Teil 1
Autor*innen: Josephine Harth und Mario Bartz
Büroimmobilien
Mit der Corona-Pandemie endet auch vorerst der langjährige Boom des deutschen Büroimmobilienmarktes. Verlängerter Lockdown bis Mitte Februar 2021, Rezession und die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung spielen in die Investitionsentscheidung vieler Investoren ein, was zu einer Verlangsamung der Transaktionsprozesse führt. Doch im langjährigen Vergleich liegt das Transaktionsvolumen sehr hoch. In 2020 wurde laut CBRE ein deutschlandweites Transaktionsvolumen von 79,2 Mrd. € verzeichnet, was 5,5 % unter dem Rekordjahr 2019 liegt. Der größte Anteil entfiel hierbei auf Büroimmobilien (35 %), gefolgt von Wohnimmobilien (25 %). In den Top-7-Städten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) blieben die Bruttospitzenrenditen von Büroimmobilien für 2020 auf einem Allzeittief von 2,85 %.
Doch der Trend hin zum Homeoffice hat besonders in Frankfurt am Main einen erheblichen Einfluss auf den Bedarf an Büroflächen. In 2020 fiel dort der Büroflächenumsatz um 42 %, auf 336.100 m², was den stärksten Rückgang seit 2004 widerspiegelt. Geplante Umzüge werden verschoben, viele Mieter entscheiden sich sogar für Untervermietungen und Flächenreduktion. Die Leerstandsrate für Büroimmobilien in Frankfurt am Main sank aufgrund von Umnutzung und hohen Fertigstellungsvolumina auf 6,4 % im Jahresvergleich. Trotz der insgesamt hohen Belastung für Büromärkte profitieren hochwertige Flächen in Core-Lagen nach wie vor von hoher Nachfrage und dürften trotz eines parallel dazu zu beobachtenden moderaten Leerstandsanstiegs konstante bis ansteigende Spitzenmieten erfahren. So auch das größte Bauprojekt in Frankfurts Innenstadt – das FOUR-Areal. Hier wurden 2020 mit Deka, Freshfield und der Boston Consulting Group als zukünftigen Mietern die drei größten Deals in der Bankenlage unterzeichnet, wobei die Fertigstellung noch weitere fünf Jahre andauert. Damit sind die Gewinner der aktuellen Pandemie bereits ersichtlich – Core-(Plus-)Immobilien in Core-Lagen. Doch das begrenzte Angebot an Core-Immobilien führt auch dazu, dass Investoren auf Investments an B-Standorten ausweichen. Relativ hohe Leerstände erfahren jedoch weiterhin die peripheren Bürolagen Frankfurts, wie Niederrad und das Mertonviertel, da es diesen Lagen aufgrund von infrastrukturellen Defiziten und zu kleinen Büroflächen an Attraktivität mangelt.
Neben Rendite und Risiko als zentralen Kaufentscheidungsparametern institutioneller Investoren werden zukünftig auch Nachhaltigkeitsaspekte die Immobilieninvestition als zentrales Kriterium prägen. Neubau und nachhaltig sanierte Bestandsimmobilien müssen somit Nachhaltigkeitsaspekte erfüllen, die wiederum in einer Teuerung der Preise beim Bau resultieren, aber langfristig Kosten einsparen lassen. Inwiefern sich der Büroflächenbedarf in den kommenden Jahren entwickelt, bleibt abzuwarten. Eins ist jedoch klar: Überflüssig wird das Büro nicht. Büroimmobilien bleiben somit trotz sinkenden Anteils am Gesamtvolumen weiterhin eine der stärksten Assetklassen.
Logistik
Der Logistikmarkt zeigt sich im Vergleich zu den anderen Assetklassen weitestgehend krisenresistent. Für viele Investoren sind Logistikimmobilien aus Mangel an renditestarken Alternativen sogar in den Fokus gerückt. Der Onlineshopping-Trend erfährt durch Corona eine nochmals verstärkte Nachfrage nach Logistikimmobilien, die erweitert wird durch die Lebensmittelindustrie. Laut BNP Paribas Real Estate konnten die Branchen Lebensmittel und E-Commerce die gesunkene Nachfrage in der Automobilbranche überkompensieren, was in einem deutschlandweiten Transaktionsvolumen für Logistikimmobilien von rund 7,9 Mrd. € (56 % über dem langjährigen Durchschnitt) in 2020 resultierte. Die Hauptstadt Berlin trägt hierbei mit insgesamt 1 Mrd. € maßgeblich zum Transaktionsvolumen bei. Spezialfonds bilden mit 35,1 % die größte Käufergruppe.
Die Produktion von Impfstoffen und die erhöhte Nachfrage nach Atemschutzmasken haben zusätzlich einen positiven Effekt auf die Logistikbranche und folglich auch auf Logistikimmobilien. Die Pandemie hat auch gezeigt, wie empfindlich globale Lieferketten sind. Würden sich deutsche Unternehmen also dazu entscheiden, auf verschiedene lokale Lieferanten sowie größere Lager im Inland zu setzen, könnte dies die Nachfrage nach deutschen Logistikimmobilien zusätzlich steigern. Der Kriseneffekt könnte zukünftig für noch mehr Wettbewerbsdruck und folglich für eine Renditekompression auf dem Logistikmarkt sorgen. Nettospitzenrenditen für Neubauten in Bestlage fielen im vierten Quartal 2020 auf 3,35 %. Durch das wohl zu erwartende anhaltende Investoreninteresse wird der Logistikimmobilienmarkt von steigender Flächennachfrage und anhaltender Produktknappheit aufgrund von Mangel an geeigneten Grundstücken geprägt sein, sodass Kaufpreise und Mieten weiterhin steigen werden. Wegen der wachsenden Nachfrage boomen derzeit auch die Logistikimmobilienfonds. Hansainvest legte in 2020 einen Logistikfonds mit einem Zielvolumen von 350 bis 400 Mio. € auf, gefolgt von Engel & Völkers, deren offener Spezial-AIF ein Fondsvolumen von 300 Mio. € bereitstellen soll.
Einzelhandelsimmobilien
Durch den anhaltenden Lockdown bis (vorerst) Mitte Februar 2021 gehört der Einzelhandelsmarkt unumstritten zu den Segmenten, die am stärksten von den Auswirkungen und entsprechenden Maßnahmen der Corona-Pandemie betroffen sind. Aber trotz Lockdown im ersten und vierten Quartal 2020 erzielt der Retailinvestmentmarkt ein solides Ergebnis mit einem Investmentvolumen, vorrangig im Portfoliosegment, von insgesamt 12,3 Mrd. € in 2020 und liegt somit nur 5 % unter der Vorjahresbilanz.
Doch die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind vor allem in den Top-7-Städten spürbar. Das Investitionsvolumen ist in diesen Einzelhandelsmetropolen um rund 22 % gesunken. In 2020 erzielt lediglich Hamburg ein höheres Investitionsvolumen im Vorjahresvergleich, bedingt durch den Verkauf der beiden Karstadtfilialen von Quantum an Signa.
Discounter, Fach- und Supermärkte machen rund 57 % des Gesamtinvestitionsvolumens 2020 aus.
Dem Lebensmitteleinzelhandel war es möglich, seinen Absatz von Januar bis September 2020 um 12 % im Vorjahresvergleich zu steigern. Diese Tendenz wird auch von einer aktuellen Markteinschätzung der Patrizia bestätigt. Demnach könnten Einzelhandelsimmobilien, die für die Bereiche „Food & Convenience Retail“ genutzt werden, einen deutlichen Vorteil gegenüber Immobilien haben, die vor allem durch Marktteilnehmer gemietet werden, die von rücklaufenden Umsätzen und einer Verlagerung in den Internetverkauf betroffen sind. Dies begründet auch den Rückgang der Attraktivität dieser Assetklasse. „Retail“ insgesamt belegt somit laut einer Umfrage von INREV nur den fünften Platz unter den institutionellen Investoren. Ob das starke Wachstum im Sektor des Lebensmitteleinzelhandels allerdings nachhaltig ist, wird sich erst in den kommenden Monaten und Jahren abzeichnen.