Neue EU-Mehrwertsteuerregeln: Achten Sie auf die Auswirkungen für Schweizer E-Commerce-Händler!
Neue EU-Mehrwertsteuerregeln und E-Commerce
Ein E-Commerce-Händler ist ein Verkäufer, der seine Produkte über einen Online-Shop verkauft. Heutzutage gibt es viele verschiedene Abwandlungen für den Online-Handel (Online-Shop, Dropshipping, Marketplace usw.). Der E-Commerce-Händler bietet seine Produkte über eine digitale Plattform an.
Nach einem Überblick der geltenden Regeln für einen in Europa ansässigen E-Commerce-Händler, der seine eigenen Produkte (über seine eigene Website) direkt an Endverbraucher (nicht mehrwertsteuerpflichtig (B2C)) anbietet, werden wir die Regeln skizzieren, die für Schweizer E-Commerce-Händler gelten, der ihre Produkte in der EU verkauen, sei es über eine eigene Website oder über eine digitale Plattform.
Überblick der Regeln für einen in Europa ansässigen E-Commerce-Händler, welcher seine eigenen Produkte direkt an nicht mehrwertsteuerpflichtige Endverbraucher (B2C) anbietet
Seit dem Inkrafttreten am 1. Juli 2021 gibt es keine länderspezifischen Schwellenwerte in der EU mehr, da diese abgeschafft wurden. Es wurde ein neuer unionsweiter Schwellenwert von EUR 10'000 eingeführt. Diese Schwelle ist für innergemeinschaftliche Verkäufe, d.h. Verkäufe innerhalb der EU, ausschlaggebend. Mit dieser Änderung ist zu beobachten, dass sich der Ort der MWST-Besteuerung von Fernverkäufen mit dem Umsatz ändert.
Ein in Europa ansässiger E-Commerce-Händler kann bis zu einem Schwellenwert von EUR 10'000 den Mehrwertsteuersatz des Landes anwenden, in dem er ansässig ist. Über diese Schwelle hinaus muss er den Mehrwertsteuersatz des Ziellandes anwenden. Der E-Commerce-Händler muss daher sowohl auf seiner Website als auch auf seinen Rechnungen die entsprechenden Mehrwertsteuersatze angeben.
Mit diesem neuen System ist der E-Commerce-Händler nicht mehr verpflichtet, sich in jedem EU-Land, in dem er Verkäufe tätigt, zu registrieren. Vielmehr kann er dank des OSS-Systems (One Stop Shop) von einer vereinfachten Abwicklung profitieren. Konkret bedeutet dies, dass der E-Commerce-Händler über das OSS-Portal regelmässig die im Ausland eingenommene MWST abrechnet und diese in seinem Wohnsitzland entrichtet. Das Land, in dem der Händler ansässig ist, zahlt dann die MWST an jedes EU-Land, in dem die Endverbraucher ansässig sind.
Im Gegensatz dazu kann das OSS-System nicht zur Erstellung der nationalen MWST-Abrechnung verwendet werden. Das System stellt jedoch eine besonders effiziente Lösung für Händler in der EU dar und dürfte den Verwaltungsaufwand vereinfachen und die Kosten senken.
Welche Auswirkungen hat dieses System für einen Schweizer E-Commerce-Händler, der Waren in die EU versendet (B2C)?
Seit dem 1. Juli 2021 gibt es eine Lösung hierfür. Diese richtet sich an Händler, die nicht in der EU ansässig sind, aber ihre Produkte an Kundinnen und Kunden mit Wohnsitz in der EU verkaufen (B2C).
Es handelt sich dabei um das IOSS-System (Import One Stop Shop). Ein wichtiger Unterschied des IOSS im Gegensatz zum OSS-System ist die Warenwertschwelle von EUR 150. Konkret gilt das IOSS nur für Sendungen, deren Warenwert maximal EUR 150 beträgt (ohne MWST und Transportkosten).
In diesem Fall kann sich der Schweizer E-Commerce-Händler für dieses System anmelden. Dafür wird nur ein in Europa ansässige Fiskalvertreterin benötigt, welche für die Rechnungsstellung und die monatliche Zahlung der europäischen MWST verantwortlich ist. Diese Fiskalvertreterin wird dafür verantwortlich sein, über das Portal die Elemente der Abrechnung zu melden.
Der Schweizer E-Commerce-Händler muss die EU-MWST nach dem Empfängerortsprinzip in Rechnung stellen. Der Schwellenwert von EUR 10'000 ist für den Schweizer E-Commerce-Händler nicht anwendbar und daher gilt diese Regel ab dem ersten Schweizer Franken. Ebenfalls muss der E-Commerce-Händler auch in der Lage sein, auf seiner Website die in jedem EU-Land geltenden MWST-Sätze anzugeben. Genau wie der europäische Händler muss der entsprechende MWST-Satz auf der Rechnung angegeben werden.
IOSS stellt eine vereinfachte Lösung für Schweizer E-Commerce-Händler dar, die Waren mit einem Wert von weniger als EUR 150 versenden. Dazu können sie sich über das IOSS-Portal registrieren und die Waren innerhalb der EU versenden. Auf diese Weise sollten sie ihren europäischen Kunden zusätzliche Kosten (Zölle und Steuern) bei der Entgegennahme ihrer Bestellung ersparen.
Sendungen, welche den Wert von EUR 150 übersteigen, können nicht über das IOSS versandt werden und erfordern andere Lösungen, wie z.B. eine Steuerpflicht in einem EU-Land als einzigem Eingangspunkt oder die Nutzung der digitalen Plattform eines Dritten.
Welche Regeln gelten für einen Schweizer E-Commerce-Händler, der seine eigenen Produkte über eine Plattform verkauft?
Die neuen EU-Mehrwertsteuervorschriften sehen auch besondere Regeln vor, wenn Waren über eine digitale Plattform verkauft werden. In diesem Fall muss sich die Plattform selbst für die MWST registrieren lassen und die Transaktionen werden in einer "Steuerfiktion" aufgegliedert, in der ein erster Umsatz zwischen dem Schweizer Verkäufer und der Plattform (B2B) getätigt wird, gefolgt von einem zweiten Umsatz von der Plattform an den Endkunden (B2C). In dieser neuen Konstellation werden diese Lieferungen entweder von der Steuer befreit oder unterliegen dem Mehrwertsteuersatz des Ziellandes. Somit hängt die MWST Behandlung von den Verträgen und den eingerichteten Abläufen ab.
Die MWST in der EU ist in einem ständig Wandel und diese Veränderungen zwingen viele Schweizer Gesellschaften, die bisher bewährten grenzüberschreitenden Geschäftsverfahren neu zu überdenken.