsstreitigkeiten „anstehen“.

Können Arbeitgeber nicht lückenlos nachweisen, dass die Entgeltdifferenz nicht geschlechtsbezogen ist, ist das Unterliegen in einem Prozess nahezu vorprogrammiert.

Dies gilt zusätzlich vor dem Hintergrund der Europäischen Entgelttransparenzrichtlinie (EU-EntgTransRL), die in Deutschland bis 2026 umgesetzt werden muss und Pflichten für Arbeitgeber ausweitet. Für die Arbeitgeberseite ist in diesem Zusammenhang jedoch zu beachten, dass das zuvor Gesagte unabhängig von einem Umsetzungsakt der EU-EntgTransRL bereits jetzt gilt.

Bislang war bei Entgeltungleichheit zunächst die Arbeitnehmerseite gefragt, mittels eines Anspruchs auf Auskunft zunächst die Ungleichheit in Erfahrung zu bringen und anschließend eine Anpassung geltend zu machen.

Durch Umsetzung der EU-EntgTransRL wird nun die Arbeitgeberseite als Erstes in die Pflicht genommen, denn ihr wird auferlegt, die Entgeltstrukturen im Unternehmen fortlaufend zu überwachen und spätestens bei Feststellen eines Gefälles von über fünf Prozent von sich aus aktiv zu werden. Den Mitgliedstaaten steht zur Umsetzung der Richtlinie eine Frist bis zum 7. Juni 2026 zu (Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie). Die ersten Berichterstattungspflichten (für Arbeitgeber mit mindestens 250 Arbeitnehmer* innen) beginnen am 7. Juni 2027 (Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie).

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 2-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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