Die E-Rechnung wird Pflicht: was Entscheider*innen jetzt wissen müssen

Die bevorstehende Verpflichtung zur digitalen Rechnungsstellung ab 2025 stellt Unternehmen nicht nur vor rechtliche Herausforderungen, sondern bietet auch Chancen. Wer frühzeitig Prozesse und Systeme anpasst, spart gerade im Rechnungsmanagement deutliche Kosten. Mit unserem Leitfaden möchten wir Sie dabei unterstützen, Fallstricke zu vermeiden und die neuen Anforderungen erfolgreich umzusetzen.

Elektronische Rechnungen werden für Unternehmen in Deutschland im B2B-Bereich bald zur Pflicht. Der Handlungsdruck ist hoch, da viele der mehr als drei Millionen Firmen hierzulande in Deutschland noch auf Papierrechnungen oder einfache PDFs setzen, die den künftigen Anforderungen nicht genügen. „Hauptziel der neuen Regelung ist es, den Umsatzsteuerbetrug einzudämmen“, sagt Birgit Jürgensmann, Steuerberaterin und Partnerin bei Forvis Mazars. Rechnungen sollen daher künftig ausschließlich elektronisch von den Aussteller*innen an die Empfänger*innen übermittelt werden – perspektivisch flankiert durch ein „nahezu Echtzeit-Reporting“.

Was bedeutet die E-Rechnungspflicht?

Die E-Rechnungspflicht, eingeführt durch das Wachstumschancengesetz der Bundesregierung, soll den gesamten Prozess der Rechnungsstellung und -verarbeitung systematisch digitalisieren. Zunächst betrifft sie inländische Unternehmen, die steuerpflichtige und ausgewählte steuerfreie (zum Beispiel innergemeinschaftliche Lieferungen und Ausfuhren) Umsätze in Deutschland tätigen. Ausländische Firmen, die hier für Umsatzsteuerzwecke registriert sind, fallen dagegen nicht unter die neuen Regeln.

Die Verpflichtung umfasst alle Geschäftsbeziehungen zwischen den betroffenen Unternehmen, unabhängig von deren Haupt- oder Nebenerwerb. „Traditionelle Papierrechnungen und auch individuell formatierte digitale Dokumente müssen künftig durch E-Rechnungen ersetzt werden, die in einem festgelegten elektronischen Format übermittelt und empfangen werden“, betont Jürgensmann. Allerdings gebe es Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen, die Firmen in Anspruch nehmen könnten.

Welche Fristen und Ausnahmen existieren?

  • Ab dem 1. Januar 2025 müssen alle betroffenen Unternehmen E-Rechnungen empfangen und verarbeiten können. Die Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen tritt zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich in Kraft. Aufgrund des erheblichen Umsetzungsaufwands hat der Gesetzgeber allerdings Übergangsregelungen für die Jahre 2025 bis 2027 eingeführt.
  • Bis Ende 2026 dürfen Firmen weiterhin sogenannte sonstige Rechnungen, d. h. Papierrechnungen oder per E-Mail verschickte PDFs, für B2B-Geschäftsumsätze aus den Jahren 2025 und 2026 versenden. Auch elektronische Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, bleiben in diesem Zeitraum zulässig, sofern die Empfänger*innen zustimmen.
  • Organisationen mit einem Vorjahresumsatz von höchstens 800.000 € können bis 2027 von dieser Vereinfachungsregelung Gebrauch machen. Auch hier sind nicht formatkonforme elektronische Rechnungen zulässig, Empfängererlaubnis vorausgesetzt.
  • Ab 2028 müssen alle Unternehmen, einschließlich Kleinbetriebe, die neuen Anforderungen für E-Rechnungen und deren Übermittlung bei B2B-Transaktionen einhalten.
  • Eine bedeutende Ausnahme betrifft Kleinbetragsrechnungen bis 250 € sowie Fahrausweise, die weiterhin in der bisherigen Form, etwa als Papierrechnung, übermittelt werden können. Für diese Fälle ist keine Umstellung auf das elektronische Format nötig.

Was gilt künftig als elektronische Rechnung?

Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format erstellt, übermittelt und empfangen wird, um eine digitale Verarbeitung zu ermöglichen. „Ein per E-Mail versendetes PDF-Dokument, erfüllt die Anforderungen an eine E-Rechnung nicht“, sagt Birgit Jürgensmann. Das Format muss den europäischen Normen für elektronische Rechnungsstellung (CEN-Norm EN 16931) entsprechen. Die festgelegte digitale Struktur kann auch zwischen Aussteller*in und Empfänger*in vereinbart werden. Dafür ist es notwendig, dass die richtigen und vollständigen Rechnungsdaten entnommen werden können und die Form mit anderen Systemen zusammenarbeitet.

Warum sollten alle Betroffenen frühzeitig handeln?

Trotz der bestehenden Übergangsfristen ist es für kleine und mittelständische Firmen entscheidend, die Umstellung zügig anzugehen. „Ob und welche Sanktionen es geben wird, falls die neuen Regelungen missachtet werden, ist zwar noch nicht klar“, erläutert Jürgensmann. „Es könnten aber neben Bußgeldern auch Probleme beim Vorsteuerabzug drohen.“ Zudem bringt die E-Rechnungspflicht erhebliche Vorteile.

Zeit für Anpassungen nutzen: Indem Unternehmen frühzeitig handeln, können sie ihre Systeme gründlich und ohne den Druck enger Fristen testen und anpassen. So stellen sie proaktiv sicher, dass alle technischen und organisatorischen Anforderungen der elektronischen Rechnungsstellung rechtzeitig erfüllt werden. Dazu gehört, neue Softwarelösungen zu integrieren, Mitarbeiter*innen zu schulen und interne Prozesse anzupassen. Ein gut durchdachter Implementierungsplan ermöglicht es zudem, potenzielle Probleme frühzeitig zu identifizieren und zu beheben, wodurch das Risiko von Betriebsstörungen minimiert wird.

Wettbewerbsvorteile sichern: Durch die schnelle Implementierung der E-Rechnung können Unternehmen die Vorteile der Digitalisierung im Rechnungswesen voll ausschöpfen. Dies ermöglicht eine effizientere und transparentere Abwicklung der Geschäftsprozesse. Firmen, die frühzeitig handeln, können sich als Vorreiter positionieren und von einem verbesserten Kundenservice profitieren.

Effizienz steigern: Automatisierte Rechnungsprozesse reduzieren den manuellen Aufwand und führen zu einer schnelleren Bearbeitung und Freigabe von Rechnungen, was die Liquidität des Unternehmens verbessert. Zudem wird dadurch das Risiko von Fehlern minimiert, die bei manuellen Eingaben häufig auftreten. Dies fördert eine bessere Nutzung der in Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels knappen Personalressourcen.

Kosten senken: Wenn man auf elektronische Rechnungen umsteigt, wird weniger Papier verwendet und es muss kein Porto mehr bezahlt werden. Studien haben gezeigt, dass Organisationen bis zu 80 Prozent der Kosten bei der Rechnungsverarbeitung einsparen können. Diese Mittel können stattdessen in andere Bereiche reinvestiert werden, um weiteres Wachstum zu fördern.

Nachhaltigkeit fördern: Den Papierverbrauch umfassend zu verringern, kann bedeutend dazu beitragen, den eigenen CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Dies unterstützt nicht nur die ESG-Ziele der Firma, sondern verbessert auch das öffentliche Image als umweltbewusste Organisation. Da Kund*innen und Geschäftspartner*innen immer mehr Wert darauf legen, dass Unternehmen tatsächlich nachhaltiger handeln, steigt die Attraktivität des Unternehmens bei seinen Stakeholdern.

Transparenz und Compliance stärken: Elektronische Rechnungen ermöglichen es, die damit zusammenhängenden Geschäftsvorfälle transparenter nachzuvollziehen und erleichtern es so, gesetzliche Vorschriften einzuhalten. Durch eine strukturierte Datenhaltung lassen sich Informationen einfacher überprüfen und auditieren, wodurch sich das Risiko von Unregelmäßigkeiten und rechtlichen Problemen verringert. Dies stärkt das Vertrauen in die Finanzberichterstattung des Unternehmens und verbessert die Beziehungen zu Behörden und Geschäftspartner*innen.

„Make“ oder „Buy“?

Unternehmen stehen vor der strategischen Wahl, ob sie die Transformation ihrer Rechnungslegungsprozesse intern umsetzen oder auf externe Unterstützung zurückgreifen möchten. Diese Entscheidung zwischen einer eigenen Entwicklung und der Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienstleistern ist insbesondere angesichts der Komplexität der neuen Regelungen zur elektronischen Rechnungsstellung wichtig. Steuerexpertin Birgit Jürgensmann betont, dass gerade für mittelständische Firmen eine frühzeitige Beratung unerlässlich sein könnte, um optimal vorbereitet zu sein. Wichtig sei außerdem, dass die umsatzsteuerrechtliche Abbildung von Geschäftsvorfällen in den Systemen korrekt erfolge, da es um die Verarbeitung von Massendaten gehe. 

Es sei von großer Bedeutung, sämtliche betroffenen Geschäfts- und Rechnungslegungsprozesse umfassend zu überprüfen und zu optimieren. „Unternehmen sollten dabei vorrangig ihre bestehende Systemlandschaft analysieren, um zu erreichen, dass alle notwendigen Daten verfügbar sind, und um festzustellen, ob Investitionen in neue Hard- und Software erforderlich sind“, ergänzt Jürgensmann. Diese Vorgehensweise helfe sicherzustellen, dass Geschäftsmodelle und Stammdaten ordnungsgemäß abgebildet werden. Dies sei unerlässlich, um etwa Compliance-Anforderungen einzuhalten.

„Forvis Mazars hat eine Taskforce ins Leben gerufen, um Unternehmen dabei zu helfen, ihr Rechnungsmanagement umzustellen“, sagt Jürgensmann. Diese setzt sich aus Expert*innen verschiedener Fachrichtungen zusammen, die gemeinsam daran arbeiten, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die den individuellen Anforderungen jeder Firma gerecht werden. Durch die gezielte Kombination von Fachwissen aus den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, IT- und Prozessberatung bietet Forvis Mazars eine umfassende Unterstützung. Diese erleichtert es Mandanten, die Herausforderungen der durch die E-Rechnungspflicht beschleunigten digitalen Transformation erfolgreich zu bewältigen und die eigene Wettbewerbskraft zu stärken.

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