Neue EU-Mehrwertsteuerregeln und E-Commerce
Für Online-Verkäufe (E-Commerce) wurden Änderungen im Bereich der EU-Mehrwertsteuer eingeführt. Diese Änderungen führen zu Auswirkungen für Schweizer Unternehmen, die ihre Produkte in der EU verkaufen.
Mehrwertsteuerreform in der Schweiz : E-Commerce
Diese Situation führt zu erheblichen Steuerausfällen und schafft einen unfairen Wettbewerb für Schweizer Unternehmen. Als Antwort auf die Empfehlungen der OECD führte die Europäische Union (EU) im Juli 2021 das „MWST-Paket für den E-Commerce“ ein, um die Steuereinnahmen zu sichern und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Auch die Schweiz hat sich zur Reform der Schweizer MWST verpflichtet, um Online-Versandhandelsplattformen in die Steuerpflicht einzubeziehen. Da das Projekt nun erfolgreich abgeschlossen wurde, sind ab dem 1. Januar 2025 wichtige Änderungen zu erwarten.
Die Überarbeitung der Schweizer MWST ergänzt die Massnahmen, die bei der letzten Revision im Jahre 2019 ergriffen wurden. Diese richteten sich hauptsächlich an ausländische Lieferanten, die in die Schweiz liefern. Die neuen Bestimmungen zielen darauf ab, die Betrugsbekämpfung zu intensivieren und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und ausländischen Anbietern zu gewährleisten. Konkret sollen diese Massnahmen die Erhebung der schweizerischen MWST auf Warenlieferungen verbessern, die für den Konsum in der Schweiz bestimmt sind und über digitale Plattformen vertrieben werden.
Die Harmonisierung der MWST-Regelung zwischen den Ländern in der EU stellt sicher, dass bei internationalen Transaktionen die MWST an die Steuerbehörde des jeweiligen Landes gezahlt wird, in dem das Produkt genutzt wird.
Das derzeitige Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) sieht für die Leistungszuordnung drei verschiedene Fälle vor. Das neue MWSTG führt eine neue Variante ein: die Fiktion der Leistungszuordnung (Art. 20a nMWSTG).
Ab dem Jahre 2025 werden Online-Versandhandelsplattformen als Leistungserbringer betrachtet, sobald sie die Lieferung von Waren in die Schweiz erleichtern. Somit sind sie der Schweizer MWST unterstellt. Sie müssen alle Lieferungen von Waren an Kunden in der Schweiz deklarieren und der Schweizer MWST unterstellen.
Gemäss dem Entwurf zur Anpassung des MWSTG bedeutet der Begriff „erleichtern“, dass die Plattformen die Warenlieferungen nicht selbst durchführen und dass sie die Waren nicht in ihrem eigenen Namen verkaufen. Mit anderen Worten wird Art. 20a nMWSTG speziell auf Online-Versandhandelsplattformen angewendet, die Lieferungen tätigen, bei denen sie nicht als Anbieter im Sinne der derzeitigen Regelung gelten.
Es ist zu beachten, dass nur Warenverkäufe von der Anwendung des Art. 20a Abs. 1 nMWSTG betroffen sind.
Ab dem 01. Januar 2025 führt die neue Regulierung eine Fiktion ein, wonach Online-Versandhandelsplattformen unter bestimmten Bedingungen als integraler Bestandteil der Transaktionskette angesehen werden, die sie erleichtern. Aus MWST-Sicht werden diese Plattformen so betrachtet, als würden sie die Ware vom Verkäufer „kaufen“ und an den Endverbraucher „weiterverkaufen“. Laut dem Entwurf zur Anpassung des MWSTG wird diese MWST-Fiktion auch dann gelten, wenn es rechtlich gesehen der Anbieter ist, der über die Online-Versandhandelsplattformen an den Verbraucher verkauft.
Allerdings werden nicht alle Online-Versandhandelsplattformen von der Regulierung betroffen sein. Dies hängt von einer Reihe von Bedingungen ab, die für jede Transaktion geprüft werden müssen.
Bei Warenverkäufen zwischen einem Verkäufer und einem Käufer, die über eine Online-Versandhandelsplattform abgeschlossen werden, ist nach den Kriterien der Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zu prüfen, ob die digitale Plattform dazu dient, einen Käufer und einen Verkäufer zum Abschluss eines Kaufvertrags zusammenzubringen.
Gemäss dem Entwurf zur Anpassung des MWSTG führt die ESTV eine Reihe von Indikatoren auf, die als Kriterien dienen, um zu zeigen, dass die Online-Versandhandelsplattform die Transaktion erleichtert, wie zum Beispiel
Anhand der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Online-Versandhandelsplattform und dem Verkäufer wird festgelegt, wer als Lieferant gilt, wer für die Erhebung der MWST verantwortlich ist und wer die erhobene MWST gemäss den neuen schweizerischen Vorschriften an die Behörden zu zahlen hat. Bei der Analyse der Bedingungen wird jedoch auch die tatsächliche praktische Umsetzung der Transaktionen zwischen der Plattform, dem Verkäufer und dem Endkunden entscheidend sein.
Die Analyse all dieser Elemente wird es ermöglichen, die Vorgänge zwischen der Plattform und dem Verkäufer für die schweizerische MWST zu qualifizieren.
Sowohl inländische als auch ausländische Verkaufsplattformen sind betroffen. Es gibt jedoch Unterschiede hinsichtlich der zu erfüllenden Bedingungen für eine Besteuerung in der Schweiz. Ausländische Online-Versandhandelsplattformen müssen die gleichen Bedingungen erfüllen wie ausländische Unternehmen, wobei hierfür besondere Regeln gelten, insbesondere hinsichtlich der steuerlichen Vertretung und Garantien, die von der ESTV verlangt werden können.
Grundsätzlich sollten Online-Versandhandelsplattform, die nur eine sehr begrenzte Rolle im Prozess der Warenbestellung spielen oder die keinen direkten Umsatz aus der Transaktion generieren, oder die nur Werbedienstleistungen oder Platzierungsflächen für Anzeigen anbieten, nicht den Bestimmungen des Art. 20a nMWSTG unterliegen.
Es ist zu betonen, dass Plattformen, die die Erbringung von Dienstleistungen erleichtern (z.B. Transport, Unterkunft, Beratung, Werbung, Buchhaltung, Analyse, Catering, IT-Dienstleistungen usw.), von dieser Teilrevision des MWSTG nicht betroffen sind. Diese Art von Online-Versandhandelsplattform, die digitale Inhalte anbieten, gelten nämlich unter bestimmten Bedingungen bereits als Dienstleister und sind von dieser Änderung nicht betroffen.
Es gibt bereits andere Regelungen, die die Vorschriften in der Schweiz bestimmen, insbesondere die Bestimmungen für Telekommunikation und Informatik. Für andere Dienstleistungen, wie z.B. Beherbergung oder Freizeitaktivitäten, sind keine Änderung der bestehenden Vorschriften vorgesehen. Die Anwendung zur Einstufung von Dienstleistungen nach den geltenden Regeln bleibt grundsätzlich weiterhin gemäss Art. 20 MWSTG bestehen.
Andererseits werden Online-Versandhandelsplattformen, die die Erbringung von Dienstleistungen erleichtern, aber nicht als Dienstleister im Sinne der MWST gelten, weiterhin verpflichtet sein, den Behörden Auskünfte bereitzustellen.
Da die Zuteilung der Leistungen nur für die MWST gilt, sollte die Beziehung zwischen der Online-Versandhandelsplattform und dem Kunden nicht im zivilrechtlichen Sinne ausgeweitet werden. Nur wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, kommt für die schweizerische MWST die Fiktion der „aufeinanderfolgenden fiktiven Verkäufe“ zum Tragen. Durch diese Fiktion übernimmt die Plattform die MWST-Pflichten des Verkäufers, insbesondere in Bezug auf die Entrichtung der MWST auf Lieferungen. Die Haftung der Plattform beschränkt sich somit auf MWST-Aspekte.
Die Teilrevision der MWST sieht jedoch vor, dass ein Verkäufer, der Lieferungen über eine digitale Plattform tätigt, subsidiär für die Zahlung der MWST auf Lieferungen in der Schweiz haftet. Diese subsidiäre (nicht solidarische) Haftung soll sicherstellen, dass die Steuerpflicht des Verkäufers für die von ihm erbrachten Lieferungen nicht vollständig entfällt und die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung in der Schweiz weiter eingeschränkt werden.
Generell unterliegen Anbieter und Plattformen bereits bestimmten Verpflichtungen, insbesondere auf Schweizer Territorium. Dazu gehören beispielsweise die Pflichten im Zusammenhang mit dem Verkaufs- und Bestellprozess oder der Warenkontrolle (aus dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und der Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (Preisbekanntgabeverordnung, PBV)) sowie Datenschutzvorschriften bei der Erhebung von Informationen über Kunden oder Verkäufer (aus dem Bundesgesetz über den Datenschutz (Datenschutzgesetz, DSG)).
Die ESTV kann Verwaltungsmassnahmen anordnen, wenn Plattformen oder Versandhändler zu Unrecht keine Eintragung in das schweizerische MWST-Register beantragen oder ihren Pflichten (Erstellung von MWST-Abrechnungen, Zahlung der MWST usw.) nicht nachkommen. So kann die ESTV beispielsweise ein Importverbot für deren Sendungen oder, als letztes Mittel, die Vernichtung der Sendungen anordnen. Zum Schutz der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten kann die ESTV auch die Namen der Unternehmen veröffentlichen, gegen die sie solche Massnahmen ergriffen hat.
Schliesslich wird eine Informationspflicht für alle digitalen Plattformen eingeführt werden. Auf dieser Grundlage kann die ESTV alle relevanten Informationen einfordern, insbesondere über die Anbieter und den Umfang ihrer Plattformtätigkeit in der Schweiz. Die Einholung dieser Informationen ermöglicht es der ESTV, die Schweizer MWST-Pflicht von ausländischen Anbietern zu identifizieren und bestimmte Kontrollen durchzuführen. Plattformen müssen der ESTV sowohl spontan als auch auf deren Anfrage spezifische Informationen über bestimmte Anbieter, die auf ihrer digitalen Plattform aktiv sind, zur Verfügung stellen. Letztlich werden alle elektronischen Plattformen, die als Schnittstelle fungieren, um Personen zum Zweck der Lieferung von Waren oder Dienstleistungen zusammenbringen, neu verpflichtet sein, Informationen über Käufer und Verkäufer zu liefern.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die im Jahre 2019 in Kraft getretenen Änderungen des MWSTG nicht ausreichen, um dem unlauteren Wettbewerb bestimmter ausländischer Anbieter zu begegnen. Die Einfuhr von Waren aus dem Ausland und das Entstehen neuer Vertriebskanäle, wie z.B. digitaler Plattformen, stellen die Leitprinzipien der MWST auf den Prüfstand. Die Schweiz hat sich weitgehend von den Empfehlungen der OECD inspirieren lassen und einen Ansatz gewählt, der dem in Europa praktizierten ähnelt.
Die neuen Vorschriften, die in Kürze in Kraft treten werden, müssen bereits jetzt berücksichtigt werden, um ihre potenziellen Auswirkungen zu bewerten und die erforderlichen Massnahmen zu ermitteln. Die Reform dürfte dazu beitragen, die Ausfälle bei den MWST-Einnahmen aus internationalen Transaktionen zu verringern. Sie birgt jedoch auch die Gefahr, dass die Vorschriften für die Mehrwertsteuer noch komplexer werden.
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