Mobile Arbeit – zwischen flexibler Ausgestaltung im Arbeitsverhältnis und betrieblicher Mitbestimmung

Mobile Arbeit ist die derzeit fortschrittlichste Form der Arbeit. Die Arbeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte des Arbeitgebers hat sich in den vergangenen Jahren derart fortentwickelt, dass Begriffe wie „Telearbeit“ oder „Homeoffice“ neben dem Begriff der mobilen Arbeit mittlerweile fast als in die Jahre gekommen erscheinen.

Diese rasante Entwicklung beruht zum einen auf der zunehmenden Digitalisierung und zum anderen dürfte auch die während der Corona-Pandemie zeitweise bestehende Homeoffice-Pflicht ein wesentlicher Katalysator hierfür gewesen sein.

Im Jahr 2021 waren bereits knapp 25 % aller Erwerbstätigen in Deutschland zumindest gelegentlich im Homeoffice tätig. 2019 waren es hingegen lediglich 13 %. Derzeit arbeiten 10 % aller Erwerbstätigen in Deutschland sogar dauerhaft aus dem Homeoffice. Die mobile Arbeit ihrerseits ist in immer mehr Branchen und Unternehmen auf dem Vormarsch. Häufig geht die Initiative zu mobiler Arbeit von den Beschäftigten selbst aus, die sich mehr Flexibilität für ihren Arbeitsalltag wünschen.

I. Telearbeit, Homeoffice und mobile Arbeit

Unter mobiler Arbeit versteht man eine gelegentliche, nicht unbedingt ganztägige Arbeit mit Informations- und Kommunikationstechnik, die weder an den betrieblichen noch an einen häuslichen Arbeitsplatz gebunden ist. Die Tätigkeit wird also weder an einer Arbeitsstätte noch an einem Telearbeitsplatz ausgeübt. In Deutschland ist allein die Telearbeit gesetzlich geregelt. Telearbeitsplätze sind gem. § 2 Abs. 7 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich, für die der Arbeitgeber mit den Beschäftigten die wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Die Arbeit aus dem Homeoffice ist weiter zu verstehen, sie muss nicht an einem solchen Telearbeitsplatz verrichtet werden. Die mobile Arbeit bzw. die Arbeit aus dem „Mobile Office“, entfernt sich noch weiter von dem ursprünglichen Telearbeitsplatz und beschreibt eine Tätigkeit von jedem beliebigen Ort aus mittels mobiler Kommunikationsgeräte.

II. Vermehrte Anfragen von Beschäftigten

In den vergangenen zwei Jahren haben sich Anfragen von Beschäftigten, die nicht mehr allein in Telearbeit bzw. dem Homeoffice tätig sein, sondern auch mobil arbeiten wollen, signifikant gehäuft. In dieser Hinsicht ist ein klarer Trend zu erkennen, der auch in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen wird. Mobiles Arbeiten rückt auch immer dann in den Fokus, wenn Beschäftigte vorübergehend aus eigenem Antrieb für eine bestimmte Zeit unter anderem im Ausland tätig werden wollen. Diese Anfragen häufen sich und Arbeitgeber sind immer öfter veranlasst, entsprechende rechtssichere Regelungen mit ihren Angestellten zu treffen. Die mobile Arbeit ist somit auch immer mehr ein Einfallstor für „Workation“, eine Kombination aus Arbeit („work“) und Urlaub („vacation“), bei der die Beschäftigten ihrer Tätigkeit von einem Urlaubsort aus nachgehen.

III. Aktuelle Rechtslage in Deutschland

In Deutschland können Beschäftigte mit ihrem Wunsch nach mobiler Arbeit jederzeit an ihre Arbeitgeber herantreten. Eine gesetzliche Grundlage hierzu gibt es bislang nicht.

Eine Verständigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wonach Letzterer mobile Arbeit verrichten darf, beruht daher auf einer einzelvertraglichen Regelung und kann entsprechend den Bedürfnissen der Parteien einzelfallbezogen ausgestaltet werden. Arbeitgeber sind mangels gesetzlicher Grundlage frei darin, ein entsprechendes Ansinnen ihrer Beschäftigten abzulehnen. Anders als Telearbeit und Homeoffice unterfällt die mobile Arbeit nicht der Arbeitsstättenverordnung. Das Arbeitsschutzgesetz findet allerdings Anwendung und somit müssen Arbeitgeber auch bei mobiler Arbeit ihrer Angestellten eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen. Gleiches gilt unzweifelhaft auch für das Arbeitszeitgesetz. Hier dürften sich nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Zeiterfassung (BAG, Urteil vom 13.09.2022, 1 ABR 22/21) insbesondere praktische Fragen zur Zeiterfassung bei Tätigkeiten im Mobile Office stellen.

Noch in der vergangenen Legislaturperiode schuf die Bundesregierung im Betriebsrätemodernisierungsgesetz bereits einen kollektivrechtlichen Rahmen für die mobile Arbeit in Form eines weiteren Mitbestimmungstatbestandes. Dieser findet sich nun in dem Katalog des § 87 BetrVG unter Nr. 14. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht, bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird, mitzubestimmen.

Im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode wurde schließlich vereinbart, dass Beschäftigte mit geeigneten Tätigkeiten einen Erörterungsanspruch in Bezug auf mobiles Arbeiten und Homeoffice erhalten sollen. Arbeitgeber sollen dem Arbeitnehmerwunsch nur dann widersprechen können, wenn betriebliche Belange entgegenstehen.

Hier bleibt weiter abzuwarten, in welcher Form eine gesetzliche Regelung ergehen wird und welche Voraussetzungen diese für die mobile Arbeit schafft. Zum aktuellen Zeitpunkt sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls in der Ausgestaltung völlig frei. Aufgrund des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes ergibt sich lediglich für mitbestimmte Unternehmen etwas anderes.

IV. Einführung und Ausgestaltung mobiler Arbeit

Das Mitbestimmungsrecht in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG stellt einen sogenannten Auffangtatbestand dar, denn wesentliche Regelungsbereiche betrieblicher Mitbestimmung, die auch bei mobiler Arbeit zum Tragen kommen, ergeben sich bereits aus dem Katalog in § 87 Abs. 1 BetrVG. Hierzu zählen unter anderem Verhaltens- und Sicherheitsvorgaben, die Lage der mobilen Arbeitszeit oder aber die Einführung und Änderung von Informations- und Kommunikationstechnologie.

Die Regelung in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG, wonach der Betriebsrat bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit mittels Informations- und Kommunikationstechnik mitzubestimmen hat, ist ebenso einfach wie komplex. Aufgrund dieses sehr allgemein gehaltenen Wortlauts ist der Umfang der Mitbestimmung in der Praxis umstritten. Diesen Wortlaut mit Leben zu füllen wird auch künftig Aufgabe der Rechtsprechung sein. Das Mitbestimmungsrecht setzt zudem einen kollektiven Bezug voraus, was bedeutet, dass die individuelle Ausgestaltung von mobiler Arbeit mit einem einzigen Arbeitnehmer keine Mitbestimmung auslöst. Anders ist dies zu beurteilen, wenn die Ausgestaltung Arbeitsverhältnisse in kollektiver Weise betrifft.

1. Einführung mobiler Arbeit im Betrieb durch den Arbeitgeber

Die Mitbestimmung des Betriebsrats bezüglich der Ausgestaltung von mobiler Arbeit betrifft nicht eine etwaige generelle Entscheidung des Arbeitgebers zur Einführung (das Ob), sondern allein die tatsächliche Umsetzung im Unternehmen (das Wie). Dies bedeutet wiederum, dass die Entscheidung, mobile Arbeit einzuführen, dem Arbeitgeber obliegt und mitbestimmungsfrei ist. Der Arbeitgeber ist ebenso frei darin, den Kreis der berechtigten Arbeitnehmer zu bestimmen. Diese Punkte fallen somit noch unter das Ob. Die Grenze zwischen der Entscheidung zur Einführung mobiler Arbeit und deren Ausgestaltung kann mitunter fließend sein. Dem Betriebsrat steht darüber hinaus kein Initiativrecht hinsichtlich der Einführung mobiler Arbeit zu.

2. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Mitbestimmt ist die Ausgestaltung mobiler Arbeit, das Wie. Das Merkmal der Informations- und Kommunikationstechnik dürfte dabei ohne große Probleme ausgelegt werden können: Es handelt sich um sämtliche EDV und gängige Geräte wie Telefone, Laptops, Tablets oder Smartphones. Besonderheiten ergeben sich, wenn Beschäftigte zwar mobil im Sinne von örtlich flexibel, jedoch nicht mittels Informations- und Kommunikationstechnik arbeiten, sondern beispielsweise allein in Papierform. In diesem Fall besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, da keine Tätigkeit mittels Informations- und Kommunikationstechnik gegeben ist. Ein solcher Anwendungsfall dürfte in unserer digitalisierten Arbeitswelt allerdings zunehmend die Ausnahme darstellen. Auch auf absehbare Zeit dürfte bei einer Vielzahl von Tätigkeiten aufgrund der Digitalisierung davon auszugehen sein, dass sie mithilfe dieser Technik erbracht werden.

Unter den Anwendungsbereich von § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG fallen zudem keine Tätigkeiten als Fahrer, Bote oder beispielsweise Vertriebsmitarbeiter, denn diese Tätigkeiten können gar nicht auf dem Betriebsgelände erbracht werden und erfolgen auch nicht erst durch Absprache mit dem Arbeitgeber in mobiler Weise. Dasselbe gilt für Fahrleistungen im Güter- oder Personenverkehr und Tätigkeiten im Speditionsbereich. Diese Tätigkeiten sind daher nicht vom Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG erfasst.

Die Mitbestimmung über die Ausgestaltung wird generell weit verstanden. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Ort der mobilen Tätigkeit der Mitbestimmung unterworfen ist. Wenn es also im Rahmen der mobilen Arbeit um Tätigkeiten im Ausland (Workation) gehen soll, so hat der Betriebsrat diesbezüglich mitzubestimmen. Weiterhin unterliegen der zeitliche Umfang der mobilen Arbeit, die Verteilung der mobilen Arbeitszeit auf die einzelnen Tage der Woche sowie die Dauer und Anwesenheitspflichten in der Betriebsstätte der Mitbestimmung. Gleiches gilt für Fragen der Erreichbarkeit, der IT-Sicherheit, etwaiger Rückruf- und Rückkehrrechte sowie der Aufstellung von Verhaltenspflichten bei mobiler Arbeit generell.

V. Betriebliche Gestaltung mobiler Arbeit – praktische Hinweise

In Unternehmen ohne Betriebsrat sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer weitgehend frei in der Ausgestaltung der mobilen Arbeit, solange gesetzliche Mindestanforderungen etwa in Bezug auf Arbeitsund Ruhezeiten eingehalten werden.

Die Einführung mobiler Arbeit in Unternehmen mit Betriebsrat ist insbesondere mit Blick auf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu treffen. Eine klare Trennung zwischen dem Ob und dem Wie ist nicht immer möglich. Wie auch im Hinblick auf andere Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gilt es, frühzeitig mit diesem zu kommunizieren und gemeinsam einen Rahmen für die Durchführung mobiler Arbeit zu finden. Dies schafft nicht allein eine betriebliche Grundlage für die mobile Arbeit, sondern auch Rechtssicherheit.

Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen zu mobiler Arbeit kann dazu dienen, die nötige Rechtssicherheit auf betrieblicher Ebene zu generieren und das mobile Arbeiten an die betrieblichen Besonderheiten anzupassen. Mobile Arbeit – das zeigt die derzeitige Praxis – wird immer mehr zum festen Bestandteil unserer Arbeitswelt. Sie bietet viele Chancen und nach unserer bisherigen Erfahrung bei richtiger Gestaltung bislang nur relativ wenige Risiken.

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Autor

Dr. Philipp Wollert
Tel: +49 221 28 20 2531

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 1-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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