Umsatzsteuer auf Nebenleistungen auf Vermietungsumsätze
Problem
Nach derzeit noch bestehender Rechtslage gelten die in der Betriebskostenumlage abgerechneten Leistungen (Elektrizität, Wärme, Wasser und Abfallentsorgung) regelmäßig als unselbstständige Nebenleistungen zum eigentlichen Vermietungsumsatz und sind, wenn nicht zu Umsatzsteuer bezüglich der Vermietungsleistung optiert wurde, von der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG mit umfasst. Die von Wohnungsvermietern zu erfüllenden umsatzsteuerlichen Pflichten sind demzufolge gering.
Nun dürfte hier allerdings das EuGH-Urteil v. 16.04.2015 – C-42/14 Änderungen mit sich bringen und zumindest bei verbrauchsabhängig abgerechneten Betriebskosten grundsätzlich zu steuerpflichtigen Leistungen des Vermieters an den Mieter führen.
Sachverhalt
Grundlage des Rechtsstreits waren Vermietungsumsätze, für die nach polnischem Recht zur Umsatzsteuer optiert wurde. Im Rahmen dieser Vermietungstätigkeit legte die Klägerin die Kosten für Strom, Wärme, Wasser und Abfallentsorgungsleistungen auf die Mieter um und rechnete hierüber mit gesondertem Steuerausweis ab.
Zwischen der Klägerin und der polnischen Finanzverwaltung war strittig, ob die Belieferung der Mieter mit Strom, Wärme und Wasser bzw. die diesen gegenüber erbrachten Abfallentsorgungsleistungen selbstständige Leistungen darstellen und damit – jedenfalls, was die Wasserlieferung betrifft – mit einem niedrigeren Steuersatz zu versteuern sind als mit demjenigen, der für die steuerpflichtigen Vermietungsumsätze gilt.
EuGH: Urteil vom 16.04.2015 (C-42/14 Wojskowa)
Im aktuellen Urteil vom 16.04.2015 stellt der EuGH detaillierte Abgrenzungskriterien auf, anhand derer zu entscheiden ist, ob bei Versorgungs- bzw. Entsorgungsleistungen des Vermieters gegenüber dem Mieter eigenständige (steuerpflichtige) Umsätze oder unselbstständige Nebenleistungen zur (steuerfreien) Vermietung vorliegen.
Hinsichtlich der Lieferung von Wasser, Strom und Wärme ist zum einen von eigenständigen Hauptleistungen auszugehen, wenn es dem Mieter möglich ist, den Lieferanten frei zu wählen. Zum anderen stellen diese Versorgungsleistungen dann eigenständige Lieferungen dar, wenn der Mieter die Nutzungsmodalitäten (mit)- bestimmen kann. Hiervon ist lt. EuGH auszugehen, wenn die entsprechenden Leistungsbezüge verbrauchsabhängig mit individuellen Zählern abgerechnet werden und der Mieter somit durch sein Nutzungsverhalten zumindest über die Verbrauchsmenge beim Bezug von Wasser, Strom und Wärme selbst entscheiden kann.
Laut EuGH liegen einheitliche Leistungen dann vor, wenn bspw. schlüsselfertige, einschließlich Versorgungsleistungen einsatzbereite Büroräume vermietet werden. Zum anderen nimmt der EuGH bei der kurzfristigen Vermietung von Immobilien eine einheitliche Vermietungsleistung an.
Abschließend erklärt der EuGH, dass jedes Mietverhältnis gesondert hinsichtlich der vorliegenden Umsätze und der genannten Indizien zu prüfen wäre.
Praxishinweise
Wie einleitend bereits festgestellt, sieht Abschn. 4.12.1 Abs. 5 S. 3 UStAE die Lieferung von Strom, Wärme und Wasser sowie die Reinigung von Gemeinschaftsräumen „in der Regel“ als Nebenleistung zur Vermietung an. Aufgrund des EuGHUrteils vom 16.04.2015 besteht aus unserer Sicht die Notwendigkeit, Abschn. 04.12.1 Abs. 5 und 6 UStAE zu überarbeiten. Vor dem Hintergrund dieser EuGHEntscheidung ist abzusehen, dass in nächster Zeit die Finanzverwaltung und/oder der Gesetzgeber reagieren werden. Wenngleich hier mit Übergangsfristen seitens der Verwaltung zu rechnen ist, sollte die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenleistung bereits jetzt überprüft werden. Das heißt, die entsprechenden Unternehmen sollten prüfen, ob sie im Zusammenhang mit der Vermietung steuerpflichtige Umsätze erbringen. Auf der Eingangsseite könnte eine eigenständige Lieferung von Strom je nach Verbrauch dazu führen, dass der Vermieter hinsichtlich des eingekauften Stroms als Leistungsempfänger die Steuer schuldet.
Zumindest bei den (anteilig) verbrauchsabhängig abzurechnenden Kosten für Wärme und Warmwasser wird von steuerpflichtigen Lieferungen auszugehen sein. Ausnahmen können bei der Vermietung von Wohnungseigentum gelten. Zudem sind die in die steuerpflichtigen Leistungen des Vermieters eingehenden Leistungsbezüge zu ermitteln und der Vorsteuerabzug entsprechend geltend zu machen.
Dies ist ein Beitrag aus unserem NPO-Newsletter 1/2016. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier.