„Vertrauen wird erarbeitet – eine offene und ehrliche Kommunikation fungiert dabei als Katalysator“

Wenn neue Vorstandsvorsitzende das Amt antreten, soll die Zusammenarbeit im Führungsteam vom Start weg leistungsstark verlaufen. Die Expert*innen Dr. Alexandra von Künsberg und Dr. Sebastian Schneck von Forvis Mazars erläutern im vierten Teil der Serie „Vorstandswechsel“, welche strategischen Schritte dafür hilfreich sind.

Frau Dr. von Künsberg, in den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl an Vorstandswechseln in der deutschen Wirtschaft. Wie findet ein neues Vorstandsteam am besten zusammen?

Dr. von Künsberg: Ein neues Vorstandsteam findet am besten zusammen, indem es von Anfang an eine klare und offene Kommunikation etabliert. Unsere Erfahrungen zeigen, dass moderierte, regelmäßige Vorstandsworkshops hilfreich sind, sei es im Kontext einer Unternehmensnachfolge, einer Fusion oder einer organisatorischen Transformation. Die Definitionen von Vision und Zielen können per se zu Konflikten führen, insbesondere wenn ein gemeinsamer Modus Operandi erst noch gefunden werden muss. Hier spielen auch persönliche Herausforderungen oder Charaktereigenschaften eine Rolle: Was ist jedem einzelnen Vorstandmitglied in der täglichen Interaktion wichtig und wie geht das Team mit Meinungsverschiedenheiten um?

Diese Transparenz bildet die Basis, um Vertrauen unter den Vorständ*innen zu schaffen und auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören. Die abgestimmten Erwartungen und Ziele sollten wiederum kaskadiert an die nächsten Führungsebenen sowie an alle Mitarbeiter*innen kommuniziert werden.

Was sind die wichtigsten Faktoren, die ein neues Führungsteam von Anfang an leistungsstark machen?

Dr. von Künsberg: Effektive Kommunikation, eine gemeinsame Zielverfolgung und Vertrauen zählen zu den wichtigsten Faktoren. Vertrauen wird erarbeitet – eine offene und ehrliche Kommunikation fungiert dabei als Katalysator und unterstützt die gemeinsame Zielverfolgung.

Herr Dr. Schneck, welche Art der Unterstützung und Begleitung durch den Aufsichtsrat und die Eigentümer*innen ist dabei effektiv?

Dr. Schneck: Effektive Unterstützung zeigt sich in regelmäßigen Feedback-Meetings, Mentoring und Coaching. Wichtig ist, dass der Aufsichtsrat dem Vorstand Vertrauen entgegenbringt und ihm die Freiheit gibt, Entscheidungen zu treffen, während er gleichzeitig als Berater zur Verfügung steht. Transparenter Informationsaustausch und offene Kommunikation durch regelmäßige Updates und Berichte sind entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und eine effiziente Zusammenarbeit zu fördern.

Wie stellen Sie sicher, dass die Mitglieder des Führungsteams sich einigen?

Dr. Schneck: Alle Mitglieder des Führungsteams müssen aktiv an der Definition und Formulierung der Unternehmensziele beteiligt sein. So kann man sicherstellen, dass sie sich alle damit identifizieren und diese unterstützen. Die eindeutige Bestimmung der Erfolgsgrößen ist zentral, um den Fortschritt zu messen. Schließlich müssen relevante Handlungsfelder, Verantwortlichkeiten und Maßnahmen definiert und zugeordnet werden. Im Gegensatz zu immer noch vorherrschenden Meeting-Marathons kann eine agile Steuerung, durch die Ziele und Prioritäten gemeinsam und kontinuierlich evaluiert werden, die Produktivität steigern. So kann flexibel auf Veränderungen reagiert werden.

Frau Dr. von Künsberg, Herr Dr. Schneck, wie wird eine gemeinsame Führungskultur entwickelt, mit der sich nicht nur der Vorstand und der Aufsichtsrat identifizieren, sondern durch die sich auch die Mitarbeiter*innen motiviert fühlen?

Dr. Schneck: Unternehmensvision und -werte sind das Fundament einer starken Unternehmenskultur, geben Orientierung und helfen, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Bei tiefgreifenden Veränderungen ist es wichtig, dass die Vision und die Werte des Unternehmens in allen Ebenen klar kommuniziert und gefördert werden. Wir gehen daher von Anfang an nach einem Top-down-Ansatz vor. Wenn sich auf der Führungsebene alle geeinigt haben, sprechen wir über Führungskultur. Was heißt das für die Kommunikation ins Unternehmen? Wie müssen Führungskräfte in ihrer Vorbildrolle agieren, damit ihnen die Mitarbeiter*innen folgen? Regelmäßige Workshops und Schulungen können helfen, die Vision und die Werte ins Unternehmen zu kommunizieren und sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter*innen diese verstehen und leben. Eine klare Vision dient als Leitstern, der das Handeln und die Entscheidungen im Unternehmen lenkt. Zudem kann eine starke Unternehmenskultur die Mitarbeiterbindung und -motivation erheblich steigern.

Dr. von Künsberg: Sie sprechen hier einen Faktor an, der regelmäßig unterschätzt wird, weil er einerseits zeitaufwendig ist und damit teuer scheint, und andererseits sein Effekt nicht sofort messbar ist: das berühmte Change Management. Neben der erwähnten Kaskadierung aus dem Vorstand auf die nächsten Führungsebenen ist die rechtzeitige und stärkere Einbindung der Mitarbeiter*innen das A und O. Das kann durch Sounding Boards geschehen, durch regelmäßige Umfragen oder durch die Benennung sogenannter „Transformation oder Change Agents“.  Wichtig ist, dass die Führungskultur und das Vorbildverhalten der Führungskräfte die Unternehmensziele unterstützen. Dabei müssen nicht nur die Ziele, sondern auch das „Warum“ nachvollziehbar kommuniziert werden. Besonders anspruchsvoll ist es, festgefahrene Verhaltensweisen und Widerstände gegen Änderung aufzubrechen. Dies kann notwendig sein, wenn das Vorstandsteam beispielsweise nach Jahren starken Wachstums zu tiefgreifenden Transformationen aufgrund von Kosten- und Wettbewerbsdruck gezwungen ist.

Stichwort tiefgreifende Veränderungen: Wie kann darüber hinaus sichergestellt werden, dass ein neues Führungsteam langfristig und auch in schwierigen Zeiten leistungsstark bleibt?

Dr. von Künsberg: Zu glauben, vertrauensbildende Maßnahmen werden in nur zwei, drei Workshops erreicht, ist jedenfalls ein Riesenirrtum. Sind die Ziele definiert, geht es darum herauszufinden, wo es unterschiedliche Einschätzungen und Meinungen gibt. Dabei spielt Kompetenz zwar eine Rolle, aber es geht auch um Ängste. Diese offen zu thematisieren, ist der Anfang – von hier aus kann man sich weiterentwickeln. Ein regelmäßiges Format abseits der üblichen Vorstandsmeetings kann den Prozess zu unterstützen.

Dr. Schneck: Eine starke Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Zusammenarbeit und gemeinsamen Werten basiert, kann das Team auch in schwierigen Zeiten zusammenhalten. Es ist wichtig, dass diese kontinuierlich gepflegt und weiterentwickelt wird, um ein positives und unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen.

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