Neue Entwicklungen im Bereich der Umsatzabgabe im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungen

Das Bundesgericht hat sich in seinem aktuellen Urteil vom 25. November 2024 mit der Thematik auseinandergesetzt, ob die Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligungen der Umsatzabgabe unterliegt. Das Bundesgericht hält erstmals fest, dass die unentgeltliche Ausgabe von Aktien im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsplänen grundsätzlich nicht der Umsatzabgabe unterliegen soll.

Beim eingangs erwähnten Entscheid des Bundesgerichtes (9C_168/2023, 9C_176/2023 – zur Publikation vorgesehen) war strittig, ob zwei Transaktionen einer Schweizer Gesellschaft, welche als Effektenhändlerin gemäss Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) qualifiziert, der Umsatzabgabe unterliegen. Im Folgenden wird der Fokus auf die im Enscheid bezeichnete Transaktion B gelegt.

Aktueller Entscheid des Bundesgericht

Der im Zusammenhang mit der Transaktion zu beurteilende Sachverhalt betrifft die Ausgabe von Aktien an Mitarbeiter der Unternehmens-Gruppe im Rahmen von zwei Mitarbeiterbeteiligungsplänen, nämlich sog. Restricted Stock Units (RSU) und Performance Share Units (PSU). Die berechtigten Mitarbeiter erhielten nach einer Sperrfrist von drei Jahren kostenlos Aktien des Unternehmens oder alternativ den äquivalenten Barbetrag. Die Anzahl der Aktien, die am Ende der Sperrfrist den RSU-Begünstigten geliefert werden, wurde von der Gesellschaft auf der Grundlage der entsprechenden Bestimmungen des Plans festgelegt. Bei PSUs hing die Anzahl der PSUs, die einem Mitarbeiter zugewiesen wurden, von verschiedenen Kriterien ab, darunter die individuelle Leistung und Überlegungen zur «internen Konsistenz». Die Anzahl der Aktien, die ihm dann am Ende der Vesting-Periode geliefert wurden, richteten sich dann nach der Anzahl der von ihm gehaltenen PSUs und der Performance-Kriterien der Aktien der Gesellschaft. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Sperrfrist wurden die Aktien sofort erworben oder verfielen unter bestimmten Voraussetzungen. 

Die Schweizer Gesellschaft argumentierte, dass diese Zuteilungen unentgeltlich und somit nicht umsatzabgabepflichtig seien, während die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) sowie das Bundesverwaltungsgericht (Entscheid BVGer A-3279/2019 vom 16. Januar 2023) zum Schluss kamen, dass die Übertragungen gegen Entgelt erfolgten,  da die Zuteilungen in engem Zusammenhang mit der von den betreffenden Mitarbeitern erbrachten Arbeitsleistung stünden.

Das Bundesgericht hat entschieden, dass im vorliegenden Fall die Übertragung der Aktien nicht der Umsatzabgabe unterliegt, da die betroffenen Mitarbeiter keinen Kauf- oder Vorzugspreis zahlen mussten und die Zuteilung der Aktien nicht mit einer bestimmten Arbeitsleistung verbunden werden konnte. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Mitarbeiter für die Zuteilung eine Arbeitsleistung erbracht hatten, ist nicht klar, wie eine solche Arbeitsleistung bewertet werden soll. Eine Bewertung der Arbeit basierend auf dem Börsenkurs der zugeteilten Aktien hätte zur Folge, dass eine Arbeitsleistung je nach Tag der Zuteilung einen unterschiedlichen Wert hat. Diese Unmöglichkeit, einen Verkehrswert für eine Arbeitsleistung zu ermitteln, zeige, dass die Umsatzabgabe nicht erhoben werden soll, wenn steuerbare Urkunden an Mitarbeiter im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsplans unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Wie ist dieser Entscheid in der Praxis einzuordnen?

Das Bundesgericht hält in seinem Entscheid erstmals fest, dass die unentgeltliche Ausgabe von Aktien im Rahmen von Mitarbeiterbeteiligungsplänen grundsätzlich nicht der Umsatzabgabe unterliegen soll. Die Unentgeltlichkeit wird im vorliegenden Fall insbesondere damit begründet, dass die Aktienzuteilung nicht mit einer bestimmten, bewertbaren Arbeitsleistung verbunden werden konnte. Dieser Entscheid ist entgegen der bisherigen Praxis, wonach bei der Gratiszuteilung von Mitarbeiteraktien in der Regel eine Arbeitsleistung in der Höhe des Verkehrswerts der ausgegebenen Wertschriften als Entgelt betrachtet wurde.

Unternehmen, die als Effektenhändler qualifizieren, sollten ihre Mitarbeiterbeteiligungspläne im Hinblick auf die neuen Vorgaben des Bundesgerichts überprüfen. Von besonderer Relevanz ist die Frage, ob an Mitarbeiter zugeteilte Aktien entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Bei Plänen, unter welchen die Mitarbeiter keinen Kaufpreis für die Aktien zahlen, ist demnach festzustellen, ob die Ausgabe mit einer konkreten, bewertbaren Arbeitsleistung verbunden werden kann oder ob diese, wie im vorliegenden Fall, als unentgeltlich und damit als nicht der Umsatzabgabe unterliegend qualifiziert werden soll.

Beitrag von André Kuhn, Yann Waeber und Dominique Roggo
 

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