BMF-Schreiben zur grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung und Konkretisierung der Bescheinigungspflicht

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in seinem Schreiben vom 12. Dezember 2023 (IV B 2 –S 1300/21/10024 :005, BStBl I 2023, 2179) zur Regelung der Besteuerung von Arbeitslohn nach den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und unter Berücksichtigung aktueller OECD-Rechtsprechung Arbeitgebern eine neue Bescheinigungspflicht auferlegt.

Die neuen Regelungen betreffen Fälle der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung, bei denen Arbeitnehmer*innen die Pflicht zukommt, die Interessenlage zwischen dem entsendenden und dem aufnehmenden Unternehmen offenzulegen. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, dahingehend mitzuwirken, dass sie eine Bescheinigung darüber ausstellen, inwieweit die Lohnkosten (inkl. Lohnnebenkosten und Lohnverwaltungskosten) an das aufnehmende Unternehmen weiterbelastet und in welchem Umfang diese Kosten vom entsendenden Unternehmen übernommen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bescheinigungspflicht rückwirkend auch für bereits bestehende Fälle gilt.

Unseres Erachtens besteht dabei ein nicht zu ignorierender Handlungsbedarf, der unter Umständen sogar einen Umstrukturierungsbedarf im Unternehmen mit sich bringt. Nur so kann sichergestellt werden, dass allen Dokumentationsanforderungen und Mitwirkungspflichten Genüge getan wird.

Die Besteuerung des Arbeitslohns vor dem Hintergrund der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung

Das BMF-Schreiben behandelt die Besteuerung von Arbeitslohn nach den DBA unter Berücksichtigung aktueller OECD-Rechtsprechung zur abkommensrechtlichen Fragestellung, welcher Staat der Ansässigkeitsstaat und welcher Staat der Quellenstaat ist. Dies ist im Kontext der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerentsendung nicht nur für die Besteuerung des erzielten Einkommens, sondern auch für abgeführte Sozialbeiträge des Arbeitgebers relevant.

Es besteht gem. Rn. 163 des Schreibens die Pflicht, die Interessenlage zwischen dem entsendenden und aufnehmenden Unternehmen unter Erbringung der exemplarisch aufgeführten Nachweise offenzulegen. Diese sind:

  • Entsendevertrag, ggf. Konzernentsenderichtlinie, Schriftverkehr zur Begründung der Entsendung 
  • Beschreibung der Tätigkeit des aufnehmenden Unternehmens sowie seiner Produkte bzw. Dienstleistungen; Tätigkeitsbeschreibungen für den*die entsandte*n Arbeitnehmer*in
  • konkrete Tätigkeitsnachweise, z. B. Berichte, Protokolle, die der*die entsandte Arbeitnehmer*in für das entsendende Unternehmen angefertigt hat
  • Stellenanzeigen
  • Arbeitsverträge des*der Arbeitnehmers*Arbeitnehmerin mit dem entsendenden und ggf. aufnehmenden Unternehmen
  • Nachweis über die Höhe des Arbeitslohns vor der Entsendung
  • Zeitnachweise für Art und Umfang der Tätigkeit
  • Reisekostenabrechnungen
  • funktionsorientiertes Arbeitnehmerorganigramm oder ähnliche Unterlagen

Der Arbeitgeber muss in diesem Kontext dem*der Arbeitnehmer*in bescheinigen, in welcher Höhe die Lohnkosten (inkl. Lohnnebenkosten und Lohnverwaltungskosten) vom aufnehmenden und entsendenden Unternehmen getragen werden (Rn. 164). Die Bescheinigung erfordert eine detaillierte Kostenübersicht und die gesamte Kostenallokation nach Fremdvergleichsgrundsätzen unter Einbeziehung aller im Zusammenhang mit der Entsendung entstandenen Kosten (Einzel- und Gemeinkosten).

Der Bescheinigung kommt Indizwirkung zu und lässt widerlegbar vermuten, dass die Tätigkeit ausschließlich im betrieblichen Interesse des aufnehmenden Unternehmens stattfindet (Rn. 165). Die vom Arbeitgeber zu machenden Angaben erstrecken sich gem. Rn. 167 (verweist auf Rn. 165 und 166) auf

  • laufender Arbeitslohn
  • Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Abfindungen, Bonifikationen
  • Zuführungen zu Pensionsrückstellungen
  • Sozialversicherungsbeiträge
  • (Auslands-)Zulagen
  • Sachbezüge (wie z. B. Aktienvergütungen oder Firmenwagen)
  • übernommene Steuerzahlungen
  • Kostenerstattungen für doppelte Haushaltsführung, Schulgeld, Internatskosten
  • Beratungsleistungen, wie z. B. Erstellung der Lohnabrechnungen
  • Lohnsteueranmeldungen sowie Einkommensteuererklärungen
  • sonstige Steuerberatungskosten, Steuerausgleichsberechnungen
  • sonstige Lohn- und Personalverwaltungskosten (Gemeinkosten)

Fazit

Für Unternehmen bedeutet dies einen weiteren nicht zu unterschätzenden Bürokratieaufwand. Und nicht zuletzt stellt sich die Frage: Wo bleibt hier der Datenschutz?

Forvis Mazars unterstützt gerne bei Gestaltungen und gibt Empfehlungen, um den Aufwand möglichst gering zu halten.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 2-2024. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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